Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Stellvertretung
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die 17-jährige K kennt sich gut mit Elektronik aus. Da ihre Nachbarin N ein neues Handy braucht, bietet sie K €50, wenn sie in die Stadt fährt und dort ein neues Handy für sie aussucht und kauft. K ist einverstanden. N gibt K eine schriftliche Vollmacht und Geld für das Handy mit.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht: Trennung von Vollmacht und Grundgeschäft
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die N hat K wirksam zum Kauf eines neuen Handys bevollmächtigt.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Vertrag mit dem Inhalt, dass die K €50 für die Besorgung bekommen soll, ist wirksam.
Nein!
3. Die Wirksamkeit der Bevollmächtigung ist grundsätzlich unabhängig von der Wirksamkeit des Vertrages (Grundgeschäft).
Genau, so ist das!
Fundstellen
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
QuiGonTim
23.3.2022, 09:53:36
Welche Sonderfälle soll 168 S. 1 BGB regeln? Für mich klingt es so, als würde es für alle Vollmachten gelten, die auf einem
Grundgeschäftfußen.
Lukas_Mengestu
23.3.2022, 18:04:30
Hallo QuiGonTim, § 168 S. 1 BGB regelt den (Normal-)Fall, dass sich das Ende der Vollmacht weder ausdrücklich aus ihrem Inhalt noch im Wege der Auslegung bestimmen lässt. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die Vollmacht für die Dauer des
Grundgeschäfts erteilt worden ist und daher mit dessen Beendigung erlischt (Schäfer, in: BeckOK-BGB, 61.Ed. 01.02.2022, § 168 RdNr. 3). Achtung aber bei Anwaltsprozessen! Hier führt die Kündigung des Mandatsverhältnis (=Erlöschen des Grundverhältnis) ausnahmsweise nicht zum Erlöschen der Prozessvollmacht. Vielmehr muss nach § 87 Abs. 1 ZPO auch noch die Bestellung eines anderen Anwalts angezeigt werden. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Reus04
26.3.2023, 16:23:23
Hey, warum ist hier die Bevollmächtigung unabhängig von dem Grundverhältnis? Was genau ist der Unterschied zu dem Fall aus „Erlöschen der Vollmacht“ wo R ihren Nachbar bittet einen Pfleger einzustellen? Dort wird ja beschrieben, dass die Vollmacht gerade wegen dem Grundverhältnis erlischt.
Reus04
26.3.2023, 16:35:25
Und ist das Vertretergeschäft wirksam?
QuiGonTim
18.9.2023, 23:05:37
Hier geht es darum, dass die Bevollmächtigung wirksam ist, obwohl das Grundverhältnis, der
Geschäftsbesorgungsvertragschwebend unwirksam
ist. Dies dient dem Schutz des Rechtsverkehrs, denn ein Dritter kann oft nicht erkennen, ob das Grundverhältnis wirksam oder unwirksam ist.
Marius
16.7.2023, 19:12:48
Ich verstehe nicht was für K hier rechtlich nachteilig sein soll bzw „ihre Rechtsstellung verschlechtert“. Sie bekommt 50€, das ist ein Vorteil. Sie geht selbst keine Verpflichtung beim Kauf ein, somit kein Nachteil. Wenn der einzige Nachteil darin besteht „in die Stadt fahren zu müssen“ (so ja der Antworttext), ist das doch kein Nachteil auf rechtlicher Ebene.
cann1311
16.7.2023, 20:23:11
Doch, die Verpflichtung (!) Zur geschäftsbesorgung ist rechtlich Nachteilhaft. Als Faustformel kannst du dir merken: immer wenn der MJ was machen *muss*, ist es rechtlich nachteilhaft
Marius
16.7.2023, 20:24:37
Danke für die Erklärung und die Faustregel. :)
cann1311
16.7.2023, 20:30:18
"Begründet oder aufheben" kann man sich gut merken, da es in § 8 BGB steht, indem es auch um MJ geht. Nicht auswendig lernen, ins Gesetz schauen 😉
Niklas3461
2.7.2024, 15:10:10
Warum wird die Trennung als der Grundsatz und § 168 S. 1 als die Ausnahme gesehen?