Vertraglicher Ausschluss

23. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und B stehen im Kolben Café. A braucht "Kleingeld" um ihren Moccachino zu bezahlen. Sie bittet B darum, einen €100 Schein klein zu wechseln. B macht dies gerne. Sie gibt A aber nur €40 zurück, mit dem Hinweis, dass A ihr noch €60 schuldet. Da Monatsende ist, braucht A das ganze Geld.

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Einordnung des Falls

Vertraglicher Ausschluss

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A hatte nach Abschluss des Tauschvertrages einen Anspruch darauf, dass B ihr €100 Wechselgeld zurückgibt (§ 480 BGB).

Ja!

Für den Tauschvertrag gelten die Regelungen des Kaufvertrages (§§ 433 ff. BGB) entsprechend. Entsprechend ist der Tauschpartner beim Tauschvertrag verpflichtet, die vereinbarte Tauschsache zu zu übergeben und zu übereignen (§§ 480 Abs. 1, 433 Abs. 1 BGB). B schuldete A aufgrund ihrer Vereinbarung €100 Wechselgeld.
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2. As Anspruch könnte durch Aufrechnung der B in Höhe von €60 erloschen sein (§ 389 BGB).

Genau, so ist das!

Die Aufrechnung setzt eine Aufrechnungslage (§§ 387, 390 BGB) und eine Aufrechnungserklärung (§ 388 BGB) voraus. Zudem darf die Aufrechnung nicht ausgeschlossen sein (§§ 392-394 BGB).

3. Eine Aufrechnungslage liegt vor.

Ja, in der Tat!

Eine Aufrechnungslage liegt vor, wenn der Aufrechnende eine gegenseitige, gleichartige, fällige und durchsetzbare Gegenforderung besitzt, und die Hauptforderung wirksam und erfüllbar ist. A und B stehen gegenseitig Geldforderungen zu. Bs Forderung ist sofort (§ 271 Abs. 1 BGB) fällig und einredefrei. As Wechselgeldforderung ist wirksam und erfüllbar.

4. Indem B auf die ausstehenden Schulden verwies, hat sie A gegenüber die Aufrechnung erklärt (§ 388 BGB).

Ja!

Es handelt sich bei der Aufrechnungserklärung um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, auf welche die allgemeinen Regeln zu Rechtsgeschäften (§§ 104 ff. BGB) anwendbar sind. Der Begriff "Aufrechnung" muss nicht explizit verwendet werden.Aus dem Umstand, dass B der A nur €40 zurückgab und ihrem Hinweis auf die noch bestehende Schuld der A ergibt sich, dass B insoweit aufrechnen will.

5. B konnte somit wirksam aufrechnen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Bei der Prüfung der Aufrechnung ist zum Schluss immer an den Ausschluss der Aufrechnung zu denken! Dieser ist durch Gesetz oder vertragliche Vereinbarung möglich. Ein vertraglicher Ausschluss ist dabei auch konkludent möglich. A und B haben den Aufrechnungsausschluss nicht ausdrücklich vereinbart. Sinn und Zweck des Geldwechselns besteht indes darin, dass andere Geldstücke oder Scheine vollständig zurückgegeben werden. Aus der Natur des Rechtsverhältnisses ergibt sich insoweit, dass ein Aufrechnungsverbot vereinbart war. Aufrechnungsverbote ergeben sich auch aus Formulierungen wie "effektiv", "cash on delivery", "netto Kasse gegen Rechnung und Verladepapiere".
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

L

L

4.12.2021, 15:32:23

Es wäre noch sehr hilfreich, wenn Ihr ein paar Fälle zu den Aufrechnungsverboten hinzufügen könntet :)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.12.2021, 14:19:45

Danke für den Hinweis, L! Auch diesen Bereich werden wir schon bald ausbauen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

Dave K. 🦊

Dave K. 🦊

10.4.2022, 21:50:27

Schließe mich dem L an 😄

antoniasophie

antoniasophie

29.6.2022, 23:09:16

Ja, das wäre super 👍🏻

BEBE

Benni Bertelmann

5.11.2022, 14:55:24

Weitere Fälle wären hier echt super. Der Bereich ist ja durchaus immer wieder Gegenstand von Examensklausuren. :)

Simon

Simon

7.2.2024, 22:09:21

MMn ist die Aufrechnungslage hinsichtlich der Gleichartigkeit der Forderungen schon sehr zweifelhaft. Geldforderung ist nicht gleich Geldforderung (s. zB § 245 BGB). Hier stand der A gerade keine Wertsummenschuld zu, vielmehr kam es ihr aus obj. Empfängersicht (§§ 133, 154 BGB) auf die Zahlung in Münzen bzw. Scheinen einer bestimmten Größenordnung an (ein Wechsel in zwei 50€-Scheine hätte ihr bspw. wenig gebracht). Dogmatisch lässt sich das auch daran festmachen, dass § 480 BGB in diesem Fall für das Wechselgeld eben nicht auf § 433 II, sondern auf § 433 I 1 BGB verweist. Es hätte auch wenig Sinn, beide Haupt

leistungspflichten

nach §§ 480, 433 II BGB zu behandeln, da ein

synallagma

tischer Vertrag des Inhalts "Zahlung von 100€ gegen Zahlung von 100€" keinen (wirtschaftlichen) Mehrwert hätte. Vgl. hierzu auch Köhler/Lorenz, PdW Schuldrecht I, 22. Aufl. 2014, Fall 150 m.w.N.

TI

Timurso

8.2.2024, 11:08:35

Ja, würde ich auch so sehen. Beim Tauschvertrag kommt es gerade auf konkrete Sachen an und nicht auf den dahinterstehenden Wert. Auch, wenn es sich bei den Sachen um Geldscheine handelt.


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