Öffentliches Recht

Grundrechte

Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG)

Träger der Menschenwürde: Keine Grundrechtsträgerschaft von juristischen Personen.

Träger der Menschenwürde: Keine Grundrechtsträgerschaft von juristischen Personen.

6. Juli 2025

9 Kommentare

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Der deutsche „Sozialhelfer e.V.“ setzt sich für höhere Grundsicherungsbeträge ein. Die aktuellen Beträge würden keine menschenwürdige Existenz ermöglichen. Durch diese gesetzlich festgelegte Höhe fühlt sich „Sozialhelfer e.V.“ nicht ausreichend in seiner Menschenwürde geschützt.

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Einordnung des Falls

Träger der Menschenwürde: Keine Grundrechtsträgerschaft von juristischen Personen.

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind juristische Personen wie der „Sozialhelfer e.V.“ von vornherein von der Grundrechtsfähigkeit und der Geltendmachung von Grundrechten ausgeschlossen?

Nein!

Grundrechtsfähig ist, wer durch die Grundrechte geschützt ist. Grundrechte vermitteln ihren Schutz zunächst natürlichen Personen. Gemäß Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte jedoch auch für inländische juristische Personen, „soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind“.Beim „Sozialhelfer e.V.“ handelt es sich um einen deutschen eingetragenen Verein (e.V.) und damit um eine inländische juristische Person. Soweit eine wesensgemäße Anwendbarkeit möglich ist, gilt für ihn somit der Schutz durch die Grundrechte. Er ist somit grundsätzlich grundrechtsfähig.
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2. Ist der persönliche Schutzbereich der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) ist für den „Sozialhelfer e.V.“ eröffnet?

Nein, das ist nicht der Fall!

Gemäß Art. 19 Abs. 3 GG gelten die Grundrechte für juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. Dies hängt vom jeweiligen Grundrecht ab. Die Menschenwürde schützt in persönlicher Hinsicht jeden Menschen und damit nur jede natürliche Person. Eine wesensgemäße Anwendung auf juristische Personen ist ausgeschlossen. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 1. Abs. 1 GG, der explizit an den Menschen anknüpft („Die Würde des Menschen…“). Auch teleologisch ist eine Erstreckung des persönlichen Schutzbereichs auf juristische Personen ausgeschlossen: Eine Würde i.S.d. Art. 1 Abs. 1 GG haben juristische Personen nicht. Als juristische Person ist der „Sozialhelfer e.V.“ nicht durch die Menschenwürde geschützt. Der persönliche Schutzbereich ist mithin nicht eröffnet.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FABIA

Fabian7777

29.4.2025, 11:00:17

Könnte man nicht sagen, dass - weil der Verein letztlich nichts anderes ist als ein Zusammenschluss von Menschen von denen jeder einzelne Würde hat - zumindest dem Wesen nach auch einem Verein diese "Kollektivwürde" zukommen kann? (Man könnte ja wie bei dem einzelnen Mensch auch den Schutzbereich dann eben sehr restriktiv auslegen...)

cSchmitt

cSchmitt

28.5.2025, 10:22:40

Diese Ausformung - wie sie ja in anderen Grundrechten wie der Eigentumsfreiheit (Art. 14 I GG) oder der Berufsfreiheit (Art. 12 I GG) stattfindet - indem man sich fragt, ob das Grundrecht kollektiv ausgeübt werden kann, verstößt m.E. gegen den Kern der Menschenwürde aus Art. 1 I GG. Denn definiert wird es durch die Rechtsprechung gerade negativ dadurch, dass die Menschenwürde verletzt ist, wenn der Mensch zum bloßen Objekt staatlichen Handelns wird. Die Annahme einer kollektiven Ausübung der Menschenwürde und die damit einhergehende Übertragung auf juristische Personen würde dieser Abgrenzung zum Objektcharakter entgegenstehen, da juristische Personen eben Verbände/

Vereinigung

en aber keine Menschen sind. In der Rechtswissenschaft/-philosophie gibt es zwar Theorien, die Verbände den natürlichen Personen gleichgesetzt sehen wollen, diese Meinung hat sich jedoch nicht durchgesetzt. (siehe hierzu u.a. Otto von Gierkes Genossenschaftstheorie - https://books.google.de/books/about/Die_Genossenschaftstheorie_und_die_deuts.html?id=UVZYAAAAcAAJ&redir_esc=y). Darüber hinaus kann man die Menschenwürde als höchstpersönliches (Grund-)recht eines einzelnen sehen. Auch demnach wäre die Annahme einer kollektiven Ausübung gesperrt.


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