Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

29. März 2025

11 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Verwendungskondiktion

G und S haben einen Vertrag geschlossen. G soll S‘ Auto neu lackieren. Nachdem G das Auto lackiert und übergeben hat, ficht S den Vertrag wegen Erklärungsirrtums wirksam an (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB). G verlangt Ersatz für die Arbeitsleistung und die verwendete Farbe.

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Einordnung des Falls

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat Aufwendungen i.S.d. Verwendungskondiktion getätigt (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Aufwendung ist eine freiwillige Aufopferung von Werten aus dem Vermögen des Entreicherten zu Gunsten des Bereicherten. Oder kurz: Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. G hat freiwillig an S‘ Auto gearbeitet und dieses neu lackiert. Dies ist S zu Gunsten gekommen. Es liegen Aufwendungen der G vor.
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2. Diese Aufwendungen hat S auf sonstige Weise i.S.d. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB erlangt.

Nein!

Der Bereicherungsschuldner erlangt den Bereicherungsgegenstand „in sonstiger Weise“, wenn er ihn nicht durch Leistung erlangt. Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. G hat das Auto des S im Rahmen des Vertrags lackiert und wieder übergeben. Sie hat also bewusst und zweckgerichtet S‘ Vermögen gemehrt. Wenn ein nichtiger Vertrag zugrunde liegt, ist vielmehr eine Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) einschlägig, nicht eine Nichtleistungskondiktion.

3. G hat gegen S einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

S hat die Aufwendungen der G durch Leistung und ohne Rechtsgrund erlangt. Weil die Aufwendungen nicht in natura herausgegeben werden können (§ 818 Abs. 1 BGB), kann G Wertersatz verlangen (§ 818 Abs. 2 BGB). G hat daneben einen Anspruch auf Schadensersatz infolge der Anfechtung (§ 122 Abs. 1 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

30.12.2023, 17:54:02

Hier könnte man kurz aufmachen, dass eine GoA in Betracht kommt und dann ablehnen mit kurzer Begründung

G0d0fMischief

G0d0fMischief

16.12.2024, 09:52:48

@[CR7](145419) Glaub du könntest es kurz ansprechen, aber mangels

Fremdgeschäftsführungswille

n würde ich es direkt ablehnen. In einem vorherigen Fall, wurde ja auch kurz die GoA angesprochen. Würde nur aufpassen, das man sich hier dann nicht verhaspelt und am Ende dann den Eindruck vermittelt die GoA nicht richtig verstanden zu haben.

OKA

okalinkk

9.6.2025, 21:24:50

@[G0d0fMischief](217996) nach der Rspr wird bei auch fremden Geschäften der FGW vermutet. Ein fremdes Geschäft läge nach BGH also vor.

WO

Wolli

20.5.2024, 10:56:48

Sperren vorliegend nicht die §994ff.

Verwendungsersatzansprüche

die

Leistungskondiktion

?! Zum Zeitpunkt der

Verwendung

en lag ein EBV vor (Rückwirkung der Anfechtung)

PK

P K

22.5.2024, 20:09:22

Das EBV passt auf den

Fremdbesitzer

nicht, weil es auf die Fälle zugeschnitten ist, in denen ein redlicher Erwerber wegen § 935 BGB kein Eigentum erwerben kann. Bei der

Leistungskondiktion

wird das auch von der hM gesehen und diese für spezieller gehalten. Man stelle sich mal vor, der Lackierer würde Teile des Autos lackieren, die gar nicht beauftragt worden sind. Nach §§ 994 ff. würde er Ersatz für alle Aufwendungen bekommen, solange diese objektiv werterhöhend sind. Denn das EBV geht davon aus, dass der Besitzer darauf vertrauen darf, mit der Sache wie ein Eigentümer umzugehen. Dieses im Falle der Herausgabe frustrierte Vertrauen ist voll zu entschädigen, so dass ihm jegliche objektiv (!) werterhöhende Aufwendungen (!) zu ersetzen sind. Das kann natürlich nicht sein, wenn die Parteien bspw. ver

abrede

t haben, dass nur der Kotflügel rechts lackiert werden soll. Dann kann er nämlich nur darauf vertrauen, für diese Tätigkeiten vergütet zu werden. Nach den §§ 812 ff. würde man letztlich auf die subjektive (!) Bereicherung (!), die erheblich von der Höhe der Aufwendung abweichen kann, beim Empfänger abstellen und so zum Ergebnis kommen, dass nicht beauftragte Leistungen natürlich nicht zu vergüten sind. Würde man §§ 994 ff. anwenden würde man ein Vertrauen schützen, das so niemals bestand. Deswegen ist das EBV in dieser Situation nicht anwendbar. Dies wird teilweise so konstruiert, dass man sagt, der Auftraggeber steuere die Tätigkeit des Werkunternehmers und nehme daher die

Verwendung

selbst vor. Es gibt nach dieser Sichtweise also gar keine "

Verwendung

" des Besitzers.

JES

Jessica

26.5.2025, 15:18:20

Ist das der Streit um die Verwendereigenschaft?

MAND

Mandy

11.6.2025, 14:56:28

Ich meine, dass es nicht immer so ist. Nimmt man den Fall in dem der Besteller zum Zeitpunkt des Werkvertragsschlusses lediglich ein

Anwartschaftsrecht

an dem KFZ hatte, da er dieses unter Eigentumsvorbehalt erworben hat und die Rest-KP Zahlung aussteht und lässt er es reparieren, zahlt dann aber den Werklohn und auch den restlichen KP nicht, sodass der Eigentümer vom KV zurücktritt, dann billigt die Rspr. Dem Werkunternehmer einen Anspruch auf

Verwendungsersatz

gegen den Eigentümer, obwohl das EBV erst nach Vornahme der

Verwendung

vorliegt. Aber der BGH vertritt die Auffassung, dass eine absolute Sperrwirkung gegeben ist, wenn ein EBV vorliegt, also unabhängig davon ob die getätigten Aufwendungen auch ersatzfähige

Verwendung

en nach den §§ 994 ff. Darstellen. D.h. Liegen keine

notwendige

n oder nützlichen

Verwendung

en vor, können keine anderen Aufwendungen, auch nicht über das

Bereicherungsrecht

ersetzt verlangt werden. Arg.1 : das abgestufte Ausgleichssystem würde sonst unterlaufen und Arg. 2: es bestünde die Gefahr, dass auch der

bösgläubig

e Besitzer

Verwendung

en ersetzt verlangen könnte. Anders sieht das die h.L. Die sagen ein Ersatz von Aufwendungen sind möglich. Arg. 1: §§ 994 ff. Regeln nur den Ersatz von

VERWENDUNG

EN. Liegen keine vor, kann schon schon tatbestandlich keine Sperrwirkung bestehen. Arg. 2: der besitzende Verwender, bei dem ein EBV vorliegt, würde schlechter gestellt, als derjenige, bei dem kein EBV vorliegt. Dies sei nicht gerechtfertigt. Eine Regelung über die

aufgedrängte Bereicherung

sei insofern flexibler und gerechter.

G0d0fMischief

G0d0fMischief

16.12.2024, 09:50:54

Wäre das hier nicht ein Anwendungsfall des

§ 122 BGB

? Bzw. würden nicht so die Wertungen des

§ 122 BGB

unterlaufen?

NI

Niro95

26.1.2025, 06:36:02

Ich denke du siehst richtig, dass hier ein Fall des 122 vorliegt. Allerdings decken sich hier beide Ansprüche inhaltlich, weil der Vertrauens

schaden

ja gerade in den getätigten Aufwendungen liegt. Ich denke, hier kann beides nebeneinander bestehen, aber vielleicht kann sich @[Jurafuchs](137809) hierzu auch noch äußern.

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

27.4.2025, 11:48:40

Hallo @[G0d0fMischief](217996), in der Tat dürfte hier auch ein SchE-Anspruch aus § 122 I BGB bestehen. Die Norm gilt nämlich auch für Aufwendungen, mit denen der Anfechtungsgegner mit der Ausführung des Vertrags beginnt (MüKoBGB/Armbrüster, 10. Aufl 2025, § 122 Rn 17). Wie auch @[Niro95](239383) gehe ich davon aus, dass diese Ansprüche miteinander konkurrieren, ohne dass ich das nach meiner kurzen Recherche jetzt explizit mit einer Fundstelle belegen könnte. G kann ihre Aufwendungen natürlich nur ein MA und nicht "doppelt" ersetzt verlangen. Wir weisen auf § 122 I BGB jetzt in einem Vertiefungshinweis am Ende der Aufgabe kurz hin. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team

OKA

okalinkk

9.6.2025, 21:23:14

könnte man hier nicht über 684, 812 I 1 Alt 1 BGB gehen? TB 677: Geschäft geführt (+): Lackierung fremdes Geschäft (+): auch fremd -> FGW wird vermutet Kenntnis von Fremdheit (+) P: Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung???: der BGH wickelt auch nichtige Verträge über GoA ab. Ich frage mich gerade, ob angefochtene Verträge auch unter die nichtigen Verträge fallen. Dann dürfte das Merkmal ohne Auftrag erfüllt sein. Eine Berechtigung iSv 683 wäre dann aber wegen der Anfechtung abzulehnen. Übrig bliebe 684?


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