Schwarzkieferfall – Selbsthilferecht des gestörten Nachbarn auch bei Absterben des Baumes


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Auf dem Grundstück der A steht eine hohe Schwarzkiefer. Diese ragt mit ihren Zweigen auf das Grundstück des B und stört ihn in der Nutzung seines Gartens. Nachdem B A erfolglos eine Frist zum Zurückschneiden der Kiefer gesetzt hat, schneidet B selbst die Zweige ab.

Einordnung des Falls

Schwarzkieferfall – Selbsthilferecht des gestörten Nachbarn auch bei Absterben des Baumes

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Eigentümer kann auf sein Grundstück überragende Zweige eines Baumes eines benachbarten Grundstücks selbst zurückschneiden (§ 910 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

§ 910 BGB gewährt ein beschränktes Selbsthilferecht. Der Eigentümer eines Grundstücks kann Baumwurzeln und herüberragende Zweige, die in sein Grundstück eindringen, abschneiden. Das Selbsthilferecht besteht nicht, wenn der Überhang die Grundstücksbenutzung nicht beeinträchtigt (§ 910 Abs. 1 BGB).Das Selbsthilferecht besteht neben dem Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB.

2. Darf B die herüberragenden Zweige abschneiden (§ 910 Abs. 1 BGB)?

Ja, in der Tat!

§ 910 BGB gewährt ein Selbsthilferecht des Eigentümers eines Grundstücks, in sein Grundstück eindringende Baumwurzeln und Zweige abschneiden. Das Recht besteht nicht, wenn der Überhang die Grundstücksbenutzung nicht beeinträchtigt (§ 910 Abs. 2 BGB). Vor dem Abschneiden von Zweigen muss der Eigentümer dem Nachbarn erfolglos eine Frist zur Beseitigung setzen. Es ragen Zweige auf Bs Grundstück. Diese stören B in der Nutzung seines Gartens. Er hat A erfolglos eine Frist zum Zurückschneiden der Kiefer gesetzt. B hatte also das Recht, die Zweige abzuschneiden.

3. Besteht das Recht zur Beseitigung von überhängenden Zweigen auch dann, wenn durch das Abschneiden die Schwarzkiefer abstirbt?

Ja!

Voraussetzung des Selbsthilferechts ist grundsätzlich nur, dass die Nutzung des Grundstücks durch den Überhang beeinträchtigt wird. Das Selbsthilferecht aus § 910 Abs. 1 BGB soll nach der Vorstellung des Gesetzgebers einfach und allgemein verständlich ausgestaltet sein. Es unterliegt daher keiner Verhältnismäßigkeits- oder Zumutbarkeitsprüfung.A hatte als Eigentümer des Baums durch die Fristsetzung die Möglichkeit, seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung seines Grundstücks nachzukommen und so das Absterben zu verhindern. Dies ist nicht geschehen. An dem Selbsthilferecht ändert sich deshalb nichts. Anders verhält es sich, wenn der Baum naturschutzrechtlich geschützt ist. Dann kann sich hieraus eine Duldungspflicht für den gestörten Nachbarn ergeben.

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