+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V ist notorisch pleite. Weil er aber unbedingt eine Playstation 5 will, verkauft er über eBay Kleinanzeigen sein Nespresso-Gerät an K. Kurz bevor K die Wohnung des V durch die offene Tür betritt, hört er wie V’s Vermieter sich beschwert, dass V seit 3 Monaten nicht mehr die Miete gezahlt habe. Anschließend nimmt K das Gerät mit.

Einordnung des Falls

Pfandrecht als Rechtsmangel

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Belastung einer Kaufsache mit einem Pfandrecht stellt einen Rechtsmangel dar (§ 435 BGB).

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Ja, in der Tat!

Die Sache ist nur frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können (§ 435 S. 1 BGB). Beschränkt dingliche Rechte Dritter wie etwa Pfandrechte, Hypotheken und Grundschulden oder Dienstbarkeiten können gegen den Käufer geltend gemacht werden (vgl. §§ 1227, 1147 BGB) und stellen somit typische Rechtsmängel dar.

2. Das Nespresso-Gerät ist rechtsmangelhaft (§ 435 BGB).

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Ja!

Der Vermieter hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 562 Abs. 1 S. 1 BGB). Er kann vom Besitzer die Herausgabe der mit dem Vermieterpfandrecht belasteten Sache verlangen (§ 562b Abs. 2 S. 1 BGB). Folglich kann ein Dritter, nämlich der Vermieter, dem K gegenüber Rechte geltend machen. Das Vermieterpfandrecht stellt einen Rechtsmangel (§ 435 BGB) dar.

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Tigerwitsch

Tigerwitsch

16.2.2021, 22:58:07

Könnte man nicht argumentieren, dass das Kaffeegerät (auch wenn das Vermieterpfandrecht besteht) unpfändbar ist, da es zum Lebensbedarf gehört (ähnlich wie Fernseher usw.)?

Sue

Sue

24.3.2021, 21:37:41

Ich denke, es ist auf jeden Fall eine Überlegung wert. Zwar hat mM nach der Fernseher einen anderen Stellenwert für die Lebens- und Haushaltsführung als eine Kaffeemaschine, aber nach 811 I Nr. 1 ZPO ist eine Unpfändbarkeit bei Küchengeräten ja erstmal in Betracht zu ziehen. Hier lässt sich natürlich trefflich über den Bedarf an so einer Kaffeemaschine diskutieren😁 Ich würde im Rahmen von 811 ZPO eher von einer Pfändbarkeit ausgehen, allerdings müsste man sich dann immer noch über eine Unpfändbarkeit zB nach 812 oder 803 II ZPO Gedanken machen...

Tigerwitsch

Tigerwitsch

24.3.2021, 22:06:52

Ausweislich der Kommentarliteratur ergibt sich im Hinblick auf eine Kaffeemaschine: Unpfändbar (Herget, in: Zöller (Hrsg.), ZPO, 33. Auflage 2020, § 811 Rn. 15; Uhl, in: Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK ZPO, Stand: 01.12.2020, § 811 Rn. 11.1). Nach Flockenhaus, in: Musielak/Voit (Hrsg.), ZPO, 17. Auflage 2020, § 811 Rn. 12 jedoch pfändbar. Kann man also sicherlich so oder so sehen...ggf. § 812 ZPO.

KL

kleinerPadawan

1.3.2023, 11:13:08

Ist es hier relevant, dass der K den Vermieter gehört hat? Würde es etwas ändern, wenn er nichts von dem Pfandrecht wusste? Ein Rechtsmangel läge trotzdem vor, oder? Ich frage mich nur, warum das derart in den Fall eingebaut wurde. Es ändert sich nichts, wenn ihr nur erwähnt hättet, dass V mit der Miete im Rückstand ist, K dies aber nicht wusste, oder?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

3.3.2023, 12:33:09

Hallo denismact89, an den gutgläubigen lastenfreien Erwerb ist für die Bösgläubigkeit der Maßstab des § 932 Abs. 2 BGB anzulegen. Wenn K also hören würde, wie der Vermieter einer Entfernung der Sachen aus dem Mietobjekt widerspricht müsste man davon ausgehen, dass zumindest grobe Fahrlässigkeit hinsichtlich der Belastung des Eigentums vorliegt. Dann hätte er das Eigentum erwerben können, aber eben nicht lastenfrei. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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