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In der Stadt H im Bundesland L fanden kürzlich Kommunalwahlen statt, an der auch Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet hatten, teilnehmen durften. Bürger B ist der Meinung, nur Volljährige dürften wählen.

Einordnung des Falls

Aktives Kommunalwahlrecht für Minderjährige

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Für die Wahlen der Volksvertretungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene gelten in Deutschland die gleichen Grundsätze.

Genau, so ist das!

In Deutschland werden Volksvertreter in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Dies gilt sowohl für die Wahlen zum Deutschen Bundestag (Art. 38 Abs. 1 GG) als auch für Wahlen auf Landesebene, zu denen auch die Kommunalwahlen gehören (Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG).

2. Das Grundgesetz garantiert grundsätzlich allen Staatsbürgern das Recht, an Wahlen teilzunehmen (sog. aktives Wahlrecht).

Ja, in der Tat!

Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verbietet es dem Gesetzgeber, bestimmten Bevölkerungsgruppen aus politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen das aktive Wahlrecht zu verweigern. In einer Demokratie muss das Wahlrecht allen Bevölkerungsgruppen gleichermaßen zustehen.

3. Das Grundgesetz enthält eine Altersgrenze für Kommunalwahlen.

Nein!

Das Grundgesetz enthält lediglich ein Mindestalter für das aktive Wahlrecht bei Bundestagswahlen (Art. 38 Abs. 2 GG). Zur Wahl des Deutschen Bundestags ist nur berechtigt, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Eine Altersgrenze für das Wahlrecht auf Landesebene einschließlich für Kommunalwahlen sieht das Grundgesetz aber nicht vor. Die Ausgestaltung des Landeswahlrechts obliegt den Ländern, solange die verfassungsrechtlichen Grenzen (Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG) eingehalten werden.

4. Das aktive Wahlrecht darf ausnahmsweise beschränkt werden, wenn dafür zwingende Gründe bestehen.

Genau, so ist das!

Beschränkungen der Allgemeinheit der Wahl sind aus zwingenden Gründen zulässig. So darf das Wahlrecht z.B. an die Sesshaftigkeit im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geknüpft werden, denn nur so wird gewährleistet, dass der Wähler mit den politischen Verhältnissen im Wahlgebiet hinreichend vertraut ist.

5. Die fehlende Verstandesreife von 16- und 17-Jährigen ist ein zwingender Grund, der zur Beschränkung des Wahlrechts auf Volljährige berechtigt.

Nein, das trifft nicht zu!

Da es keine grundgesetzliche Regelung zum Wahlalter gibt, steht dem Landesgesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Er darf die Teilnahme an der Wahl durchaus von einer hinreichenden Verstandsreife abhängig machen, denn diese ist in einer Demokratie notwendige Voraussetzung für die Teilnahme am politischen Diskurs und für eine rationale Wahlentscheidung. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass Bürgern, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, eine solche Verstandesreife fehlt. Somit bestehen gegen die Regelung im Bundesland L keine rechtlichen Bedenken.

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ablassinho

ablassinho

1.6.2023, 17:03:15

Gehört das Mindestwahlalter aus Art. 38 nicht zu den Wahlgeundsätzen? Das fande ich bei der ersten Frage missverständlich, schließlich ist es eine Anforderung, die für den Bund gilt, allerdings nicht für Kommunen (?)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

2.6.2023, 13:07:55

Hallo Ablassinho, vielen Dank für Die Nachfrage. In der Tat werden nur die fünf in Art. 38 Abs. 1 S. 1 explizit genannten Grundsätze (allgemein, unmittelbar, frei, gleich, geheim) sowie der ungeschriebene Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl als Wahlrechtsgrundsätze bezeichnet (BeckOK GG/Butzer, 54. Ed. 15.2.2023, GG Art. 38 Rn. 58). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

JEN

Jenny2905

28.4.2024, 19:09:07

Bisher habe ich immer Fälle bearbeitet in denen es um das Wahlrecht ab 16 geht. Kann man somit davon ausgehen, dass grundsätzlich eine hinreichende Verstandsreife bei Jugendlichen u16 nicht gesehen wird? (14/15. Jährige)


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