Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

G und S haben einen Vertrag geschlossen. G soll S‘ Auto neu lackieren. Nachdem G das Auto lackiert und übergeben hat, ficht S den Vertrag wegen Erklärungsirrtums wirksam an (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB). G verlangt Ersatz für die Arbeitsleistung und die verwendete Farbe.

Diesen Fall lösen 76,0 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Keine Verwendungskondiktion wegen nichtigem Vertrag

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat Aufwendungen iSd Verwendungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB) getätigt.

Ja, in der Tat!

Eine Aufwendung ist eine freiwillige Aufopferung von Werten aus dem Vermögen des Entreicherten zu Gunsten des Bereicherten. Oder kurz: Aufwendungen sind freiwillige Vermögensopfer. G hat freiwillig an S‘ Auto gearbeitet und dieses neu lackiert. Dies ist S zu Gunsten gekommen. Es liegen Aufwendungen der G vor.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Diese Aufwendungen hat S auf sonstige Weise iSd § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB erlangt.

Nein!

Der Bereicherungsschuldner erlangt den Bereicherungsgegenstand „in sonstiger Weise“, wenn er ihn nicht durch Leistung erlangt. Leistung ist die bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens. G hat das Auto des S im Rahmen des Vertrags lackiert und wieder übergeben. Sie hat also bewusst und zweckgerichtet S‘ Vermögen gemehrt. Wenn ein nichtiger Vertrag zugrunde liegt, ist vielmehr eine Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB) einschlägig, nicht eine Nichtleistungskondiktion.

3. G hat gegen S einen Anspruch auf Aufwendungsersatz aus Leistungskondiktion (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB).

Genau, so ist das!

S hat die Aufwendungen der G durch Leistung und ohne Rechtsgrund erlangt. G kann Wertersatz verlangen (§ 818 Abs. 2 BGB).
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7

CR7

30.12.2023, 17:54:02

Hier könnte man kurz aufmachen, dass eine GoA in Betracht kommt und dann ablehnen mit kurzer Begründung

WO

Wolli

20.5.2024, 10:56:48

Sperren vorliegend nicht die §994ff. Verwendungsersatzansprüche die Leistungskondiktion?! Zum Zeitpunkt der Verwendungen lag ein EBV vor (Rückwirkung der Anfechtung)

PK

P K

22.5.2024, 20:09:22

Das EBV passt auf den Fremdbesitzer nicht, weil es auf die Fälle zugeschnitten ist, in denen ein redlicher Erwerber wegen § 935 BGB kein Eigentum erwerben kann. Bei der Leistungskondiktion wird das auch von der hM gesehen und diese für spezieller gehalten. Man stelle sich mal vor, der Lackierer würde Teile des Autos lackieren, die gar nicht beauftragt worden sind. Nach §§ 994 ff. würde er Ersatz für alle Aufwendungen bekommen, solange diese objektiv werterhöhend sind. Denn das EBV geht davon aus, dass der Besitzer darauf vertrauen darf, mit der Sache wie ein Eigentümer umzugehen. Dieses im Falle der Herausgabe frustrierte Vertrauen ist voll zu entschädigen, so dass ihm jegliche objektiv (!) werterhöhende Aufwendungen (!) zu ersetzen sind. Das kann natürlich nicht sein, wenn die Parteien bspw. verabredet haben, dass nur der Kotflügel rechts lackiert werden soll. Dann kann er nämlich nur darauf vertrauen, für diese Tätigkeiten vergütet zu werden. Nach den §§ 812 ff. würde man letztlich auf die subjektive (!) Bereicherung (!), die erheblich von der Höhe der Aufwendung abweichen kann, beim Empfänger abstellen und so zum Ergebnis kommen, dass nicht beauftragte Leistungen natürlich nicht zu vergüten sind. Würde man §§ 994 ff. anwenden würde man ein Vertrauen schützen, das so niemals bestand. Deswegen ist das EBV in dieser Situation nicht anwendbar. Dies wird teilweise so konstruiert, dass man sagt, der Auftraggeber steuere die Tätigkeit des Werkunternehmers und nehme daher die Verwendung selbst vor. Es gibt nach dieser Sichtweise also gar keine "Verwendung" des Besitzers.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
© Jurafuchs 2024