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besonders examenstauglich

Professor P kauft von den Studenten A und B deren WG-Kaffeemaschine unter Vereinbarung eines umfassenden Haftungsausschlusses für Sachmängel. Die Kaffeemaschine ist jedoch schon seit längerem mangelhaft, da sie einen ständigen Wackelkontakt hat. Von diesem Mangel weiß nur der Kaffeeliebhaber A; er verschweigt ihn jedoch arglistig.

Einordnung des Falls

§ 444 bei Verkäufermehrheit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. P kann gegen A Mängelrechte geltend machen, soweit der Haftungsausschluss unwirksam ist (§ 444 BGB).

Ja, in der Tat!

Der Verkäufer kann sich auf einen vertraglichen Gewährleistungsausschluss „nicht berufen“, soweit er den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Beschaffenheitsgarantie übernommen hat (§ 444 BGB). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Arglist ist der Zeitpunkt der Vereinbarung des Haftungsausschlusses. Bedingter Vorsatz reicht aus. Es genügt daher, dass der Verkäufer den Mangel gekannt oder sein Vorliegen für möglich gehalten und trotzdem geschwiegen hat. A hat P arglistig nicht auf den Mangel hingewiesen, obwohl ein Wackelkontakt der Kaufsache von wesentlicher Bedeutung ist.

2. P kann gegen B keine Mängelrechte geltend machen, weil B mangels Kenntnis vom Mangel diesen nicht selbst arglistig verschweigen konnte (§ 444 BGB).

Nein!

Verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich nach hM sämtliche Verkäufer nach § 444 BGB nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen. Denn sonst würden die Rechte des Käufers erheblich beschränkt, etwa wenn der Käufer dem Ausschluss der Mängelhaftung nur deshalb zugestimmt hat, weil ein Mitverkäufer einen Mangel arglistig verschwiegen hat. Vielmehr muss die Verkäufermehrheit im Innenverhältnis dafür Sorge tragen, dass die im Verhältnis zu dem Käufer bestehenden Offenbarungspflichten erfüllt werden, um insgesamt von dem Ausschluss der Sachmangelhaftung profitieren zu können.

3. Sofern dem P ein Schaden entstanden ist, kann er diesen ebenfalls auch gegenüber B geltend machen (§§ 280ff. BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Schadensersatzansprüche der §§ 280ff., 311a Abs. 2 BGB setzen Vertretenmüssen voraus (§ 280 Abs. 1 S. 2 ). BGH: Das für die Schadensersatzpflicht erforderliche Verschulden im Sinne von § 276 BGB müsse – wie in § 425 BGB vorgesehen – bei jedem einzelnen Verkäufer vorliegen, um dessen Haftung zu begründen (RdNr. 16).

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Milian

Milian

27.5.2021, 19:16:17

Die Feststellung bei Frage 1 ist etwas ungenau. Es sollte besser bei der ersten Frage heißen, dass der Gewährleistungsanspruch "insoweit unwirksam" ist. Ausweislich des Wortlauts von 444 BGB ("soweit") bleibt der Gewährleistungsanspruch außerhalb des verschwiegenen Mangels für etwaige weitere Mängel nämlich wirksam.

Tigerwitsch

Tigerwitsch

28.5.2021, 09:54:29

Stimmt, es gilt eine sog. beschränkte Unwirksamkeit 👍🏻 Ursprünglich war nicht geklärt, wie weit die Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses reicht. Durch das „Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträgen bei Finanzdienstleistungen“ (BGBl. I 2004, Seite 3102) hat der Gesetzgeber - durch das Wort „soweit“ anstelle „wenn“ - klargestellt, dass der Haftungsausschluss nur „soweit“ unwirksam ist, wie die Beschaffenheitsgarantie beziehungsweise des arglistigen Verschweigens reicht. Damit hat sich der Gesetzgeber ausdrücklich für eine beschränkte Unwirksamkeit entschieden. Vgl. nur Pammler, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger (Hrsg.), jurisPK-BGB, 9. Aufl. 2020 (Stand: 25.05.2021), § 444 Rn. 86 f.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

28.5.2021, 15:48:56

Absolut berechtigter Hinweis :) wir haben das entsprechend angepasst. Danke euch!

ANDEU

Andeutungstheorie

6.1.2022, 10:34:39

Muss sich B nicht das Verschulden des A nach 278 zurechnen lassen ?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

7.1.2022, 10:43:47

Hallo

Andeutungstheorie

, für die Zurechnung nach § 278 BGB ist es erforderlich, dass es sich bei A um einen Erfüllungsgehilfen handelt, also eine Person, die mit Wissen und Wollen des Geschäftsherrn die dem Geschäftsherrn als Schuldner aus einem bestehenden Schuldverhältnis mit einem Dritten obliegenden Pflichten wahrnimmt. Dies setzt voraus, dass die Person gerade zu diesem Zweck eingesetzt wurde und nicht nur eigene Interessen wahrnimmt. Da A selbst Vertragspartei geworden ist, handelt er hier in erster Linie in eigenem Interesse. Im Ausgangsfall hatte der BGH die Haftung des B allerdings deshalb bejaht, da B die Verschuldensvermutung des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB nicht entkräften konnte und ihn somit auch eigenes Verschulden traf. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

EVA

evanici

30.8.2023, 11:52:49

Und wieso stellt man nicht auf § 166 analog ab?

Merle_Breckwoldt

Merle_Breckwoldt

30.4.2024, 16:30:32

Hallo evanici, die Gegenauffassung zieht tatsächlich § 166 BGB (analog) heran! Danach würde für den selbst nicht-arglistigen Verkäufer eine Berufung auf den Gewährleistungsausschluss gem. § 444 BGB nur dann ausscheiden, wenn er sich die Arglist seines Mitverkäufers gem. § 166 BGB (analog) zurechnen lassen muss. Das Problem an dieser Ansicht ist, dass bei einer Verkäufermehrheit unterschiedlichste Vertretungskonstellationen denkbar sind und deswegen Schutzlücken für den Käufer entstehen können. So ist in unserem Fall zwar nicht ersichtlich, ob A oder B die Vertragsverhandlungen geführt hat, wer also möglicherweise Vertretener und wer Vertreter war. Wenn wir aber einmal unterstellen, dass der B den A vertrat, scheidet nach der Mindermeinung eine Zurechnung aus (§ 166 I BGB) und K könnte sich nicht an B halten. (vgl. Rn. 22 im Urteil) Viele Grüße, Merle für das Jurafuchs-Team

Fuller at H(e)art

Fuller at H(e)art

21.12.2023, 23:43:09

Dass gegen B unter keinen Umständen Schadensersatzansprüche bestehen sollen, erscheint zweifelhaft. Zwar hat B keine Kenntnis des Mangels, folglich die ursprüngliche Schlechtleistung nicht zu vertreten. Damit ist aber nicht gesagt, dass B nicht den erfolglosen Ablauf einer etwaig durch P gesetzen Nachfrist zu vertreten haben könnte. Für einen Schadensersatzanspruch aus 437 Nr.3,280 I, III,281 I 1 Alt.1 ist ein solches Vertretenmüssen des Fristablaufs aber gerade ausreichend.


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