Verkehrsgeschäft

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist Alleingesellschafter einer GmbH. Der Geschäftsführer GF erwirbt für die GmbH ein Grundstück von V. Die GmbH wird als Eigentümerin eingetragen. V ficht dann begründet alles wegen arglistiger Täuschung an. Bevor V wieder im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird, veräußert GF das Grundstück an den gutgläubigen A, der auch im Grundbuch eingetragen wird.

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Einordnung des Falls

Verkehrsgeschäft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die GmbH hat von V zunächst Eigentum an dem Grundstück erworben (§§ 873, 925 BGB).

Ja, in der Tat!

Die GmbH kann gem. § 13 Abs. 1 GmbHG Eigentum an Grundstücken erwerben. GF ist Geschäftsführer der GmbH. Als solcher ist GF nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG vertretungsberechtigt. Die auf dingliche Einigung gerichteten Willenserklärungen wirken daher nach §§ 164ff. BGB i.V.m. § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG für und gegen die GmbH.
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2. Durch die Anfechtung des V ist die Eigentümerstellung der GmbH rückwirkend entfallen.

Ja!

Zu beachten sind das Trennungs- und Abstraktionsprinzip . Grundsätzlich berührt die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts. Leiden jedoch Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an demselben schwerwiegenden Mangel, so kann auch das Verfügungsgeschäft von der Unwirksamkeit betroffen sein (Fehleridentität). Nach herrschender Meinung begründet § 123 Abs. 1 BGB sowohl einen Anfechtungsgrund für das Verpflichtungs-, als auch für das Verfügungsgeschäft. Die Erklärung des V, alles anzufechten, erfasst nach §§ 133, 157 BGB auch das Verfügungsgeschäft. Dieses ist daher nach § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig.

3. A hat von der GmbH Eigentum an dem Grundstück erworben nach §§ 873, 925 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. A und GF haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). A wurde ins Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt bestand auch die Einigung noch. Die GmbH war jedoch infolge der Anfechtung durch V nicht mehr Eigentümerin und GF damit nicht mehr verfügungsbefugt (§§ 164 BGB, 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG).

4. A hat von der GmbH gutgläubig Eigentum an dem Grundstück erworben nach §§ 873, 925, 892 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Der gutgläubige Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts, (2) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (3) Legitimation des Verfügenden durch das Grundbuch, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers, (5) Kein eingetragener Widerspruch im Grundbuch, (6) Eintragung des zu erwerbenden Rechts. Ein Verkehrsgeschäft liegt nicht vor, wenn die Personen auf Veräußererseite mit denen auf Erwerberseite rechtlich oder wirtschaftlich identisch sind. A steht hier als alleiniger Gesellschafter der GmbH wirtschaftlich sowohl auf Veräußererseite, als auch auf Erwerberseite. § 892 BGB ist damit nicht anwendbar.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Vulpes

Vulpes

14.2.2021, 09:20:31

Ich hätte ja gesagt, die GmbH hat wegen der ex tunc Wirkung

§ 142 BGB

kein Eigentum erworben. Gerade wenn mit solchen Konstellationen EBV Probleme verbunden werden ist es doch besonders wichtig, die von Anfang an bestehende

Vindikationslage

festzustellen. Meines Erachtens hat die GmbH deswegen von Anfang nicht wirksam Eigentum erworben.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.12.2021, 13:36:51

Danke Adrian, dies ist sprachlich in der Tat tricky. Wir haben es nun etwas präzisiert, um deutlich zu machen, dass es hier um die Chronologie geht. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

SI

Sina

30.10.2023, 21:11:12

Könnte man hier nicht ergänzen, dass Prokuristen zudem nur Grundstücke kaufen aber nicht veräußern können?

LELEE

Leo Lee

4.11.2023, 14:33:44

Hallo Sina, in der Tat könnte man dies hier ergänzen! Jedoch haben wir hiervon bewusst abgesehen, da wir hier uns auf das Thema Sachenrecht konzentrieren wollten und zu diesem Problemkreis bei der Einheit „Handelsrecht“ eine separate Aufgabe kreiert haben (die Aufgabe findest du hier: https://applink.jurafuchs.de/okgatJJYrEb). Insofern würden wir um dein Verständnis bitten :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Dogu

Dogu

25.3.2024, 13:22:41

Hier handelt doch kein Prokurist?

SI

Sina

25.3.2024, 13:36:22

GFs sind idR Prokuristen :)

Dogu

Dogu

25.3.2024, 19:13:05

Also meines Wissens schließen sich organschaftliche Vertretungsmacht und gewillkürte Stellvertretung aus. Ein Geschäftsführer kann daher nicht gleichzeitig Prokurist sein. Hast Du Quellen für Deine Rechtsauffassung?

SI

Sina

25.3.2024, 19:14:39

Sorry ich hab eben selbst gemerkt dass das keinen Sinn ergeben hat aber man kann keine Kommentare löschen 😂

Dogu

Dogu

25.3.2024, 19:15:50

"Prokurist kann nicht sein, wer bereits aufgrund gesetzlicher Vertretungsmacht zur Vertretung des Unternehmens befugt ist. Geschäftsführer und Vorstände eines Unternehmens können daher nicht zugleich dessen Prokurist sein. Sie verfügen aufgrund ihrer Stellung als gesetzlicher Vertreter des Unternehmens bereits über weitreichende Befugnisse, die über diejenigen der Prokura hinausgehen. Sie bedürfen daher der Prokura nicht."

SI

Sina

25.3.2024, 19:16:32

Ja also wie gesagt ich konnte es nicht löschen

Dogu

Dogu

25.3.2024, 19:16:52

https://www.google.com/url?sa=t&source=web&rct=j&opi=89978449&url=https://www.steuerzahler-service.de/out/media/Leseproben/9783648019450.pdf&ved=2ahUKEwi1zcjEgZCFAxWHgP0HHVbeBFYQFnoECA0QBg&usg=AOvVaw0yOwCDLiIiKP0NZAq2BEO7

Dogu

Dogu

25.3.2024, 19:18:56

Und ich hab deinen zweiten Kommentar erst jetzt in der App gelesen. Sorry :D :D

SI

Sina

25.3.2024, 19:20:24

Alles gut. Dachte mir gerade auch nur „wääh habs doch eingesehen“ 😂🫣

Dogu

Dogu

25.3.2024, 13:25:43

Vielleicht könnte in der Musterlösung am Anfang noch ein kurzer Hinweis auf die Rechtsfähigkeit der GmbH ergänzt werden? Der Satz muss ja im Examen bei jeder juristischen Person hingeschrieben werden und wird (zumindest von mir ;) ) oft vergessen (zumal § 13 I GmbHG explizit das Eigentum an Grundstücken aufzählt).

LELEE

Leo Lee

29.3.2024, 01:27:26

Hallo Dogu, vielen Dank für den wichtigen Hinweis! In der Tat ist es in jeder Klausur Routine, zunächst die Rechtsfähigkeit einer jur. Person kurz festzustellen. Wir haben deshalb auch den § 13 I GmbHG erwähnt, um diese Rechtsfähigkeit bzw. die Fähigkeit, Grundstücke zu erwerben, klarzustellen. Wir möchten uns bei dir bedanken dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen uns auf weitere Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

BL

Blotgrim

23.4.2024, 08:24:30

Was wäre wenn A jetzt nicht Alleingesellschafter wäre sondern einer von m

ehre

ren Gesellschaftern? Würde das was ändern ?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

23.4.2024, 11:46:19

Hallo Blotgrim, wenn auf der Erwerberseite weniger Personen stehen als auf der Veräußererseite entfällt das

Verkehrsgeschäft

. Nicht aber wenn auf der Erwerberseite mehr Personen (und damit auch noch unbeteiligte Dritte) stehen als auf der Veräußererseite. Dann liegt keine wirtschaftliche und rechtliche Identität vor, sodass ein

Verkehrsgeschäft

gegeben ist. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team


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