Zivilrecht

Kaufrecht

Sach- und Rechtsmängel

Kein Rechtsmangel bei gutgläubigem (lastenfreien) Erwerb

Kein Rechtsmangel bei gutgläubigem (lastenfreien) Erwerb

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K sucht einen Fjällräven-Rucksack und wird auf eBay Kleinanzeigen fündig. Als sie ihn bei V, der in einer Mietwohnung wohnt, abholen will, erkundigt sie sich, ob alle Mietforderungen bezahlt sind und an der Sache kein Vermieterpfandrecht besteht. V beteuert, alles sei in Ordnung. In Wahrheit hat V seit Monaten nicht mehr seine Miete bezahlt. K nimmt den Rucksack mit.

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Einordnung des Falls

Kein Rechtsmangel bei gutgläubigem (lastenfreien) Erwerb

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Belastung einer Kaufsache mit einem Pfandrecht stellt einen Rechtsmangel dar (§ 435 BGB).

Genau, so ist das!

Die Sache ist nur frei von Rechtsmängeln, wenn Dritte in Bezug auf die Sache keine oder nur die im Kaufvertrag übernommenen Rechte gegen den Käufer geltend machen können (§ 435 S. 1 BGB). Beschränkt dingliche Rechte Dritter wie etwa Pfandrechte, Hypotheken und Grundschulden oder Dienstbarkeiten können gegen den Käufer geltend gemacht werden (vgl. §§ 1227, 1147 BGB) und stellen somit typische Rechtsmängel dar.
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2. Der Rucksack ist rechtsmangelhaft (§ 435 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Der Vermieter hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 562 Abs. 1 S. 1 BGB). Er kann vom Besitzer die Herausgabe der mit dem Vermieterpfandrecht belasteten Sache verlangen (§ 562b Abs. 2 S. 1 BGB). Das Vermieterpfandrecht geht jedoch unter, wenn es – wie hier – gutgläubig lastenfrei erworben wird (§§ 929 S. 1, 936, 932 BGB). Erlischt das Recht des Dritten infolge gutgläubigen Erwerbs des Käufers, liegt kein Rechtsmangel iSv § 435 S. 1 BGB vor. Er hat dann nämlich das Geschuldete erhalten.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Tigerwitsch

Tigerwitsch

16.2.2021, 23:05:00

Dem Verständnis halber zum vorherigen Fall (mit dem Kaffeegerät): Da hört K mit, dass die Miete nicht bezahlt wurde und deshalb ist er bösgläubig (sodass

936 BGB

nicht geht), richtig?

Speetzchen

Speetzchen

16.2.2021, 23:11:15

Genau !

B-Ranger

B-Ranger

12.8.2021, 22:03:39

Und was, wenn der Käufer kein Jurist ist und nicht weiß, dass die Nespressomaschine im Zweifelsfall pfändbar wäre? Ist er dann dennoch bößglaubig?

JEN

Jenny

7.1.2024, 13:04:29

@ B-Ranger: kommt es nicht darauf an, dass er nur die Umstände kennt, die das Pfandrecht begründen? (ähnlich zur

Parallelwertung in der Laiensphäre

aus dem Strafrecht)

Fiona

Fiona

8.10.2022, 23:10:07

Ich verstehe die Unterschiede beider Fälle, jedoch bin ich noch nicht fit im Pfandrecht. Warum sollte der Vermieter Anspruch auf mein Eigentum haben, welches sich nicht fest verankert in seinem Eigentum befindet? Und müsste dann nicht jeder Verkäufer auf EBay Kleinanzeigen angeben, dass er keine Mietschulden hat? Bin dezent verwirrt haha

Antonia

Antonia

9.1.2023, 19:41:52

Der Anspruch entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sache im Eigentum des Mieters steht. VSS ist, dass der Mieter die Sache eingebracht hat, also sie sich in den gemieteten Räumen befindet.

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.5.2023, 17:51:38

Hallo Fiona, danke für deine Frage und danke Antonia für deine Antwort. Im Prinzip ist es so - grundsätzlich erhält jeder Vermieter ein besitzloses Pfandrecht an Sachen die sich (1) im Eigentum des Mieters befinden und (2) in die Wohnung eingebracht wurden vom Mieter. Es entsteht mit Einbringung der Sachen in das Mietobjekt. Dem Vermieter steht sogar ein Selbsthilferecht zu, wenn der Mieter Sachen entfernen will und das die Forderungen des Vermieters gefährdet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

simon175

simon175

19.1.2023, 11:57:51

Ich weiß, dass das hier nicht die Sachenrechtsabteilung ist, aber müsste man nicht im Rahmen des § 936 nach der Gutgläubigkeit des Erwerbers das

Abhandenkommen

der Sache vom Rechtsinhaber nach § 935 analog prüfen? Wenn der Rechtsinhaber des Rucksacks der Vermieter war und die Sache ohne seinen Willen an K veräußert wurde, müsste man man konsequenterweise ein Abhandkommen annehmen und § 936 würde scheitern.

ASA

asanzseg

7.4.2023, 19:04:37

@[simon175](173412) hi! Ist zwar einige zeit her seit deiner Frage und vielleicht hat sich das schon erledigt aber hier würdest du bei §835 durchkommen. Der Vermieter hat zwar ein Recht in Form eines

Vermieterpfandrecht

s an dem Rucksack (zumindest nach dem Fall hier, es wäre im „echten Leben“ Zweifelhaft weil Rucksäcke und alle weiteren Gegenstände in der Wohnung die zur Sicherung der Lebensgrundlage oder zum persönlichen Gebrauch dienen einer unpfändbar sind und deshalb gar kein Pfandrecht auch kein

Vermieterpfandrecht

entstehen dürfte… ) ABER dieses Recht macht überhaupt die Anwendung des gutgläubigen Erwerbs notwendig. Der Vermieter ist aber kein Eigentümer weshalb der §935 durchgeht. Liebe grüße

Steinfan

Steinfan

13.5.2024, 18:19:43

Meines Wissens geht § 935 BGB analog nicht durch, da der Vermieter normalerweise kein (mittelbarer) Besitzer der Sachen des Mieters ist. LG

AS

as.mzkw

2.11.2024, 20:23:33

Selbst wenn käme es gem. § 935 I 2 BGB ohnehin auf den Mieter an. @[Steinfan](235363) Somit ginge § 935 I BGB so oder so nicht durch oder?


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