Konkludente Einwilligung
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Während Polizist P auf Streife ist, sieht er, dass in der Wohnung von Frau M ein Einbrecher mit einer Waffe auf diese zielt. M schreit: „Hilfe! Polizei!“ P eilt M zur Hilfe und betritt kurzerhand die Wohnung, obwohl er nicht weiß, ob er das darf.
Einordnung des Falls
Konkludente Einwilligung
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der sachliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.
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Ja, in der Tat!
2. Das Beobachten des Geschehens in der Wohnung der M durch P von der Straße aus stellt einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG dar.
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Nein!
3. Das Betreten der Wohnung der M durch P stellt einen Eingriff in Art. 13 Abs. 1 GG dar.
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Nein, das ist nicht der Fall!
4. Der persönliche Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG ist eröffnet.
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Genau, so ist das!
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Dennis
1.10.2020, 16:25:03
M.E. stellt das Eindringen dennoch einen Eingriff dar. Jedoch einen Eingriff, welcher durch Zustimmung (konkludierten) gerechtfertigt ist.
Juranus
7.12.2020, 13:51:46
Ich finde auch, dass das die sauberere Lösung wäre. Im Grunde vergleichbar mit der (gewohnheitsrechtlichen) rechtfertigenden Einwilligung im Strafrecht.
Paul
3.3.2021, 16:29:11
Wenn man es schon mit dem Strafrecht vergleicht, scheint eher ein tatbestandsausschließendes Einverständnis zutreffend. Hier ist eine innere Zustimmung ausreichend, sofern es um Delikte geht bei denen der Tatbestand nur gegen den Willen des Opfers erfüllt werden kann.

Lukas_Mengestu
25.3.2022, 17:15:54
Hallo zusammen, wie Paul schon richtig ausgeführt hat, so liegt ein Eingriff nur vor, wenn die Wohnung gegen den Willen des Opfers betreten wird (vgl. BVerfG NJW 1984, 419). Liegt das Einverständnis vor, dann fehlt es insofern bereits an dem Eingriff. Ganz genauso ist es ja auch im Strafrecht im Hinblick auf die Verwirklichung des Hausfriedensbruches (§ 123 Abs. 1 StGB). Auch hier ist das Betreten der Wohnung bereits nicht tatbestandsmäßig, wenn der Berechtigte einwilligt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
24.3.2022, 07:41:03
Wie wäre der Fall zu bewerten, wenn M nicht um Hilfe gerufen hätte, sondern P lediglich zwei Personen, von denen eine eine Waffe in der Hand hält, beobachtet hätte? Kann hier auch mit einer hypothetischen Einwilligung gearbeitet werden?

Lukas_Mengestu
25.3.2022, 17:13:13
Hallo QuiGonTim, in der Tat könnte man in diesem Fall auf die mutmaßliche Einwilligung der Betroffenen abstellen. Vorsicht bei der Terminologie: der Begriff hypothetische Einwilligung wird nur im Zusammenhang mit dem Arzthaftungsrecht gebraucht. Er bezeichnet Situationen, in denen die Einwilligung noch eingeholt werden könnte, der Arzt aber dennoch den Eingriff ohne Einwilligung vornimmt. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team