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Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Das außerordentliche Testament – Bürgermeistertestament und Dreizeugentestament (Fall)

Das außerordentliche Testament – Bürgermeistertestament und Dreizeugentestament (Fall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

E hat sich bei einem Verkehrsunfall in der Gemeinde X schwer verletzt. Dem Tode nah möchte E seine Erbfolge regeln. Notarin N und Bürgermeisterin B der Gemeinde X sind nicht zu erreichen. An der Unfallstelle befinden sich jedoch zwei Sanitäterinnen sowie die Landrätin L.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Das außerordentliche Testament – Bürgermeistertestament und Dreizeugentestament (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. E kann eine der anwesenden Personen bitten, das eigenhändige Testament für ihn zu errichten.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 2247 Abs. 1 BGB muss der Erblasser das Testament eigenhändig errichten, das heißt den ganzen Text selbst mit der Hand schreiben und unterschreiben. Eine eigenhändige Niederschrift ist daher nicht gegeben, wenn eine andere Person als der Erblasser den Text schreibt. Ein Verstoß gegen die Eigenhändigkeit führt zur Ungültigkeit des Testaments. E kann somit nicht die Anwesenden bitten, ein eigenhändiges Testament für ihn zu errichten.
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2. Die Voraussetzungen zur Errichtung eines Nottestaments nach § 2249 Abs. 1 BGB liegen vor.

Ja!

Die Errichtung eines Nottestaments nach § 2249 Abs. 1 BGB ist bei Todesgefahr möglich, wenn zu besorgen ist, dass die rechtzeitige Errichtung von einem Notar nicht mehr möglich ist. Die Voraussetzungen zur Errichtung eines Nottestaments liegen vor.

3. Gemeinsam mit Landrätin L und den Sanitäterinnen kann ein Bürgermeistertestament nach § 2249 Abs. 1 BGB errichtet werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Urkundsperson ist beim sogenannten Bürgermeistertestament nach § 2249 Abs. 1 BGB der Bürgermeister der Gemeinde in der sich der Erblasser aufhält. Da Landrätin L nicht die zuständige Urkundsperson ist, ist das Bürgermeistertestament nichtig.

4. Das Testament des E kann jedoch als Dreizeugentestament errichtet werden.

Ja, in der Tat!

Nach § 2250 Abs. 2 BGB ist die Errichtung eines Dreizeugentestaments möglich, wenn der Erblasser in so naher Todesgefahr ist, dass auch die Errichtung eines Bürgermeistertestaments nicht mehr möglich ist. Da auch Bürgermeisterin B nicht erreichbar ist und E in Todesgefahr schwebt, ist die Errichtung eines Dreizeugentestaments somit möglich.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Johannes Nebe

Johannes Nebe

6.5.2023, 00:37:16

Es heißt Errichtung des Testaments "vor" einem, nicht "von" einem Notar. Der Unterschied sollte klar sein.

NIC

Nicole

25.7.2023, 13:53:50

Etwas verwirrend, dass nach § 2249 I gefragt wird mit: liegen die Voraussetzungen vor. Da im Sachverhalt geschildert wird, dass die Bürgermeisterin nicht zu erreichen sind, liegen diese Voraussetzungen denklogisch nicht vor.

CitiesOfJudah

CitiesOfJudah

4.8.2023, 13:23:13

Ja, sehe ich auch so. Ich hab auch "Stimmt nicht" geantwortet, da der Bürgermeister lt. Sachverhalt nicht zu erreichen war und daher ein Nottestament vor dem Bürgermeister nach § 2249 I gerade nicht möglich ist.

DIAA

Diaa

16.10.2023, 11:33:07

Dem schließe ich mich auch.

LEO

Leonie

23.7.2024, 15:32:28

*push

ahimes

ahimes

26.7.2024, 19:16:46

Genau, diese Stelle fande ich auch unlogisch. Der Wortlaut des § 2249 I 1 BGB ist glasklar und diese Voraussetzungen lagen nicht vor. Zudem würde ich mir von jurafuchs allgemein wünschen dass §§ genauer zitiert werden:-)

L.G

L.Goldstyn

8.8.2024, 16:13:18

Ich finde die Fragestellung ist hier durchaus etwas knifflig, aber mE liegt Jurafuchs hier nicht zwingend falsch: Der Wortlaut von § 2249 Abs. 1 S. 1 BGB kann in Tatbestand (= Voraussetzungen, nach denen hier gefragt ist) und Rechtsfolge getrennt werden: (1) Tatbestand ist dann nur, dass zu besorgen ist, dass der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist. (2) Rechtsfolge ist, dass der Erblasser das Testament zur Niederschrift des Bürgermeisters der Gemeinde errichten kann. Demnach gehört die Erreichbarkeit des Bürgermeisters gerade nicht zu den Voraussetzungen, sondern ist Teil der (hier nicht möglichen) Rechtsfolge. Dafür spricht auch, dass gem. § 2249 Abs. 5 BGB das Testament auch vor demjenigen errichtet werden kann, der zur Vertretung des Bürgermeisters befugt ist. Ich kann mir zudem vorstellen, dass die Vorgehensweise von Jurafuchs hier der Systematik von §§ 2249, 2250 BGB folgt: (1) § 2249 Abs. 1 BGB stellt die Grundvoraussetzung auf, dass „zu besorgen ist, dass der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist.“ (2) § 2250 Abs. 1 BGB beinhaltet eine Alternativvoraussetzung (Abgesperrter Ort) mit einer erweiterten Rechtsfolge (entweder die des § 2249 BGB oder vor drei Zeugen) (3) § 2250 Abs. 2 BGB baut auf den Voraussetzungen des § 2249 Abs. 1 BGB auf und fordert, dass sich der Erblasser in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 BGB nicht mehr möglich ist. Ich stimme Euch aber zu, dass die Fragestellung hier durchaus verwirrend und eine Überarbeitung durch Jurafuchs überlegenswert ist.


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