Verstoß gegen Prioritätsgrundsatz
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K und V schließen einen formgemäßen Grundstückskaufvertrag. V erklärt dem K im selben Termin die Auflassung. K stellt den Eintragungsantrag. Danach verkauft V dem X das Grundstück und lässt es diesem auf. X stellt den Eintragungsantrag und wird als Eigentümer eingetragen.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Verstoß gegen Prioritätsgrundsatz
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. K hat Eigentum an dem Grundstück erlangt.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. X hat Eigentum an dem Grundstück erlangt.
Genau, so ist das!
3. Das Grundbuchamt hätte den Eintragungsantrag des K zuerst bearbeiten müssen. Die Eintragung des X ist daher unwirksam.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
nae3
6.2.2023, 22:34:42
Hi, könnt ihr mir kurz erklären wieso V weiterhin verfügungsberechtigt war? Oder wird durch die
dingliche Einigungdie
verfügungsbefugnisnicht beeinträchtigt? LG :)
Paul
7.2.2023, 11:03:42
Hallo nae3, eine gute Frage. Anknüpfend an deinen Gedanken kann man sich hier direkt am Wortlaut des § 873 I BGB orientieren. Das Eigentum geht durch Einigung und Eintragung im Grundbuch über. Man kann also die Eintragung als Publizitätsakt mit der Übergabe aus § 929 1 BGB vergleichen. Das Besondere des Grundbuchs ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass die Änderung eingetragen werden muss. Hierdurch entsteht automatisch ein gewisser Zeitraum, in welchem das Eigentum noch nicht übergegangen ist und der „alte“ Eigentümer noch vollständig verfügungsbefugt ist. Das ist im Grundsatz kein Problem, weil nach dem Prioritätsgrundsatz zunächst die Eintragung des K erfolgen sollte. Erfolgt das jedoch nicht, ergeben sich die Rechtsfolgen der letzten Antwort. X wird Eigentümer und K ist auf Schadensersatzansprüche gegen V und ggf
Amtshaftungsansprüche verwiesen.
nae3
7.2.2023, 11:07:58
Super danke!
David.
6.7.2023, 10:51:15
Wie ist der Fall zu beurteilen, wenn K vor seiner Eintragung das Grundstück veräußert hätte? Könnte man dann eine Verfügungsermächtigung über das Eigentum an dem Grundstück annehmen? Wobei K dem X dann ein
Anwartschaftsrechtübertragen hat?
Jojo23
30.6.2024, 17:44:08
Müsste hier nicht auch der 878 BGB greifen?
Michael
11.7.2024, 14:14:13
Bis zur Eintragung ins Grundbuch bleibt der Veräußerer weiterhin Verfügungsberechtigt, deshalb kann der § 878 BGB nicht greifen. Der Geschädigte ist ja aber auch durch mögliche Schadensersatzansprüche sowie
Amtshaftungsansprüche gut gedeckt. So würde ich es verstehen.
der D
15.10.2024, 09:24:10
Würde mich auch interessieren. Mein erster Gedanke war, dass dann die
Vormerkungobsolet wäre, wobei das auch Quatsch ist. Die
Vormerkungwürde ja auch dann schon Wirkung entfalten, wenn noch kein Antrag auf Eintragung in das Grundbuch gestellt ist (sondern sie kann schon ab dem Zeitpunkt schützen, ab dem ein schuldrechtlicher Anspruch besteht). Ich denke es hängt letztlich von der Frage ab, ob ein Eigentumsverlust des Veräußerers als Verfügungsbeschränkung i.S.v. 878 BGB zu sehen ist oder darüber hinausgeht. Sollte einer von euch zwischenzeitlich schon eine Antwort auf diese Frage gefunden haben, lasst es mich gerne wissen :)