Verjährung mit erstmaligem Herüberwachsen

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

As Fichte ragt seit 2016 in das Grundstück der B. Dadurch ist die Nutzung von Bs Garten beeinträchtigt. 2022 setzt B der A eine Frist, die herumüberragenden Äste zu entfernen, die A verstreichen lässt. A beruft sich darauf, dass Bs Abwehranspruch verjährt sei.

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Einordnung des Falls

Verjährung mit erstmaligem Herüberwachsen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Voraussetzungen des Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB liegen vor.

Genau, so ist das!

Der Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer ist, (2) eine Eigentumsbeeinträchtigung vorliegt, (3) der Anspruchsgegner Störereigenschaft hat, und (4) keine Pflicht zur Duldung der Störung besteht.In dem Herüberragen der Zweige liegt eine Verletzung von Bs Eigentum, welche anhält. Anspruchsgegnerin ist A als Störerin. B ist nicht zur Duldung verpflichtet.
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2. Der Abwehranspruch aus § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB ist unverjährbar (§ 902 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Ansprüche aus eingetragenen Rechten verjähren nicht (§ 902 Abs. 1 S. 1 BGB). Das Eigentum am Grundstück ist ein eingetragenes Recht. Unverjährbar sind deshalb alle Ansprüche, die der Verwirklichung des eingetragenen Rechts selbst dienen und sicherstellen, dass die Grundbucheintragung nicht zu einer bloßen rechtlichen Hülse wird (zB § 985 BGB).Die Regelung ist nicht auf den Beseitigungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB anwendbar. § 1004 BGB betrifft nämlich die Abwehr von Störern bei der Ausübung des eingetragenen Rechts und nicht die Verwirklichung des eingetragenen Rechts (Eigentum). Die Verjährung richtet sich daher nach der Regelverjährungsfrist (§ 195 BGB). Der Anspruch verjährt daher innerhalb von drei Jahren.

3. Da die Störung immer noch anhält, fängt auch die Verjährungsfrist (drei Jahre, § 195 BGB) noch nicht an zu laufen.

Nein!

Eine Verjährung von Beseitigungsansprüchen kommt nicht in Betracht, wenn eine einheitliche Dauerhandlung vorkommt. Die Verjährungsfrist wird also nicht in Gang gesetzt, wenn der rechtswidrige Zustand aufrechterhalten bleibt. BGH: Um einen solchen Fall handele es sich hier nicht. Der Anspruch auf Beseitigung der Störung entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Eigentumsbeeinträchtigung infolge des Wachstums der Äste einsetzt. Dies war hier das erste Mal 2016 der Fall. Mit Ablauf des 31.12.2019 ist der Anspruch damit verjährt.

4. Da der Beseitigungsanspruch (§ 1004 Abs. 1 BGB) verjährt ist, darf B auch ihr Selbsthilferecht wegen des Überhangs nicht mehr ausüben (§ 910 Abs. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 910 BGB gewährt ein Selbsthilferecht des Eigentümers eines Grundstücks, in sein Grundstück eindringende Baumwurzeln und Zweige abschneiden. Das Recht besteht nicht, wenn der Überhang die Grundstücksbenutzung nicht beeinträchtigt (§ 910 Abs. 1 BGB). Vor dem Abschneiden von Zweigen muss der Eigentümer dem Nachbarn erfolglos eine Frist zur Beseitigung setzen. Die Voraussetzungen sind erfüllt. Das Selbsthilferecht ist ein Recht und kein Anspruch. Rechte unterliegen aber nicht der Verjährung (vgl. § 194 Abs. 1 BGB). B kann deshalb immer noch von ihrem Selbsthilferecht Gebrauch machen.
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