Öffentliches Recht

Grundrechte

Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)

Unterfallen Hafträume von Strafgefangenen dem grundgesetzlich geschützten Wohnungsbegriff?

Unterfallen Hafträume von Strafgefangenen dem grundgesetzlich geschützten Wohnungsbegriff?

16. April 2025

5 Kommentare

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

T wurde rechtskräftig wegen Totschlags verurteilt und verbüßt seine Haftstrafe in einer Justizvollzugsanstalt. Justizvollzugsbeamter J will nach einem Tipp die Zelle des T auf Drogen untersuchen. T lehnt unter Verweis auf die Unverletzlichkeit seiner Wohnung ab.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Unterfallen Hafträume von Strafgefangenen dem grundgesetzlich geschützten Wohnungsbegriff?

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Art. 13 Abs. 1 GG schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Ja, in der Tat!

Art. 13 Abs. 1 GG bestimmt: "Die Wohnung ist unverletzlich." Unter Wohnung versteht man solche Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht sind. Art. 13 GG hängt eng mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit zusammen. Er soll dem Einzelnen einen elementaren Lebens- und Rückzugsraum sichern, in dem er vor staatlichen Eingriffen geschützt ist.
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2. Auch die Hafträume des Strafgefangenen T in der Justizvollzugsanstalt sind nach der Rechtsprechung vom Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 1 GG umfasst.

Nein!

Von Art. 13 Abs. 1 GG geschützt sind Häuser, Wohnungen im engeren Sinne und Nebenräume. Grund: Diese können der ungestörten Entfaltung der Persönlichkeit und Privatsphäre dienen. Nach der (umstrittenen) Rechtsprechung des BVerfG ist dies bei Hafträumen einer Haftanstalt anders: Die Zuweisung eines Haftraums eröffne dem Gefangenen zwar einen persönlichen, vom allgemeinen Anstaltsbereich abgegrenzten Lebensbereich. Davon bleibe aber das Hausrecht der Haftanstalt unberührt. Dieses beinhalte die Befugnis der Anstaltsmitarbeiter, die Hafträume jederzeit ohne Zustimmung des Strafgefangenen zu betreten. Die Zelle des T ist mithin nicht vom sachlichen Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG erfasst.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

ri

ri

17.7.2021, 20:16:39

Hausrecht über ganzes Haus hat auch Eigentümer in einem Mietshaus. Nach Zweck der Vorschrift (Schutz eines elementaren räumlichen Bereichs zur Persönlichkeitsentfaltung ohne staatliche Eingriffe) müssten auch Zellen erfasst sein. Erst-Recht-Argument: Wenn schon Garagen… Für den Häftling ist diese sogar die einzig MÖGLICHE Rückzugsmöglichkeit. Wenn SB (-) wird ganzes GR für Dauer der Haft unfreiwillig entzogen. ME nach SB erfasst und Hausrecht muss hinter Wohnung zurücktreten.

Katzenkönigin

Katzenkönigin

21.10.2021, 14:35:00

Diese Ansicht wäre wegen entsprechender Argumente natürlich auch vertretbar ☺️ Alles eine Frage der Argumentation.

erikxxx

erikxxx

9.1.2025, 15:41:28

Letztendlich wird ja auch bei Hotelzimmer vertreten, dass diese eine Wohnung iSd Art. 13 Abs. 1 GG darstellen können. Der Hotelier behält ein übergeordnetes Hausrecht, das ihm erlaubt, bei berechtigtem Interesse, beispielsweise zur Gefahrenabwehr oder bei dringendem Verdacht auf Rechtsverstöße, das Zimmer zu betreten. Demnach kann das Hausrecht eigentlich nicht das ausschlaggebende Argument sein, oder?

di203

di203

21.2.2025, 12:41:14

Ist das Zimmer für einen oder mehrere SchülerInnen eines Internats auch vom Schutzber3ich von Art. 13 I GG umfasst?

di203

di203

21.2.2025, 12:52:38

Aus persönlich-familiärem Interesse, habe ich den Schutzbereich im Falle einer Bundeswehrkaserne recherchiert. (Kaum Rspr., wenn dann nur schwer auffindbares Truppendienstgericht... In Kommentaren werden Kasernen mit einem Satz abgetan, obwohl ich bei Einzelstuben ein Störgefühl wegen der Ablehnung hatte.) Vielleicht interessiert also auch jemand die Begründung oder mein letzter Satz kann ergänzt werden. Damit wäre Jurafuchs einer der wenigen juristisch-akademischen Onlineseiten mit diesem Thema in dieser Tiefe.😉🤭 "Entscheidend für die Anordnung der Durchsuchung ist im vorliegenden Fall, ob die Stube des Soldaten in der militärischen Unterkunft eine „Wohnung“ im Sinne des Art. 13 des Grundgesetzes (GG) ist. Wohnungen dürfen nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nicht im Rahmen der WDO zur Aufklärung von Dienstvergehen durchsucht werden. Gemeinschaftsunterkünfte sind keine Wohnungen. Sie dürfen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen durchsucht werden. Beweisgegenstände dürfen beschlagnahmt werden. Gemeinschaftsunterkünfte unterliegen auf Grund der engen räumlichen Unterkunftsverhältnisse zahlreichen Beschränkungen (z.B. Besuchsregelungen, Betretungsrechte durch Vorgesetzte, Nutzung von Gemeinschaftsduschen und –küchen), die in Kasernenbefehlen, insbesondere in der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) 10/5 , geregelt sind. Sie sind im Gegensatz zu Wohnungen keine „Bereiche des privaten Rückzugs“." Dann habe ich mich gefragt, ob auch Einzelstuben Gemeinschaftsunterkünfte sind: "Der Begriff der „Gemeinschaftsunterkunft“ ist an Hand der gesetzlichen Bestimmung über das „Gemeinsame Wohnen“ in § 18 des

Soldatengesetz

es (SG) zu bestimmen. In der dazu erlassenen Verwaltungsvorschrift ZDv 70/1 heißt es (Anlage 1, Anhang Teil A): „A. Begriff der Gemeinschaftsunterkunft 1. Gemeinschaftsunterkunft ist jede von Amts wegen bereitgestellte Unterkunft. 2. Familienwohnungen innerhalb des Kasernenbereichs (z.B. für verheiratete Offiziere, Kompaniefeldwebel) sind keine Gemeinschaftsunterkünfte.“ Für die Einordnung einer Stube in der Kaserne als Gemeinschaftsunterkunft kommt es nicht auf den Status des dort wohnenden Soldaten an. Insoweit ist es

unerheblich

ob der Soldat zum Wohnen in der Gemeinschaftsunterkunft (§ 18 SG) verpflichtet ist oder dort nach Befreiung von dieser Verpflichtung oder freiwillig wohnt." Quelle: RDir Heinen, Durchsuchung von militärischen Unterkünften, militarypolice.de 17.06.2007 __________________________________ tl,dr: Jede von Amts wegen gestellt Stube, ob einzeln oder gemeinschaftlich belegt, ob verpflichtend oder freiwillig bewohnt, ist eine Gemeinschaftsunterkunft und keine Wohnung, weil ein Betretungsrecht für Vorgesetzte besteht, Gemeinschaftsräume und auch Besuchszeiten für Angehörige, ausgenommen Familienstuben.


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