+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der nicht-religiöse S betreibt eine Metzgerei, die Tiere nach islamischem Ritus unbetäubt schlachtet (Schächten). Seine Ausnahmegenehmigung wird versagt.

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Einordnung des Falls

Schächten: Teil I

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kultische Handlungen sind als Teil des forum internum durch die Religionsfreiheit geschützt.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Religionsfreiheit beinhaltet eine innere und äußere Seite. In ihrer äußeren Dimension (forum externum) umfasst sie die Bekenntnis-, als auch Betätigungsfreiheit. Die Betätigungsfreiheit stellt die ungestörte Ausübung von Religion in Form von Gebräuchen, Handlungen oder Riten sicher. Geschützt ist das Recht des Einzelnen, sein Verhalten gänzlich im Sinne des Glaubens auszurichten. Kultische Handlungen, die religiös motiviert erfolgen, sind nicht als Teil des forum internum, sondern als Teil des forum externum von der Religionsfreiheit geschützt.
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2. Das von S praktizierte Schächten ist ein Akt der Religionsausübung und fällt in den Schutzbereich der Religionsfreiheit.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Religionsfreiheit schützt in ihrer Ausprägung der Betätigungsfreiheit die ungestörte Ausübung von Religion in Form von Gebräuchen, Handlungen oder Riten. Das Schächten stellt einen Schlachtritus dar, der regelmäßig religiös motiviert erfolgt. Diese Schlachtung unter Einhaltung religiöser Vorschriften fällt jedoch nicht grundsätzlich in den Schutzbereich der Religionsfreiheit. Ausschlaggebend sind vielmehr Faktoren wie die religiöse Überzeugung und Motivation hinter der Praxis sowie ein religiöser Kontext der Schächtung. Das von S praktizierte Schächten ist kein Akt der Religionsausübung, denn er ist nicht religiös. S schächtet nicht aus eigener religiöser Überzeugung, sondern um geschächtetes Fleisch als Ware in seiner Metzgerei anzubieten. Der Schutzbereich der Religionsfreiheit ist nicht eröffnet. Vorliegend ist vielmehr die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) einschlägig. Das wäre laut BVerfG auch dann der Fall, führte S das Schächten als gläubiger Muslim für seine Metzgerei durch. Dann würde laut BVerfG die Berufsfreiheit durch den Gehalt der Religionsfreiheit verstärkt (eine andere Ansicht hält auch hier die Religionsfreiheit für einschlägig).
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