Effektive Hilfe bei Verteidigerkonsultation


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Klassisches Klausurproblem

B wird wegen des Verdachts, wertvolle Juwelen aus dem Grünen Gewölbe in Dresden gestohlen zu haben, um Mitternacht festgenommen. Zu Beginn der nächtlichen Vernehmung wird er von Polizist P auf sein Recht zu schweigen und sein Verteidigerkonsultationsrecht hingewiesen. B sagt, dass er ohne Anwalt nichts sagen werde. P reicht ihm ein Telefon. Der einzige Anwalt, den B kennt, schläft aber. Als B dies P mitteilt sagt dieser nur „Pech gehabt!“ und befragt B solange weiter, bis B gesteht.

Einordnung des Falls

Effektive Hilfe bei Verteidigerkonsultation

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. B wurde ordnungsgemäß nach § 136 Abs. 1 S. 2 StPO belehrt.

Ja, in der Tat!

Der Beschuldigte hat in jeder Phase des Verfahrens das Recht auf Beiziehung eines frei gewählten Verteidigers (§ 137 Abs. 1 StPO, Art. 6 Abs. 3c EMRK). Über sein Recht auf Konsultation eines Verteidigers ist der Beschuldigte vor der Vernehmung zu belehren (§§ 136 Abs. 1 S. 2 iVm 163a Abs. 3 S. 2StPO). Darüber wurde B aufgeklärt.

2. Die fehlende Belehrung über die Verteidigerkonsultation führt grundsätzlich zu einem Verwertungsverbot.

Ja!

Der Verstoß gegen die Belehrungspflicht des § 136 Abs. 1 S. 2 StPO führt grundsätzlich zu einem Verwertungsverbot. Das gilt grundsätzlich auch bei unterlassener Belehrung über das Recht der Verteidigerkonsultation. Denn die Möglichkeit, sich des Beistands eines Verteidigers zu bedienen, gehört zu den wichtigsten Rechten des Beschuldigten. Die Pflicht zur Belehrung über die Verteidigerkonsultation ist ebenso wichtig wie die Belehrung über das Schweigerecht. Beide Rechte des Beschuldigten hängen eng zusammen und sichern zum Schutz des Beschuldigten grundlegend seine verfahrensmäßige Stellung. Gerade die Verteidigerkonsultation dient dazu, den Beschuldigten zu beraten, ob er von seinem Schweigerecht Gebrauch macht oder nicht.

3. P hat alles Erforderliche getan.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Vernehmende muss nicht nur belehren, sondern ist auch verpflichtet, dem Beschuldigten bei der Herstellung des Kontakts zu einem Verteidiger in effektiver Weise zu helfen, wenn ein Verteidiger gewünscht wird (§ 136 Abs. 1 S. 3 StPO). Auf bestehende anwaltliche Notdienste muss hingewiesen werden (§ 136 Abs. 1 S. 4 StPO). Unzulässig ist es, dem Beschuldigten die Bereitschaft zur Hilfe bei der Kontaktaufnahme durch bloße Scheinaktivität vorzutäuschen und die von vornherein erwartete Erfolglosigkeit zur Fortsetzung des Vernehmungsversuchs auszunutzen. Hier war das bloße Überreichen des Telefons eher geeignet, den B zu entmutigen; die Telefonnummer des anwaltlichen Notdienstes hat P dem B dagegen vorenthalten.

4. P durfte aber die Vernehmung fortsetzen.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Fortsetzung der Vernehmung in Abwesenheit des Verteidigers ist nach Äußerung des Wunsches nach einem Verteidiger nur dann zulässig, wenn (1) der Beschuldigte nach erneuter Belehrung über das Recht zur Verteidigerkonsultation in frei verantwortlicher Entscheidung damit einverstanden ist und (2) dem ernsthafte Bemühungen des Vernehmungsbeamten vorangegangen sind, dem Beschuldigten bei der Herstellung des Kontaktes zu einem Verteidiger zu verhelfen. Der Beschuldigte soll nicht davon ausgehen, dass er nur diesen „einen Versuch“ hatte. Verstöße gegen die Pflicht zur effektiven Mitwirkung führen sonst in der Regel zu einem Verwertungsverbot. Hier fehlte es an einem weiteren Einverständnis des B und an einem ernsthaften Bemühen des P.

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Leporello

Leporello

4.1.2022, 21:32:38

Wieso soll P ordnungsgemäß belehrt haben, obwohl er nicht alles erforderliche getan hat?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.1.2022, 17:54:16

Hallo Leoporello, gefragt war zunächst nach der Belehrung nach § 136 Abs. 1 S. 2 StPO. Für diese genügt aber auf das Recht hinzuweisen, sich einen Verteidiger zu nehmen. Die weiteren Pflichten folgen dagegen aus § 136 Abs. 1 S. 3, 4, 5 StPO. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

mel1997

mel1997

13.5.2022, 16:06:52

Hi! Was folgt jetzt daraus, dass der Vernehmende gegen § 136a I S. 3 und 4 verstoßen hat? Ebenfalls ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Aussagen die danach getätigt wurden?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

23.6.2022, 14:11:09

Hallo mel1997, der Verstoß gegen § 136 Abs. 1 S. 3, 4 StPO führt nicht automatisch zu einem Verwertungsverbot. Denn diese Verstöße kommen im Gewicht einer völlig fehlenden Belehrung nicht annähernd gleich. Hier hängt die Frage der Verwertbarkeit deshalb von einer konkret einzelfallbezogenen Abwägung ab (vgl. KK-StPO/Diemer, 8. Aufl. 2019, StPO § 136 Rn. 14). Das Aufklärungsinteresse an der Tat ist dabei mit jeweiligen Verfahrensgeschehen/Verfahrensfehler abzuwägen (vgl. BGH NStZ 2006, 236 Rn. 5). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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