Nebenkläger - Beschwer

10. Dezember 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Theo (T) hat Otto (O) mit einem Baseballschläger die Rippe gebrochen. Er wird wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. O ist Nebenkläger und findet, T hätte „mindestens lebenslänglich“ verdient.

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Einordnung des Falls

Nebenkläger - Beschwer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Jedes Opfer einer Straftat kann im Strafprozess als Nebenkläger auftreten.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Nebenklage dient dazu, bestimmten Opfern einer Straftat die Gelegenheit zu geben, im Prozess ihr persönliches Interesse an Genugtuung zu verfolgen. Allerdings steht das Recht zur Nebenklage nicht allen Opfern zu, sondern nur den in § 395 StPO bezeichneten, lebenden Personen, die vom Gesetzgeber als besonders schützenswert eingestuft wurden.Da O Opfer einer gefährlichen Körperverletzung wurde, ist er gem. § 395 Abs. 1 Nr. 3 StPO zur Nebenklage befugt.
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2. Auch Nebenkläger können im Strafprozess Rechtsmittel einlegen.

Ja!

Der Nebenkläger ist gemäß §§ 401, 395 Abs. 4 StPO rechtsmittelbefugt.Nebenkläger kommen in der Revisionsklausur eher selten vor. Solltest Du aber einmal das Vergnügen haben, so achte in der Zulässigkeit vor allem auf die Beschwer sowie auf die Besonderheiten bezüglich der Revisionseinlegungs- und Revisionsbegründungsfrist (dazu später mehr, vgl. § 401 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 StPO). In der Begründetheit musst Du vor allem beachten, dass der Nebenkläger sich nur auf Rechtsverletzungen zulasten des Angeklagten berufen kann. Werden Vorschriften verletzt, die den Angeklagten nur begünstigen sollen (zB letztes Wort nicht erteilt), so kann dies im Ergebnis die Revision nicht begründen.Schau Dir in der Klausur hinsichtlich der Verfahrensrechte des Nebenklägers insbesondere die Kommentierung im M-G/S zu § 397 StPO an!

3. O ist durch die Verurteilung des T beschwert, da dieser lediglich zur Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt wurde.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Nebenkläger ist zur Rechtsmitteleinlegung nur berechtigt, soweit er durch die Entscheidung in seiner Stellung als Nebenkläger beschwert ist. Eine solche Beschwer liegt nicht vor, wenn es ihm allein darauf ankommt, eine Änderung der Rechtsfolge zu erwirken (§ 400 Abs. 1 StPO).O ist lediglich mit dem Strafmaß unzufrieden. Den Schuldspruch (gefährliche Körperverletzung) greift er dagegen nicht an. Insofern fehlt es ihm an der notwendigen Beschwer.Zulässig wäre es dagegen, wenn er sich gegen den Schuldspruch wenden und hier zB zusätzlich die Verurteilung wegen versuchten Totschlags begehren würde.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

L.J

L.J

18.1.2023, 16:04:50

Frage zur Vertiefung: Inwiefern wäre eine Revision des Nebenklägers berechtigt, wenn er zusätzlich eine Verurteilung wegen eines versuchten Totschlags begehrt. Spricht Paragraph 400 Abs. 1 Alt. 1 StPO nicht hiergegen? Der versuchte Totschlag ist doch als andere Rechtsfolge der Tat zu verstehen, oder?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

18.1.2023, 18:02:21

Hallo L.J., vielen Dank für die Nachfrage! Die Urteilsformel bei Verurteilung des Angeklagten besteht aus dem Schuldspruch (§ 260 Abs. 4 S. 1, 2 StPO) sowie dem Rechtsfolgenausspruch (§ 260 Abs. 2, Abs. 4 S. 3, S. 4 StPO). Im Schuldspruch wird die rechtliche Bezeichnung der Tat aufgeführt, letztlich das, was auch Teil der Prüfung im ersten Examen ist. Wegen welcher Delikte hat sich der Angeklagte strafbar gemacht. Der Rechtsfolgenausspruch gibt dagegen über die Folgen der Verurteilung Auskunft. Neben der Strafe (Geld-/Freiheitsstrafe) gehören hierzu auch Maßregeln (§§ 61 ff. StGB). § 400 Abs. 1 StPO steht also einem Rechtsmittel des Nebenklägers nur insoweit entgegen, als er sich auf den Rechtsfolgenausspruch bezieht. Im Hinblick auf den Schuldspruch kann er dagegen Rechtsmittel einlegen, sofern es sich bei der Norm auf die er sich bezieht um ein anschlussfähiges Delikt handelt (§ 395 StPO). Dies ist im Fall des Totschlags der Fall (§ 395 Abs. 1 Nr. 2 StPO). Ich hoffe, es ist jetzt etwas klarer geworden :-) Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

SE.

se.si.sc

18.1.2023, 18:05:51

"Rechtsfolge der Tat" in § 400 I, 1. Var. StPO meint in der Praxis vor allem den klassischen Fall, dass der Nebenkläger der Auffassung ist, die ausgeurteilte Strafe sei zu niedrig, beispielsweise sollte der Täter 4 statt nur 2 Jahre Freiheitsstrafe kriegen (Einzelheiten zur Abgrenzung z.B. bei Meier-Goßner/Schmitt, § 400 Rn. 3 ff.). Darauf allein kann der Nebenkläger die Revision eben nicht stützen. Dein Beispiel betrifft mit dem versuchten Totschlag ein anschlussfähiges Delikt nach § 395 I Nr. 2 StPO. Dass der Angeklagte wegen dieses Delikts (nach Auffassung des Nebenklägers zu Unrecht) nicht verurteilt worden ist, fällt unter § 400 I, 2. Var. StPO (nicht 1. Var.). Aus Var. 2 ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Nebenkläger seine Revision auf die fehlende Verurteilung wegen versuchten Totschlags stützen kann und insoweit

beschwer

t bzw. die Revision insoweit jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen ist.


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