Öffentliches Recht

VwGO

Feststellungsklage

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Abwehr drohender Normsetzung

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Abwehr drohender Normsetzung

10. Dezember 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Die Satzung der Stadtbibliothek soll demnächst dahingehend ergänzt werden, dass die Nutzer nur noch 10 Bücher gleichzeitig ausleihen können. Leseratte L liest 10 Bücher an einem Tag und will nicht jeden Tag wieder kommen müssen, um sich neue Bücher auszuleihen.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Feststellungsklage: Abwehr drohender Normsetzung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L will sich gegen den Erlass von untergesetzlichen Normen wenden. Statthaft ist eine vorbeugende Normenkontrolle (§ 47 VwGO).

Nein, das ist nicht der Fall!

So, wie das Rechtsschutzsystem der VwGO keine vorbeugende Anfechtungsklage vorsieht, ist auch eine vorbeugende Normenkontrolle nicht vorgesehen und daher unstatthaft. Eine Normenkontrolle nach § 47 VwGO setzt eine bestehende untergesetzliche Rechtsvorschrift voraus. Weiterhin handelt es sich bei der Normkontrolle um ein objektives Beanstandungsverfahren. Für den subjektiven Rechtsschutz sieht die VwGO andere Klagearten vor. Somit bedarf es auch keiner analogen Anwendung von § 48 VwGO. L will sich gegen die geplante Ergänzung der Satzung, also gegen den bevorstehenden Erlass einer untergesetzlichen Norm wenden. Allerdings ist die Normenkontrolle unstatthaft, weil die Normen, gegen die sich L wenden will, noch nicht erlassen wurden.
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2. Es ist umstritten, ob ein Kläger sich überhaupt vorbeugend gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung untergesetzlicher Normen wenden kann.

Ja, in der Tat!

Nach einer Ansicht kann ein Kläger die vorbeugende Unterlassungsklage gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung einer untergesetzlichen Norm erheben. Problematisch ist in diesen Fällen, ob das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des Klägers vorliegt. Dies dürfte meistens nicht der Fall sein. Es handelt sich hierbei aber um eine Frage, die erst im Rahmen der Klagebefugnis bzw. separat im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses thematisiert werden muss.

3. Begehrt der Kläger vorbeugenden Rechtsschutz gegen den Erlass von Normen, ist unstreitig die allgemeine Leistungsklage in Form der Unterlassungsklage statthaft.

Nein!

Neben der Frage, ob vorbeugender Rechtsschutz gegen den Erlass von Normen überhaupt statthaft sein soll, ist auch umstritten, welche Klageart in Betracht kommt. Nach einer Ansicht kann ein Kläger die vorbeugende Unterlassungsklage - als Form der allgemeinen Leistungsklage - gegen den bevorstehenden Erlass oder die Änderung einer untergesetzlichen Norm - erheben. Dafür spricht die Subsidiarität der Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO). Die Leistungsklage ist in den meisten Fällen auch rechtsschutzintensiver.

4. Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage spricht das Gewaltenteilungsprinzip (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG).

Genau, so ist das!

Der Subsidiaritätsgrundsatz (§ 43 Abs. 2 S. 1 VwGO) spricht zunächst für die Statthaftigkeit der allgemeinen Leistungsklage gegen den geplanten Erlass von Normen. Allerdings greift der vorbeugende Rechtsschutz in einen noch nicht abgeschlossenen Entscheidungsprozess der Verwaltung ein und berührt damit den Gewaltenteilungsgrundsatz (Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG). Dieser Eingriff ist weniger intensiv, wenn das Gericht "nur" feststellt, dass die Verwaltung eine gewisse Art von Normen nicht erlassen darf (= Feststellungsklage), als wenn ein vollstreckbares Urteil auf eine allgemeine Leistungsklage ergeht. Vorbeugender Rechtsschutz ist insgesamt eher selten und eine Ausnahmeerscheinung im Rechtsschutzsystem der VwGO.

5. Auch wenn man die vorbeugende Feststellungsklage als statthaft ansieht, ist sie nur zulässig, wenn L nicht auf repressiven Rechtsschutz verwiesen werden kann.

Ja, in der Tat!

Präventiver Rechtsschutz ist nach der Systematik des Gesetzes eine Ausnahme. Zulässig ist er nur dann, wenn es dem Kläger nicht zuzumuten ist, auf repressiven Rechtsschutz verwiesen zu werden, also z.B. den Erlass von Normen abzuwarten und erst dann gegen sie vorzugehen. Die Frage der Zumutbarkeit ist allerdings nicht in der Statthaftigkeit, sondern vielmehr gesondert im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses zu klären. Die vorbeugende Feststellungsklage, gerichtet auf die Feststellung, dass die Stadt die geplanten Normen nicht erlassen darf, ist statthaft. Thematisiere die Besonderheit des präventiven Rechtsschutz gerne schon in der Statthaftigkeit, vertiefe es aber erst beim Rechtsschutzbedürfnis.
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