Verkehrsgeschäft

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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A ist Alleingesellschafter einer GmbH. Der Geschäftsführer GF erwirbt für die GmbH ein Grundstück von V. Die GmbH wird als Eigentümerin eingetragen. V ficht dann begründet alles wegen arglistiger Täuschung an. Bevor V wieder im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird, veräußert GF das Grundstück an den gutgläubigen A, der auch im Grundbuch eingetragen wird.

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Einordnung des Falls

Verkehrsgeschäft

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die GmbH hat von V zunächst Eigentum an dem Grundstück erworben (§§ 873, 925 BGB).

Ja, in der Tat!

Die GmbH kann gem. § 13 Abs. 1 GmbHG Eigentum an Grundstücken erwerben. GF ist Geschäftsführer der GmbH. Als solcher ist GF nach § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG vertretungsberechtigt. Die auf dingliche Einigung gerichteten Willenserklärungen wirken daher nach §§ 164ff. BGB i.V.m. § 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG für und gegen die GmbH.
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2. Durch die Anfechtung des V ist die Eigentümerstellung der GmbH rückwirkend entfallen.

Ja!

Zu beachten sind das Trennungs- und Abstraktionsprinzip . Grundsätzlich berührt die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts nicht die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts. Leiden jedoch Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft an demselben schwerwiegenden Mangel, so kann auch das Verfügungsgeschäft von der Unwirksamkeit betroffen sein (Fehleridentität). Nach herrschender Meinung begründet § 123 Abs. 1 BGB sowohl einen Anfechtungsgrund für das Verpflichtungs-, als auch für das Verfügungsgeschäft. Die Erklärung des V, alles anzufechten, erfasst nach §§ 133, 157 BGB auch das Verfügungsgeschäft. Dieses ist daher nach § 142 Abs. 1 BGB ex tunc nichtig.

3. A hat von der GmbH Eigentum an dem Grundstück erworben nach §§ 873, 925 BGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Eigentumserwerb an einem Grundstück nach §§ 873, 925 BGB setzt voraus: (1) Einigung über den Eigentumsübergang am Grundstück (Auflassung, § 925 BGB), (2) Eintragung ins Grundbuch, (3) Einigsein, § 873 Abs. 2 BGB, (4) Verfügungsberechtigung des Veräußerers. A und GF haben die Auflassung erklärt (§ 925 BGB). A wurde ins Grundbuch eingetragen. Zu diesem Zeitpunkt bestand auch die Einigung noch. Die GmbH war jedoch infolge der Anfechtung durch V nicht mehr Eigentümerin und GF damit nicht mehr verfügungsbefugt (§§ 164 BGB, 35 Abs. 1 S. 1 GmbHG).

4. A hat von der GmbH gutgläubig Eigentum an dem Grundstück erworben nach §§ 873, 925, 892 BGB.

Nein, das trifft nicht zu!

Der gutgläubige Erwerb nach § 892 Abs. 1 BGB setzt voraus: (1) Rechtsgeschäft im Sinne eines Verkehrsgeschäfts, (2) Unrichtigkeit des Grundbuchs, (3) Legitimation des Verfügenden durch das Grundbuch, (4) Gutgläubigkeit des Erwerbers, (5) Kein eingetragener Widerspruch im Grundbuch, (6) Eintragung des zu erwerbenden Rechts. Ein Verkehrsgeschäft liegt nicht vor, wenn die Personen auf Veräußererseite mit denen auf Erwerberseite rechtlich oder wirtschaftlich identisch sind. A steht hier als alleiniger Gesellschafter der GmbH wirtschaftlich sowohl auf Veräußererseite, als auch auf Erwerberseite. § 892 BGB ist damit nicht anwendbar.
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