Nebenkläger - Beschwer
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Theo (T) hat Otto (O) mit einem Baseballschläger die Rippe gebrochen. Er wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. O ist Nebenkläger und findet, T hätte „mindestens lebenslänglich“ verdient.
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Einordnung des Falls
Nebenkläger - Beschwer
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Jedes Opfer einer Straftat kann im Strafprozess als Nebenkläger auftreten.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Auch Nebenkläger können im Strafprozess Rechtsmittel einlegen.
Ja!
3. O ist durch die Verurteilung des T beschwert, da dieser lediglich zur Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
L.J
18.1.2023, 16:04:50
Frage zur Vertiefung: Inwiefern wäre eine Revision des Nebenklägers berechtigt, wenn er zusätzlich eine Verurteilung wegen eines versuchten Totschlags begehrt. Spricht Paragraph 400 Abs. 1 Alt. 1 StPO nicht hiergegen? Der versuchte Totschlag ist doch als andere Rechtsfolge der Tat zu verstehen, oder?
Lukas_Mengestu
18.1.2023, 18:02:21
Hallo L.J., vielen Dank für die Nachfrage! Die Urteilsformel bei Verurteilung des Angeklagten besteht aus dem Schuldspruch (§ 260 Abs. 4 S. 1, 2 StPO) sowie dem Rechtsfolgenausspruch (§ 260 Abs. 2, Abs. 4 S. 3, S. 4 StPO). Im Schuldspruch wird die rechtliche Bezeichnung der Tat aufgeführt, letztlich das, was auch Teil der Prüfung im ersten Examen ist. Wegen welcher Delikte hat sich der Angeklagte strafbar gemacht. Der Rechtsfolgenausspruch gibt dagegen über die Folgen der Verurteilung Auskunft. Neben der Strafe (Geld-/Freiheitsstrafe) gehören hierzu auch Maßregeln (§§ 61 ff. StGB). § 400 Abs. 1 StPO steht also einem Rechtsmittel des Nebenklägers nur insoweit entgegen, als er sich auf den Rechtsfolgenausspruch bezieht. Im Hinblick auf den Schuldspruch kann er dagegen Rechtsmittel einlegen, sofern es sich bei der Norm auf die er sich bezieht um ein anschlussfähiges Delikt handelt (§ 395 StPO). Dies ist im Fall des Totschlags der Fall (§ 395 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Ich hoffe, es ist jetzt etwas klarer geworden :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
se.si.sc
18.1.2023, 18:05:51
"Rechtsfolge der Tat" in § 400 I, 1. Var. StPO meint in der Praxis vor allem den klassischen Fall, dass der Nebenkläger der Auffassung ist, die ausgeurteilte Strafe sei zu niedrig, beispielsweise sollte der Täter 4 statt nur 2 Jahre Freiheitsstrafe kriegen (Einzelheiten zur Abgrenzung z.B. bei Meier-Goßner/Schmitt, § 400 Rn. 3 ff.). Darauf allein kann der Nebenkläger die Revision eben nicht stützen. Dein Beispiel betrifft mit dem versuchten Totschlag ein anschlussfähiges Delikt nach § 395 I Nr. 2 StPO. Dass der Angeklagte wegen dieses Delikts (nach Auffassung des Nebenklägers zu Unrecht) nicht verurteilt worden ist, fällt unter § 400 I, 2. Var. StPO (nicht 1. Var.). Aus Var. 2 ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Nebenkläger seine Revision auf die fehlende Verurteilung wegen versuchten Totschlags stützen kann und insoweit beschwert bzw. die Revision insoweit jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist.