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Erbrecht

Gewillkürte Erbfolge

Das außerordentliche Testament – Seetestament (Fall)

Das außerordentliche Testament – Seetestament (Fall)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Auf einer Pazifik-Kreuzfahrt denkt E über seine Erbfolge nach. Um zu verhindern, dass Lebensgefährtin L im Ernstfall ohne sein Vermögen auskommen muss, beschließt E, schnell ein Testament zu errichten. Da er zum Schreiben zu faul ist und der Kreuzfahrt mit L einen sentimentalen Wert beimisst, möchte er ein Seetestament errichten.

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Einordnung des Falls

Das außerordentliche Testament – Seetestament (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Errichtung eines Seetestaments nach § 2251 BGB ist mangels Notlage nicht möglich.

Nein, das ist nicht der Fall!

Das Seetestament ist ein Dreizeugentestament. Es setzt aber anders als dieses keine besondere Gefahrenlage voraus, sondern kann immer an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens errichtet werden. Die Errichtung eines Seetestaments ist somit auch ohne Notlage möglich.
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2. Für die Errichtung des Seetestaments muss der Kapitän des Schiffes einwilligen.

Nein, das trifft nicht zu!

Nach § 2251 BGB ist nur die mündliche Erklärung vor drei Zeugen, sowie die Anfertigung einer Niederschrift nach § 2250 Abs. 3 BGB nötig. Der Kapitän des Schiffes muss somit nicht in die Testamentserrichtung einwilligen.

3. Das Seetestament ist unbegrenzt gültig.

Nein!

Nach § 2252 Abs. 1 BGB ist die Geltungsdauer des Seetestaments auf drei Monate begrenzt. Das Seetestament ist damit nicht unbegrenzt gültig.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

AN

anni0910

2.11.2023, 10:59:22

Was ist der Schutzzweck des §2251 BGB? Also warum heißt es Nottestament, wenn es überhaupt keiner Notlage bedarf, wieso ist explizit eine Seereise als außerordentliches Testament geregelt? Geht das aus einer abstrakt erhöhten Gefährlich hervor möglicherweise nicht lebend wieder nach Hause zu kommen? Aber dann verstehe ich nicht, wieso es zb die Möglichkeit eines Dreizeugentestaments auf See gibt, aber nicht zum Beispiel in der Luft auf einer langen Flugreise...

SE.

se.si.sc

2.11.2023, 12:21:08

Es stimmt, dass wir hier keine klassische "Notsituation" brauchen. Die Notsituation ist allein, dass ein Passagier ein notarielles Testament errichten möchte, aber auf Schiffen üblicherweise weder Notare (für §§ 2231 Nr 1, 2232 BGB) noch Bürgermeister (für § 2249 BGB) anwesend sind. Einer besonderen Notlage des Erblassers (wie zB Krankheit) bedarf es gerade nicht (BeckOGK, § 2251 Rn 1). Es wird daher durchaus gefordert, die Norm abzuschaffen, weil eine Sonderregelung überhaupt nicht notwendig sei, der Erblasser ja zB ohne Weiteres ein eigenhändiges Testament errichten könne (Staudinger, § 2251 Rn 3 ff). Und zur Flugreise musst du dir mal vor Augen führen, aus welcher Zeit diese Vorschrift im Kern stammt: Aus dem Ursprungs-BGB, entworfen also im 19. Jahrhundert. Damals gab es noch keine zivile Luftfahrt, jedenfalls nicht in der Form, dass man irgendwie "an Bord" ein Testament errichten könnte. Der Gesetzgeber hat dann schlicht keine Veranlassung gesehen, hier später etwas anzupassen oder hinzuzufügen.


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