Kenntnis der eigenen Abstammung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Tochter T vermutet, dass ihr rechtlicher Vater V nicht ihr biologischer Vater ist. Sie will dies gerichtlich feststellen lassen. Eine BGB-Norm steht jedoch der Zulässigkeit ihrer Klage entgegen, solange ihre Eltern nicht geschieden sind.

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Einordnung des Falls

Kenntnis der eigenen Abstammung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Grundgesetz schützt die T vor staatlichen Maßnahmen, die ihre Persönlichkeit beeinträchtigen.

Ja!

Das Grundgesetz enthält ein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen. Es gewährleistet dem einzelnen Grundrechtsträger einen Freiraum gegenüber dem Staat. In diesem ist der Grundrechtsträger grundsätzlich vor staatlichen Beeinträchtigungen seiner Persönlichkeit geschützt. Der T ist somit als Grundrechtsträgerin über Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG vor staatlichen Beeinträchtigungen ihrer Persönlichkeit geschützt.
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2. Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) wurde durch die Rechtsprechung abschließend definiert.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Rechtsprechung hat im Rahmen des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterschiedliche Fallgruppen anerkannt. Das BVerfG betont aber die grundsätzliche Entwicklungsoffenheit des Schutzbereichs. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass der Schutzbereich infolge neuer technischer oder gesellschaftlicher Entwicklungen um weitere Elemente ergänzt wird.

3. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt Ts Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung.

Ja, in der Tat!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht sichert jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung, in dem er seine Individualität entwickeln und wahren kann. Verständnis und Entfaltung der Individualität sind aber mit der Kenntnis der für sie konstitutiven Faktoren eng verbunden. Auch diese sind vom Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts umfasst. Die eigene Abstammung ist ein für die eigene Persönlichkeit konstitutiver Faktor. Als solcher ist Ts Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt.

4. Der Schutz der eigenen Abstammung durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ist ausreichend gewährleistet, sofern T ihre genetische Ausstattung in biologischen Testverfahren untersuchen lassen kann.

Nein!

Die eigene Abstammung nimmt unabhängig von der genetischen Ausstattung eine Schlüsselstellung für die Individualitätsfindung ein. Hierbei handelt es sich um einen vielschichtigen Vorgang, in dem biologische Erkenntnisse nicht allein ausschlaggebend sind. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährt dem Einzelnen deshalb ein umfassendes Recht, die eigene Abstammung zu kennen. Kann T nur ihre DNA feststellen, erlangt sie nur Erkenntnisse über ihre biologische Ausstattung. Das APR gewährt ihr aber darüber hinaus ein Recht, ihre tatsächliche Abstammung zu kennen, das heißt vor allem zu wissen, welche Individuen sie gezeugt haben.

5. Die BGB-Norm, die verhindert, dass T Gewissheit über ihre biologische Abstammung erlangen kann, berührt T in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Genau, so ist das!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG sichert die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Verständnis und Entfaltung der Persönlichkeit sind mit der Kenntnis der für sie konstitutiven Faktoren eng verbunden. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährt dem Einzelnen deshalb ein Recht, die eigenen Abstammung zu kennen. Durch ihren Wunsch, die Vaterschaft von V feststellen zu lassen, möchte T etwas über ihre eigene Abstammung herausfinden. Insoweit ihr dies verwehrt wird, berührt die BGB-Norm T in ihrem Recht, ihre eigene Abstammung zu kennen, und damit in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.

6. T hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG auf staatliche Unterstützung bei der Verschaffung von Informationen zu ihrer Abstammung.

Nein, das trifft nicht zu!

Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG verleiht kein Recht auf Verschaffung von Kenntnissen der eigenen Abstammung, sondern kann nur vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen schützen. T hat somit nur ein Recht, gesetzlich nicht daran gehindert zu werden, ihre Abstammung feststellen zu lassen und zu erforschen. Einen Anspruch auf staatliche Unterstützung hierbei - etwa durch die gesetzliche Verankerung entsprechender Verfahren - gewährt Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG jedoch nicht.
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