Träger der Menschenwürde, Grundfall
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Obdachloser O möchte erreichen, dass die Stadt B öffentliche Toiletten errichtet. Eine Klage scheitert in letzter Instanz. O reicht Verfassungsbeschwerde ein. Die Stadt verwehre ihm, auf menschenwürdige Weise seinem Harndrang nachzugeben. Dadurch sieht sich O in seiner Menschenwürde verletzt.
Diesen Fall lösen 95,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Träger der Menschenwürde, Grundfall
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der persönliche Schutzbereich der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) ist eröffnet.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. O ist dauerhaft arbeitsunfähig und lebt von Almosen. Ist der persönliche Schutzbereich der Menschenwürde unabhängig davon eröffnet, dass O arbeitsunfähig und sozialbedürftig ist?
Genau, so ist das!
3. O ist Alkoholiker. Hierdurch ist es O teilweise unmöglich, seine Umgebung und sich selbst bewusst wahrzunehmen. Ist der persönliche Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG auch in solch unbewussten Zuständen eröffnet?
Ja, in der Tat!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
29.9.2023, 19:07:33
Hätte O hier einen Anspruch aus Art. 1 GG bzw. ist das GR als unmittelbares Leistungsrecht hier geeignet?
NN
6.4.2024, 20:05:14
Würde mich auch interessieren.
Eichhörnchen I
19.9.2024, 10:45:24
Hallo, die Menschenwürde beinhaltet auch einen Leistungsanspruch, auch wenn der konkrete Umfang des Anspruchs nicht unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann (BVerfGE 125, 175 (224)). Die Verpflichtung zum aktiven Tun (und nicht nur zum Unterlassen) ergibt sich auch aus dem Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG ("schützen"). Allerdings ist der Leistungsanspruch auf die für den Schutz des Grundrechts unbedingt erforderlichen Maßnahmen beschränkt. Ein Anspruch auf Errichtung kostenfreier öffentlicher Toiletten, abgeleitet aus Art. 1 Abs. 1 GG, wurde in der jüngeren Vergangenheit aber abgelehnt (zB OVG Münster, Beschluss v. 14.12.2017, 15 E 830/17 u. 831/17). Viele Grüße
Dogu
19.9.2024, 15:33:36
Danke :)
Jenny
14.8.2024, 09:21:51
Beziehen sich die (positiven) Theorien zur Bestimmung des Schutzbereichs der Menschenwürde nur auf den sachlichen Schutzbereich? Warum wird an dieser Stelle nicht auf die Leistungstheorie eingegangen?