Fehlender Eröffnungsbeschluss
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Staatsanwältin erhebt Anklage gegen den Serienmörder M. Das Gericht liest sich die Anklage durch, teilt sie dem M mit und lädt ihn dann zur Hauptverhandlung. Am fünfzigsten Verhandlungstag und nach 100 Zeugenvernehmungen fällt dem Verteidiger des M auf, dass das Gericht den Eröffnungsbeschluss vergessen hat.
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Einordnung des Falls
Fehlender Eröffnungsbeschluss
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ohne Eröffnungsbeschluss darf das Gericht den M nicht verurteilen.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Eröffnungsbeschluss ist nach Beginn der Hauptverhandlung nicht mehr nachholbar.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Dogu
4.4.2024, 12:21:05
Das geht aus den genannten §§ 217, 218 StPO jedenfalls nicht unmittelbar hervor.
HenniPotter
6.4.2024, 09:30:40
Die Ladung, mit der sich die §§ 217, 218 StPO befassen, dient der Vorbereitung auf die Verhandlung. Der EB erfüllt den gleichen Zweck. Denn der Angeklagte erhält zwar die Anklageschrift, aber es besteht ja die Möglichkeit, dass das Gericht die Anklageschrift gar nicht in der Form zulässt (weil es zum Beispiel nicht wegen allen Taten den hinreichenden TV als gegeben ansieht). Der EB soll dem Angeklagten bzw. seinem Verteidiger verdeutlichen gegen was er sich verteidigen muss bzw. gegen was der Verteidiger ihn verteidigen muss (darauf kann man dann die Verteidigungsstrategie aufbauen). Die notwendige Vorbereitung - wie sie auch die Ladung sichern soll - wird dadurch gewährleistet, dass entsprechend den 217,218 der Angeklagte bei einem fehlenden EB dann eben genauso wie bei einer zu kurzen Ladungsfrist die Aussetzung beantragen kann.
Leporello
9.8.2024, 17:55:56
Die Erklärung „Denn der Angeklagte wird dadurch geschützt, dass er die Aussetzung des Verfahrens verlangen kann (§§ 217, 218 StPO). Es bedarf dann auch keiner Wiederholung der bisherigen Hauptverhandlung oder der erneuten Verlesung der Anklageschrift.“ ist missverständlich, weil ja gerade in dem Fall, wenn der Angeklagte die Aussetzung verlangt und ausgesetzt wird, dann doch mit der Hauptverhandlung neu begonnen werden muss, inklusive Verlesung der Anklageschrift. 
flari0n
4.11.2024, 22:46:53
Ich stimme dir zu, denn ich habe die Erklärung zunächst auch nicht verstanden. Ich glaube gemeint ist, dass er - quasi zu Beginn der Hauptverhandlung - die Aussetzung hätte verlangen können. Nach 50 (weiß nicht mehr, wieviele in der Aufgabe stehen) Verhandlungstagen wird er aber bereits selbst zur Sache vernommen worden sein, sodass er nach § 217 Abs. 2 StPO die Aussetzung mittlerweile nicht mehr verlangen kann. Das steht aber der Nachholung des
Eröffnungsbeschlusses nicht im Wege. Finde auch, dass man das präzisieren sollte :)
Wysiati
20.12.2024, 20:57:50
@[flari0n](207363) wäre das der Fall würde doch das Argument der h.M. nicht mehr greifen, der Angeklagte wäre schließlich nicht mehr geschützt. Dann würde es an einer Begründung mangeln, dafür, dass der
Eröffnungsbeschlussnachgeholt werden darf. Also kann das doch auch nicht richtig sein, oder?
2cool4lawschool
12.1.2025, 12:01:28
also im M/G § 203, Rn. 4 unten steht, dass man für den Fall, dass der EB in der HV nachgeholt wird, die Verhandlung erst dann fortsetzen darf, nachdem man über die Möglichkeit belehrt wurde, einen Antrag auf Aussetzung zu stellen. So wird der Schutz quasi gewährleistet. Man wendet §§ 217, 218 StPO entspr. für diesen Fall an ...Finde, das greift in der Aufgabe viel zu kurz.