Nachtragsanklage - Entbehrlichkeit eines Einbeziehungsbeschlusses

19. Februar 2025

3 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird im Prozess wegen einer weiteren Tat angeklagt. Die Nachtragsanklage wird A und ihrer Verteidigerin ausgehändigt, verlesen, die Einbeziehung beantragt und zu Protokoll genommen. A stimmt zu. Ein Beschluss ergeht nicht. Die anfänglich angeklagten Taten werden eingestellt (§§ 154, 154a StPO).

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Einordnung des Falls

Nachtragsanklage - Entbehrlichkeit eines Einbeziehungsbeschlusses

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Nachtragsanklage und der Einbeziehungsbeschluss stellen Verfahrensvoraussetzungen dar.

Ja, in der Tat!

Wie Anklage (§ 200 StPO) und Eröffnungsbeschluss (§ 203 StPO) sind Nachtragsanklage und Einbeziehungsbeschluss (§ 266 StPO) von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzungen. Das Fehlen führt regelmäßig zur Einstellung des Verfahrens (§ 354 Abs. 1 StPO).
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2. Da es hier an einem formellen Einbeziehungsentschluss fehlt, liegt ein Verfahrenshindernis vor.

Nein!

Der Einbeziehungsbeschluss ist entbehrlich, wenn das Gericht unzweifelhaft die neuen Taten zum Gegenstand der Verhandlung machen wollte, allen Beteiligten dies bewusst war und der Angeklagte genau erkannt hat, welche weiteren Handlungen ihm zur Last gelegt wurden und welchen gesetzlichen Tatbestand sie erfüllten. Der Einbeziehungsbeschluss ist die eindeutig hervortretende Willenserklärung des Gerichts, die Verhandlung über die neue Tat zu eröffnen. Unter den oben genannten Voraussetzungen wird dieser Zweck auch ohne ausdrücklichen Beschluss erreicht. A wurde die Nachtragsanklage ausgehändigt, diese wurde verlesen und A stimmte zu. Die übrigen Taten wurden eingestellt, wodurch für A klar erkennbar war, dass nur noch die nachträglich angeklagte Tat Gegenstand des Verfahrens war. Teile der Literatur lehnen diese Ausnahme wegen der bedeutenden Folgen der Einbeziehung ab.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FI

fisko

16.12.2024, 13:27:49

Ist die 1. Frage, ob

Nachtragsanklage

und Einbeziehungsbeschluss beides Prozessvoraussetzungen sind, nicht zumindest mehrdeutig? Die hM sagt (wenn ich eure vorhergehende Erklärung richtig verstanden habe) zur

Nachtragsanklage

, dass es sich um einen Verfahrensbestandteil handelt, dessen Verletzung der Be

schuld

igte zu rügen hat und eben keine von Amts wegen zu berücksichtigende Verletzung einer Prozessvoraussetzung vorliegt. In dem Moment, wo die Frage aber beides "über einen Kamm schert", wird doch die Mindermeinung angenommen oder zumindest impliziert, dass es unstreitig sei.

AVE

Avempai

28.12.2024, 19:31:35

Ich hatte erst dieselbe Frage, aber man muss m.E. differenzieren: Nur das Fehlen der Zustimmung des Angeklagten zur Einbeziehung soll nach hM kein in jeder Lage des Verfahrens zu beachtendes Prozesshindernis sein (MGS, §

266 StPO

Rn. 14), sodass eine Rüge erforderlich ist. Die Nichterhebung der

Nachtragsanklage

in einer den Mindestanforderungen entsprechenden Form (MGS, §

266 StPO

Rn. 6) sowie das Fehlen des Einbeziehungsbeschlusses (MGS, §

266 StPO

Rn. 20) ist jedoch (scheinbar unstreitig) ein vAw zu beachtendes Prozesshindernis.

QUEERS

QueerSocialistLawyer

15.2.2025, 12:50:44

Könnte es sein, dass die Einstellung, unterstellt, ein Beschluss wäre erforderlich gewesen, wie in der letzten Aufgabe nach § 206a StPO erfolgt? Und ist der Beschluss des Gerichts eine Willenserklärung oder eine Prozesshandlung? (Letzte Frage)


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