Kein Rechtsmangel bei gutgläubigem (lastenfreien) Erwerb
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K sucht einen Fjällräven-Rucksack und wird auf eBay Kleinanzeigen fündig. Als sie ihn bei V, der in einer Mietwohnung wohnt, abholen will, erkundigt sie sich, ob alle Mietforderungen bezahlt sind und an der Sache kein Vermieterpfandrecht besteht. V beteuert, alles sei in Ordnung. In Wahrheit hat V seit Monaten nicht mehr seine Miete bezahlt. K nimmt den Rucksack mit.
Einordnung des Falls
Kein Rechtsmangel bei gutgläubigem (lastenfreien) Erwerb
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Belastung einer Kaufsache mit einem Pfandrecht stellt einen Rechtsmangel dar (§ 435 BGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Genau, so ist das!
2. Der Rucksack ist rechtsmangelhaft (§ 435 BGB).
Diese Rechtsfrage lösen [...Wird geladen] der Jurist:innen in Studium und Referendariat richtig.
Nein, das trifft nicht zu!
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Tigerwitsch
16.2.2021, 23:05:00
Dem Verständnis halber zum vorherigen Fall (mit dem Kaffeegerät): Da hört K mit, dass die Miete nicht bezahlt wurde und deshalb ist er bösgläubig (sodass 936 BGB nicht geht), richtig?

Speetzchen
16.2.2021, 23:11:15
Genau !
B-Ranger
12.8.2021, 22:03:39
Und was, wenn der Käufer kein Jurist ist und nicht weiß, dass die Nespressomaschine im Zweifelsfall pfändbar wäre? Ist er dann dennoch bößglaubig?

Fiona
8.10.2022, 23:10:07
Ich verstehe die Unterschiede beider Fälle, jedoch bin ich noch nicht fit im Pfandrecht. Warum sollte der Vermieter Anspruch auf mein Eigentum haben, welches sich nicht fest verankert in seinem Eigentum befindet? Und müsste dann nicht jeder Verkäufer auf EBay Kleinanzeigen angeben, dass er keine Mietschulden hat? Bin dezent verwirrt haha

Antonia
9.1.2023, 19:41:52
Der Anspruch entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem die Sache im Eigentum des Mieters steht. VSS ist, dass der Mieter die Sache eingebracht hat, also sie sich in den gemieteten Räumen befindet.

Nora Mommsen
23.5.2023, 17:51:38
Hallo Fiona, danke für deine Frage und danke Antonia für deine Antwort. Im Prinzip ist es so - grundsätzlich erhält jeder Vermieter ein besitzloses Pfandrecht an Sachen die sich (1) im Eigentum des Mieters befinden und (2) in die Wohnung eingebracht wurden vom Mieter. Es entsteht mit Einbringung der Sachen in das Mietobjekt. Dem Vermieter steht sogar ein Selbsthilferecht zu, wenn der Mieter Sachen entfernen will und das die Forderungen des Vermieters gefährdet. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
simon175
19.1.2023, 11:57:51
Ich weiß, dass das hier nicht die Sachenrechtsabteilung ist, aber müsste man nicht im Rahmen des § 936 nach der Gutgläubigkeit des Erwerbers das Abhandenkommen der Sache vom Rechtsinhaber nach § 935 analog prüfen? Wenn der Rechtsinhaber des Rucksacks der Vermieter war und die Sache ohne seinen Willen an K veräußert wurde, müsste man man konsequenterweise ein Abhandkommen annehmen und § 936 würde scheitern.
asanzseg
7.4.2023, 19:04:37
@[simon175](173412) hi! Ist zwar einige zeit her seit deiner Frage und vielleicht hat sich das schon erledigt aber hier würdest du bei §835 durchkommen. Der Vermieter hat zwar ein Recht in Form eines Vermieterpfandrechts an dem Rucksack (zumindest nach dem Fall hier, es wäre im „echten Leben“ Zweifelhaft weil Rucksäcke und alle weiteren Gegenstände in der Wohnung die zur Sicherung der Lebensgrundlage oder zum persönlichen Gebrauch dienen einer unpfändbar sind und deshalb gar kein Pfandrecht auch kein Vermieterpfandrecht entstehen dürfte… ) ABER dieses Recht macht überhaupt die Anwendung des gutgläubigen Erwerbs notwendig. Der Vermieter ist aber kein Eigentümer weshalb der §935 durchgeht. Liebe grüße