Zivilrechtliche Nebengebiete

Handelsrecht

Haftung bei Übertragung eines kaufmännischen Unternehmens

Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftung des Erwerbers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB

Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftung des Erwerbers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB

12. Februar 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Partyalarm GmbH verkauft ihren Cateringservice mit allen zugehörigen Sachen und Rechten an die Hochzeitsservice AG, die den Cateringservice in ihr Unternehmen eingliedert. G hat gegen die Partyalarm GmbH noch eine Schadensersatzforderung aus der Zeit vor dem Verkauf des Cateringservices.

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Einordnung des Falls

Unternehmenserwerb mit Firmenfortführung / Haftung des Erwerbers, § 25 Abs. 1 S. 1 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Hochzeitsservice AG hat von der Partyalarm GmbH ein Handelsgeschäft erworben (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Genau, so ist das!

Ein Handelsgeschäft ist das Unternehmen eines Kaufmanns (§§ 1ff. HGB). Erwerb bedeutet Übernahme der Unternehmensträgerschaft in tatsächlicher Hinsicht. Umfasst sind jegliche Formen der Unternehmensübertragung und -überlassung (etwa Pacht (§§ 581ff. BGB) oder Nießbrauch (§§ 1030ff. BGB)). Auf die Wirksamkeit von Verfügungs- und Verpflichtungsgeschäften kommt es nach der Rechtsprechung nicht an. Die Partyalarm GmbH (=Kaufmann, § 6 Abs. 1 HGB, § 13 Abs. 3 GmbHG) hat den Cateringservice mit allen zugehörigen Sachen und Rechten an die Hochzeitsservice AG übertragen, welche das Unternehmen als funktionale Einheit und damit die tatsächliche Unternehmensträgerschaft erworben hat.
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2. Die Hochzeitsservice AG führt den Cateringservice unter der bisherigen Firma fort (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Von einer Unternehmensfortführung ist auszugehen, wenn zumindest der wesentliche Kern des Unternehmens beibehalten wird. Es muss sich für den Rechtsverkehr der Eindruck einer Kontinuität des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand ergeben (etwa durch Übernahme der Räumlichkeiten, Kunden und Lieferanten). Für die Firmenfortführung ist maßgeblich, dass der Erwerber den Kern und die prägenden Zusätze übernimmt, sodass der Rechtsverkehr die neue Firma mit der alten identifiziert. Die Hochzeitsservice AG hat den Cateringservice in ihr bestehendes Unternehmen eingegliedert und führt es unter ihrer Firma fort. Dadurch wird beim Rechtsverkehr der Eindruck erweckt, der ursprüngliche Cateringservice der Partyalarm GmbH existiert nicht mehr.

3. G kann die Hochzeitsservice AG wegen seiner Schadensersatzforderung in Anspruch nehmen (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB).

Nein!

Der Erwerber eines Unternehmens haftet bei Firmenfortführung für sämtliche betriebsbezogene Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund bereits durch den früheren Inhaber gelegt worden ist (gesetzlicher Schuldbeitritt) (§ 25 Abs. 1 S. 1 HGB). Voraussetzung ist (1) der Erwerb eines Handelsgeschäfts, dass dieses vom Erwerber (2) unter der bisherigen Firma fortgeführt wird und (3) kein Haftungsausschlussgrund (§ 25 Abs. 2 HGB) greift. Die Hochzeitsservice AG hat den Cateringservice von der Partyalarm GmbH erworben, führt den Betrieb jedoch nicht in seinem wesentlichen Kern fort und hat auch die Firma nicht übernommen. Sie haftet nicht für im Betrieb der Partyalarm-GmbH begründete Verbindlichkeiten. G muss sich an die Partyalarm-GmbH wenden.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

12.8.2024, 09:16:37

Die Subsumtion zur letzten Frage trifft nicht den Punkt. Die Hochzeitsservice AG erwirbt die Partyalarm GmbH "mit allen zugehörigen Sachen und Rechten"; von der Übernahme des Kundenstamms können wir ausgehen. Mir fehlt da nichts für den Unternehmenskern. Dass der Kern des kleinen, akquirierten Unternehmens im großen Unternehmen nicht so sichtbar ist, spielt keine Rolle, sonst würde § 25 I HGB in der Konstellation klein/groß regelmäßig scheitern. Der entscheidende fehlende

Tatbestand

ist hier hingegen die Firma. Die wird hier nicht fortgeführt -- und nur eine Mindermeinung will darauf nicht bestehen (Argumente der hM: eindeutiger Wortlaut, keine Änderung durch die Handelsrechtsreform 1998).

JAS

Jasmin

27.8.2024, 09:48:58

Wie haftet der alte Inhaber, wenn, wie im Fall, die Firma nicht fortgeführt wird und deswegen die AG nicht haftet? Liegt dann eine Liquidation vor? Für wie lange haftet die "Alt-GmbH" dann noch?

LUC1502

luc1502

8.9.2024, 15:16:28

Servus liebe Jurafüchse, ist denn die Firma "Hochzeitsservice AG" denn überhaupt zulässig; der Firmenkern besteht ja hier aus einer Branchenbezeichnung und diesbzgl. hatte ich mal gelesen, dass Branchenbezeichnungen (sowie Produktbezeichnungen) als Firmenkern unzulässig sind. LG


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