Öffentliches Recht
Grundrechte
Allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG)
Recht auf Selbstbestimmung: Recht, sein Geschlecht zu wechseln?
Recht auf Selbstbestimmung: Recht, sein Geschlecht zu wechseln?
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
F hat sich einer Geschlechtsanpassung unterzogen. Im Geburtenregister ist sie aber noch als „männlich“ eingetragen. Dies will F nun zu „weiblich“ ändern lassen. Nach dem Personenstandsgesetz ist eine Eintragung zur Änderung des Geschlechts aber nicht zulässig.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Recht auf Selbstbestimmung: Recht, sein Geschlecht zu wechseln?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt die geschlechtliche Identität.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt, dass F sich (mittlerweile) als weiblich identifiziert.
Ja, in der Tat!
3. Die gesetzliche Verwehrung einer personenstandsrechtlichen Änderung des Geschlechts beeinträchtigt F in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Hanna
24.1.2024, 16:28:04
Wäre hier auch noch Art. 3 III zu prüfen? Bei der beschriebenen Situation handelt es sich ja um eine Ungleichbehandlung aufgrund des Geschlechts - „biologische“ Männer oder Frauen können ihr Geschlecht wahrheitsgemäß eintragen lassen, transgeschlechtliche nicht. (Bitte um Entschuldigung für evtl. untechnische Begriffe)
Nora Mommsen
28.1.2024, 17:50:54
Hallo Hanna, danke für deine Frage. In der Tat erfasst der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 GG "Geschlecht" neben der Ungleichbehandlung zwischen Männer und Frauen zudem auch Ungleichbehandlungen von Hermaphroditen bzw. von Personen ohne bestimmtes Geschlecht. Zudem wird eine Ungleichbehandlung wegen des Wechsels des Geschlechts erfasst, was für Transsexuelle von Bedeutung ist. Der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG lässt es ohne Weiteres zu, sie in den Schutz einzubeziehen. Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG spricht ohne Einschränkung allgemein von „Geschlecht“, was auch ein Geschlecht jenseits von männlich oder weiblich sein kann. Dabei wird nochmal von der sexuellen Identität abgegrenzt, also der Richtung sexuellen Interesses. Das Bundesverfassungsgericht hat sich recht intensiv mit der Einbeziehung nonbinärer Geschlechtsidentitäten in den Schutzbereich des Art. 3 Abs. 3 GG in der folgenden Entscheidung ab Rn. 58 auseinandergesetzt: BVerfGE 147, 1 (10.10.2017 - 1 BvR 2019/16). Dabei hat er auch die Entstehungsgeschichte sowie systematische Argumente in Betracht gezogen. Das BVerfG urteilt in der Entscheidung, dass es auch für die Ungleichbehandlung (keine Eintragung eines unbestimmten Geschlechtes in das Personenstandsregister) i.S.d. Art. 3 Abs. 3 GG keine Rechtfertigung gibt. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team