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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gangster G soll die wertvolle Beute eines Juwelenraubs auf einer Wiese auf seinem eingezäunten Anwesen vergraben haben. Als die Polizei die Wiese betreten möchte, verweigert G dies unter Verweis auf Art. 13 GG.

Einordnung des Falls

Befriedete Besitztümer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Art. 13 Abs. 1 GG schützt die Unverletzlichkeit der Wohnung.

Genau, so ist das!

Art. 13 Abs. 1 GG bestimmt: "Die Wohnung ist unverletzlich." Unter Wohnung versteht man solche Räume, die der allgemeinen Zugänglichkeit durch eine räumliche Abschottung entzogen und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht sind. Art. 13 GG hängt eng mit der freien Entfaltung der Persönlichkeit zusammen. Er soll dem Einzelnen einen elementaren Lebens- und Rückzugsraum sichern, in dem er vor staatlichen Eingriffen geschützt ist.

2. Die Wiese ist auch vom Begriff der Wohnung umfasst.

Ja, in der Tat!

Geschützt sind Wohnungen, Häuser, Nebenräume und abgeschottete Gebäudeerweiterungen. Bei befriedeten Besitztümer kommt es darauf an, ob sie in stärkerem Bezug zum Gebäude stehen (=akzessorischer Schutz). Fehlt dieser, z.B. bei dem umzäunten Acker eines Bauern, ist jedenfalls die Wortlautgrenze des Art. 13 Abs. 1 GG erreicht. Auch entspricht dies nicht dem Zweck, da dort typischerweise niemand wohnt. Da sich die Wiese unmittelbar vor dem Haus des G befindet und durch den Zaun räumlich abgegrenzt wird, ist sie durch Art. 13 Abs. 1 GG geschützt. Dass § 123 StGB befriedete Besitztümer generell schützt, ist für die Auslegung des Art. 13 Abs. 1 GG ohne Belang.

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ri

ri

17.7.2021, 20:19:05

Merke: Gestohlene Juwelen 💎 nicht im Garten vergraben.

FABY

Faby

24.10.2021, 13:05:55

Auf dem abgeschlossenen Hof verstecken ist dagegen aber ok! 👌🏼

L

L

16.12.2021, 15:19:02

Hatte gelernt, dass Vorgärten auch vom SB der Norm erfasst sind. Ist das also eine Mindermeinung oder wird zwischen Vorgärten und Wiesen vor dem Haus differenziert?

Tigerwitsch

Tigerwitsch

16.12.2021, 18:05:36

Der Vorgarten kann durchaus zum Schutzbereich des Art. 13 GG gehören. Der BGH (Ermittlungsrichter) hat sich in einem Beschluss vom 14.03.1997 - AZ.: 1 BGs 65/97 mit der Frage befasst, ob im Rahmen eines

Beweiserhebungsverbot

s das gesprochene Wort in einem Vorgarten aufgezeichnet werden darf. Die Besonderheit bestand darin, dass der konkrete Vorgarten nur durch eine kniehohe Hecke von der Straße abgrenzt und zudem im Eingangsbereich ca. 2 m unterbrochen war. Im Ergebnis bejaht der BGH, dass der Vorgarten vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst war. 1. Grundsätzlich werde ein „umzäunter Garten“ bzw. ein „eingezäunter Garten“ eines Wohnhauses dem Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG zugerechnet. 2. Auch bei einem Vorgarten, welcher lediglich durch eine kniehohe Hecke abgegrenzt und zudem noch auf ca. 2 m im Eingangsbereich unterbrochen sei, gelte nichts anderes. Für die rechtliche Zurechnung sei „allein von Bedeutung, ob der jeweilige Raum bzw. die Fläche als Rückzugsbereich der individuellen Lebensgestaltung ausgewiesen“ sei. Dies sei zu bejahen: Durch eine Hecke zum Gehweg mache „ein Wohnungsinhaber die Abgrenzung zur öffentlichen Fläche deutlich, [dokumentiere] er den Bereich, den er für sich und seine Mitbewohner gegenüber der Öffentlichkeit [reklamiere].“ So drücke die Hecke dem Vorgarten gleichsam den „Stempel der Privatheit“ auf. Typischerweise sei ein Vorgarten eines Reihenhauses nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Deshalb werden üblicherweise solche Vorgärten nur von Nutzungsberechtigten und deren Besuchern betreten. Allein damit sei gemeinhin der Wohnungsinhaber einverstanden. —————— Auf unseren konkreten Fall mit G bezogen, finden sich m. E. gute Argumente, dass die Wiese als Teil des Anwesens grundsätzlich dem Schutzbereich des Art. 13 GG unterfällt: - Das Anwesen ist umzäunt und erst recht als Teil der Privatsphäre des Wohnungseigentümers anzusehen (vgl. oben die Maßstäbe des BGH). - Durch die Umzäunung liegt ein Zusammenhang zu dem Gebäude vor. Es handelt sich ja um eine Wiese „auf“ dem Anwesen und damit um einen Teil des befriedeten Besitztums (vgl. BGH, U. v. 29.01.1998 - AZ.: 1 StR 511/97, Rn. 12 - juris).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.12.2021, 19:48:56

Vielen Dank euch beiden! In der Tat ist es bei befriedeten Besitztümern nicht ganz leicht zu bestimmen, wo die Grenze des Schutzbereiches zu ziehen ist. So weisen Kingreen/Poscher (Grundrechte, 33.A. 2017, RdNr. 1005) darauf hin, dass der Begriff nicht gleichsetzen ist mit dem strafrechtlichen Verständnis des befriedeten Besitztums iSd § 123 StGB. Das ergibt sich letztlich schon daraus, dass die Verfassung natürlich über dem einfachen Recht steht und hier eine verfassungsautonome Auslegung erfolgt. Nur weil der der umzäunte Acker also strafrechtlich geschützt ist, heißt das noch nicht, dass er dem Wohnungsbegriff unterfallen würde. Im Fall des Vorgartens bzw. der an das Haus angrenzenden Wiese habt ihr aber völlig recht, dass von der h.M. vertreten wird, dass hier noch der Schutzbereich der Wohnung eröffnet ist (Kühne, in: Sachs-GG, 9. Aufl. 2021, GG Art. 13 RdNr. 3; Hermes, in: Dreier-GG, 3. A. 2013, Art. 13 Rn. 18; Jarass, in: Jarass/Pieroth, 16. Aufl. 2020, GG Art. 13 RdNr. 4. Vgl. auch BGH NJW 1997, 2189). Durch den Bezug zur Wohnung liegt eine Art "akzessorischer Grundrechtsschutz" vor. Wir haben die Aufgabe insoweit entsprechend angepasst. Beste Grüße Lukas – für das Jurafuchs-Team

L

L

17.12.2021, 21:05:11

@Tigerwitsch: Danke für diese Ausführungen! @Lukas: Danke, dass Ihr immer so schnell die Anpassungen vornehmt! Allerdings muss auch noch die richtige Antwort für die 2. Frage geändert werden. Bisher ist nur der Antworttext angepasst.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

17.12.2021, 21:12:46

Danke fürs Nachhaken! Auch das haben wir angepasst 👍


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