Öffentliches Recht
Grundrechte
Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)
Bloßes Beobachten von außen, wie es jedermann möglich ist
Bloßes Beobachten von außen, wie es jedermann möglich ist
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Polizist P hat A im Verdacht, Böses im Schilde zu führen. Um genauere Infos zu erlangen, blickt er während seiner Straßenstreife vor dem Haus der A vom Gehweg aus durch das Fenster. A sieht darin einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG.
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Einordnung des Falls
Bloßes Beobachten von außen, wie es jedermann möglich ist
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Für einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG ist ein physisches Betreten der Wohnung durch staatliche Organe erforderlich.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Wohnung der A ist vom Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG geschützt.
Ja!
3. Indem P vom Gehweg aus in das Haus der A schaut, greift er in Art. 13 Abs. 1 GG ein.
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der persönliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊LEXDEROGANS
27.3.2020, 21:53:46
Was wäre denn, wenn der Polizist eine halbe Stunde direkt vor dem Fenster stehen bliebe? “Jedermann auf der Straße” würde die Lebensäußerungen von A ja nur dann mitbekommen, wenn er gleichfalls lange vor dem Fenster stehen bliebe. Das wird man aber u. a. wegen § 238 StGB wohl tunlichst unterlassen...
Lukas_Mengestu
13.12.2021, 11:25:25
Hallo LEXDEROGANS, zwar dürfte auch dann noch nicht der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG verletzt sein. Dies bedeutet aber nicht, dass A (grund-)rechtslos ist. Denn aus dem allgmeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 GG, iVm Art. 1 1 GG) leitet sich auch das Recht auf Achtung der Privatsphäre ab. Hierzu gehört auch die Integrität eines räumlichen Bereichts, der dazu bestimmt ist, für sich zu sein, zu sich zu kommen, sich zu entspannen oder auch gehen lassen zu können. Darin würde durch die halbstündige Beobachtung eingegriffen und - sofern es hierfür keine entsprechende
Ermächtigungsgrundlagegibt - das Recht auch verletzt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
ri
17.7.2021, 21:17:42
Merke: 💎 Juwelendiebstahl besser im dritten Stock als im Paterre 🤡 *allgemein möglich* scheint mir sehr schwammig Es wäre auch allgemein möglich für Dritte, sich
Abhörgeräte zu kaufen und den Nachbarn abzuhören, eine Abschottung ist hier gar nicht möglich. Fühle ich mich noch frei in der privaten Persönlichkeitsentfaltung, wenn ein Polizist duch das Fenster glotzt? ME liegt eine Beschränkung der gewährten Freiheit und damit ein Eingriff vor.
Lukas_Mengestu
13.12.2021, 11:20:16
Hallo ri, das Merkmal "allgemein möglich" könntest Du letztlich auch mit "ohne weitere Hilfsmittel" ersetzen. Um etwas mehr Privatsphäre zu erlangen, könnte A sich zB Vorhänge oder einen Rollo zulegen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Außenbereichsinsel
1.1.2024, 19:11:46
Dogmatisch überzeugender erscheint es m.M.n., den Eingriff zu bejahen und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit aufgrund der allgemeinen Einsehbarkeit der Wohnung von der Straße her und dem etwaigen Fehlen von zumutbarem Sichtschutz bei einem Blick durch das Fenster aufgrund der so gegebenen geringen Eingriffsintensität die Abwägung zulasten des Wohnungsbesitzers ausfallen zu lassen (sofern denn eine Rechtfertigung nach den Art. 13 II-V, VII GG in Betracht kommt). Dies schon deshalb, da das Vorliegen eines Eingriffs grds. recht "objektiv" bzw. nüchtern vom Schutzbereich her bestimmt wird und Wertungsfragen in die Verhältnismäßigkeit verlagert werden. An der Rechtmäßgikeit der Maßnahme würde diese Betrachtung im Endeffekt jedenfalls nichts ändern.