Publizität des Handelsregisters, Positive Publizität, § 15 Abs. 3 HGB


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inkl. MoPeG

A tritt in die Technik123-KG als Kommanditist ein. Ihr Eintritt wird beim Handelsregister angemeldet. Sie wird jedoch unrichtigerweise als Komplementärin eingetragen. G verkauft der Technik123-KG Laptops im Wert von €50.000 und wendet sich mit der Kaufpreisforderung an A.

Einordnung des Falls

Publizität des Handelsregisters, Positive Publizität, § 15 Abs. 3 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die Richtigkeit des Handelsregisters wird geschützt (§ 15 Abs. 3 HGB).

Ja!

Das Vertrauen Dritter in die Richtigkeit von Tatsachen, die durch das Handelsregister bekannt gemacht wurden, wird geschützt (§ 15 Abs. 3 HGB) (positive Publizität). Voraussetzung ist, dass es sich (1) um eine eintragungspflichtige Tatsache handelt, diese (2) zurechenbar durch den Betroffenen veranlasst (3) unrichtig eingetragen wurde und (4) der Dritte die Unrichtigkeit der Tatsache nicht kannte. In der Folge kann sich der Dritte gegenüber demjenigen, in dessen Angelegenheit die Tatsache einzutragen war, auf die unrichtig eingetragene Tatsache berufen. Er kann aber auf den Schutz verzichten und sich stattdessen auf die wirkliche Rechtslage berufen, wenn dies für ihn vorteilhaft ist. Ihm steht ein Wahlrecht zu.

2. A’s Eintritt in die KG ist eine eintragungspflichtige Tatsache (§ 15 Abs. 3 HGB).

Genau, so ist das!

§ 15 Abs. 3 HGB schützt das Vertrauen in die Richtigkeit der einzutragenden und bekannt gemachten Tatsachen. Damit sind eintragungspflichtige (und nach § 10 Abs. 2 HGB bekannt zu machende) Tatsachen gemeint. Nur eintragungsfähige Tatsachen sind nicht umfasst. Der Eintritt eines Gesellschafters ist zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§§ 161 Abs. 2, 106 Abs. 6 HGB). Bei der Anmeldung des Eintritts eines Kommanditisten ist der Betrag der Einlage zu benennen (§ 162 Abs. 1 S. 1 HGB).

3. A’s Eintritt in die KG wurde unrichtig eingetragen (§ 15 Abs. 3 HGB).

Ja, in der Tat!

Rechtsscheingrundlage des § 15 Abs. 3 HGB ist die (gegenüber der wahren Sach- und Rechtslage) unrichtige Eintragung der Tatsache. Anstatt des Eintritts der A als Kommanditistin der Technik123-KG wurde ihr Eintritt als Komplementärin in das Handelsregister eingetragen. Dies entspricht nicht der tatsächlichen Sach- und Rechtslage. Mit der Neufassung des § 10 HGB zum 01.08.2022 wurde auch § 15 Abs. 3 HGB neu gefasst. Da Eintragungen nunmehr durch ihre erstmalige Abrufbarkeit über das elektronische Informations- und Kommunikationssystem als bekannt gemacht gelten, ist es technisch nahezu unmöglich geworden, dass Eintragung und Bekanntmachung auseinanderfallen. Deshalb stellt § 15 Abs. 3 HGB n.F. nunmehr auf die fehlerhafte Eintragung statt die unrichtige Bekanntgabe ab.

4. G wusste nicht, dass A nicht (persönlich haftende) Komplementärin, sondern Kommanditistin ist (§ 15 Abs. 3 HGB).

Ja!

Nur bei positiver Kenntnis des Dritten von der unrichtig eingetragenen Tatsache scheidet der Vertrauensschutz aus. Die Gutgläubigkeit des Dritten wird widerlegbar vermutet. Geschützt wird ein abstraktes Vertrauen. Der Dritte muss also nicht gerade im Vertrauen auf die unrichtige Eintragung eine Handlung vorgenommen haben. Anzeichen dafür, dass G die Kommanditistenstellung von A kannte, gibt es nicht. Es ist daher von ihrer Unkenntnis auszugehen.

5. Die unrichtige Eintragung wurde durch A zurechenbar veranlasst (§ 15 Abs. 3 HGB).

Genau, so ist das!

Der Vertrauensschutz wirkt nur zu Lasten desjenigen, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war (§ 15 Abs. 3 HGB). Das ist nach herrschender Meinung derjenige, der die unrichtige Eintragung zurechenbar veranlasst hat, indem er den (richtigen oder unrichtigen) Eintragungsantrag gestellt. Ansonsten könnte § 15 Abs. 3 HGB auch zulasten völlig Unbeteiligter wirken. Der Eintritt eines Gesellschafters ist von sämtlichen Gesellschaftern zu bewirken (§§ 161 Abs. 2, 106 Abs. 7 HGB), so auch von A. Es ist davon auszugehen, dass der Eintragungsantrag (auch) durch A gestellt wurde. Es gilt in § 15 Abs. 3 HGB (positive Publizität) also anders als in § 15 Abs. 1 HGB (negative Publizität) das Veranlassungsprinzip, nicht das reine Rechtsscheinprinzip.

6. G kann sich gegenüber A auf die Eintragung berufen, wonach A Komplementärin der Technik124-KG ist (§ 15 Abs. 3 HGB).

Ja, in der Tat!

Der Dritte kann sich gegenüber demjenigen, in dessen Angelegenheit die Tatsache einzutragen war, auf die unrichtig eingetragene Tatsache berufen (§ 15 Abs. 3 HGB). Ihm steht ein Wahlrecht zu: Er kann auch auf den Schutz des § 15 Abs. 1 HGB verzichten und sich stattdessen auf die wirkliche Rechtslage berufen, wenn dies für ihn vorteilhaft ist. G kann sich gegenüber der Technik123-KG sowie gegenüber A auf die Eintragung berufen. A gilt demnach für G als Komplementärin der Technik123-KG.

7. G hat gegen A einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung nach § 433 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 126 S. 1 HGB.

Ja!

Die persönlich haftenden Gesellschafter einer KG (Komplementäre) haften akzessorisch für die Verbindlichkeiten der KG, die während ihrer Mitgliedschaft begründet wurden (§§ 161 Abs. 2, 126 S. 1 HGB). Kommanditisten haften für Gesellschaftsschulden nur bis zur Höhe der im Gesellschaftsvertrag bestimmten Haftsumme. Soweit diese geleistet ist, ist die Haftung ausgeschlossen (§ 171 Abs. 1 HGB). Die Kaufpreisforderung der G ist eine Verbindlichkeit der KG. A war zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit Kommanditistin KG. Gegenüber G gilt sie jedoch aufgrund der unrichtigen Eintragung als Komplementärin (§ 15 Abs. 3 HGB) und haftet als solche für G‘s Kaufpreisforderung (§ 433 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 126 S. 1 HGB).

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