Räum- und Streupflichten
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Eigentümer E vermietet eine Wohnung in seinem Haus an F, die dort mit ihrem Ehemann M lebt. M stürzt nach Schneefall auf dem nicht geräumten Teil des öffentlichen Gehwegs (Behandlungskosten: 5.000 €). Die Räum- und Streupflicht hat die Stadt München nicht auf E übertragen.
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Einordnung des Falls
Räum- und Streupflichten
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. E ist aus dem Mietvertrag verpflichtet, F und M einen gefahrlosen Zugang zur Mietsache zu gewähren (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB). Diese Pflicht hat er verletzt, indem er es unterlassen hat, den Gehweg vor der Straße zu räumen.
Nein, das ist nicht der Fall!
Jurastudium und Referendariat.
2. M ist nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter ("VSD") in den Mietvertrag zwischen E und F einbezogen.
Ja, in der Tat!
3. Wenn die Stadt München die Räum- und Streupflicht auf E übertragen hätte, wäre E verpflichtet gewesen, den Gehweg zu jeder Zeit völlig frei von Schnee zu halten.
Nein!
4. Räum- und Streupflichten können auch eine Haftung aus § 823 Abs. 1 BGB auslösen.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Zavviny
19.9.2020, 15:27:43
Es hätte noch der prima facie Beweis behandelt werden können
Blackpanther
24.3.2022, 12:01:16
Warum hat der BGH in diesem Fall einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter angenommen, aber beispielsweise im Fall mit dem Fußgitter abgelehnt? In letztem wurde ausgeführt, dass ein VSD nur zugunsten der Mitbewohner des Mieters bejaht werden könne, da sonst das Hafungsrisiko des Vermieters ausufern würde. Wenn ich es richtig verstanden habe, war M hier, wenn auch Ehemann der F nur Besucher und eben kein Mitbewohner, weshalb der Mietvertrag - folgt man dem Fußgitter-Fall - für ihn keine Schutzwirkung entfaltet.
Lukas_Mengestu
25.3.2022, 16:57:19
Vielen Dank für den Hinweis, Blackpanther. Das war hier in der Tat missverständlich. Der BGH und die Vorinstanz haben auf die enge Verbindung der E und des M abgestellt (im Originalfall waren sie zum Zeitpunkt des Unfalls noch Lebensgefährten). Ob M in der Wohnung gelebt hat, geht aus den Sachverhalten der beiden Entscheidungen nicht hervor, da sich diese zT auf die unveröffentliche Entscheidung der Ausgangsinstanz bezogen. Das Zusammenleben liegt indes nahe, weswegen wir hier den Sachverhalt noch einmal entsprechend angepasst haben. Denn in der Tat sind Gäste, auch wenn es sich dabei um enge Freunde/Familienmitglieder handelt, nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht in den Mietvertrag über den VSD einbezogen. Vielmehr hat der BGH die Ausdehnung der Haftung des Vermieters an das Zusammenleben und das Bestehen der Hausgemeinschaft geknüpft (vgl. bereits BGH NJW 1951, 596). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Gnu
17.2.2023, 12:09:40
Wenn E zum räumen und streuen verpflichtet wäre, könnte er diese Pflicht dann (Formular-)vertraglich auf den Mieter abwälzen?
Nora Mommsen
17.2.2023, 18:15:44
Hallo Gnu, der Vermieter kann die Räum- und Streupflicht im Mietvertrag auf den Mieter übertragen oder auch in einer Hausordnung regeln, auf die der Mietvetrag verweist. Sind m
ehrere Mieter eines Objekts vorhanden, kann er die Pflicht aber nicht formularmäßig lediglich einem Mieter auferlegen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team