Öffentliches Recht
VwGO
Allgemeine Leistungsklage
Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Bewilligung von Akteneinsicht
Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Bewilligung von Akteneinsicht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Gemeinde G plant die Errichtung einer Müllverbrennungsanlage neben dem Grundstück der M. M stellt einen Antrag auf Einsicht in die Baupläne. Die zuständige Behörde lehnt den Antrag der M unter Verweis auf entgegenstehende Geschäftsgeheimnisse Dritter ab.
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Einordnung des Falls
Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Bewilligung von Akteneinsicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren klagt M. Statthaft ist die Verpflichtungsklage, wenn M den Erlass eines Verwaltungsakts begehrt.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. M begehrt, Akteneinsicht zu erhalten. Sie begehrt damit ein Realhandeln der Gemeinde. Statthaft ist die allgemeine Leistungsklage.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. M begehrt von G, Einsicht in die Planungsakten zu erhalten. Die Entscheidung von G über dieses Begehren der M ist ein Verwaltungsakt. Statthaft ist die Verpflichtungsklage.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
ablassinho
20.6.2023, 16:58:49
Wa dust denn die verbindliche Rechtsfolge? Anspruch auf Akteneinsicht?
Blotgrim
14.12.2023, 14:42:03
Die verbindliche Rechtsfolge liegt in der Berechtigung zur Einsicht in die Akten
HGWrepresent
27.9.2024, 20:42:25
Stimmt genau genommen nicht. Wenn ein Antrag auf einen
Realakt(Bewilligung der Akteneinsicht) gestellt wird, dann haben sowohl Ablehnung als auch Bewilligung denselben Charakter, wie die begehrte Maßnahme (hier also
Realakt). Ansonsten wäre bei jeder angelehnten Leistung auch die Anfechtungsklage gegen den Ablehnungsbescheid statthaft.
Sebastian Schmitt
30.10.2024, 11:02:42
Hallo @[ablassinho](177910), ich bin nicht ganz sicher, worauf Du hinaus willst. In unserer Lösung verwenden wir den Begriff "verbindliche Rechtsfolge" nur an einer Stelle, dort geht es in der Antwort auf Frage 3 um die verbindliche Rechtsfolge, die G (!) durch ihre Entscheidung herbeiführt. Diese Rechtsfolge ist hier die Ablehnung des Antrags auf Einsicht in die Baupläne. Geht es Dir dagegen um die "verbindliche Rechtsfolge" der Klage der M, dürfte Rechtsfolge nach § 113 V 1 VwGO die Verpflichtung der G sein, den Antrag der M zu bewilligen (anderenfalls "nur" Bescheidungsurteil nach § 113 V 2 VwGO). Mit dieser Bewilligung kann M dann wiederum tatsächlich Einsicht in die Pläne verlangen, wie @[Blotgrim](167544) richtig sagt. Über Deine Antwort, @[HGWrepresent](149544), sprechen wir inhaltlich schon in Deinem eigenen Thread (https://applink.jurafuchs.de/bz0O7gq56Nb). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
HGWrepresent
27.9.2024, 20:47:40
Ihr schreibt hier, dass die Verwaltung
Realakte erstmal durch VA bewilligen oder ablehnen müssen. das stimmt aber nicht. wird ein
Realaktbegehrt, dann haben Bewilligung und Ablehnung auch
Realaktscharakter.
Sebastian Schmitt
22.10.2024, 15:16:25
Hallo @[HGWrepresent](149544), das dürfte so pauschal nicht richtig sein. Jedenfalls ist es gut vertretbar, in der Ablehnung eines begehrten
Realakts einen VA zu sehen. Immerhin hat die
Behördeja eine Entscheidung in der Sache getroffen und sagt mit ihrem Bescheid, dass zB ein geltend gemachter Anspruch nicht besteht. Eine Regelungscharakter kann man deshalb mE gut annehmen. Ausdrückliche Stellungnahmen in diese Richtung habe ich spontan zB in der abgabenrechtlichen Literatur (Hübschmann/Hepp/Spitaler/Müller-Franken, AO/FGO, 282. Lfrg, 9/2024, § 118 AO 1977: "Die - ausdrückliche oder
konkludente - Ablehnung einer beantragten Maßnahme ist wie jede Entscheidung über eine beantragte Maßnahme nach h.M. immer VA, selbst wenn die abgelehnte (beantragte) Maßnahme eine tatsächliche Handlung oder ein sonstiges Verwaltungshandeln sein sollte.") und im Sozialrecht gefunden (LSG Berlin-Brandenburg, Urt v 11.3.2022, Az L 15 AY 13/20, juris Rn 38: In der Ablehnung eines
Realaktes liegt aber dann eine Regelung und damit ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X, wenn die Ablehnung auf der Grundlage einer Sachentscheidung erfolgt. Dies ist hier der Fall, da der Beklagte es abgelehnt hat, die Leistungen durch Banküberweisung zu erbringen. Damit hat er eine eigene Regelung getroffen."). Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
Sebastian Schmitt
30.10.2024, 10:49:30
Hallo @[HGWrepresent](149544), ich bestreite gar nicht, dass eine Ablehnung eines
Realakts ebenfalls ein
Realaktsein kann. Ich sage nur, dass darin im Einzelfall auch ein Verwaltungsakt liegen kann, indem verbindlich über das (Nicht-)Bestehen eines Anspruchs entschieden wird. In Deinem Ausgangspost klingt es so, als wäre es zwingend und immer (nur) ein
Realakt. Und das ist eben so pauschal nicht richtig. Die von Dir zitierten Quellen ändern daran nichts. Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl 2023 erläutert ja gerade auch diejenigen Fälle, in denen die Ablehnung sehr wohl VA-Qualität hat (§ 35 Rn 100). Er spricht iÜ auch den Fall an, um den es uns hier primär geht, nämlich die Frage, ob unabhängig von der VA-Qualität des behördlichen Handelns zunächst Antrag/Klage auf Erlass eines VA einzureichen ist (§ 35 Rn 101 f). Das kann in Abhängigkeit vom Fachrecht mal so, mal so sein. Gerade dann, wenn Rechte Dritter betroffen sind (wie in unserem Fall das geschäftliche Geheimhaltungsinteresse), tendiert Stelkens/Bonk/Sachs zum VA (§ 35 Rn 102). Dass immer (!) zunächst ein Antrag auf dieses Handeln mit dem Ziel gestellt werden muss, dass die
Behördeeinen VA erlässt, sagen wir in unserer Aufgabe ohnehin nicht. Die Entscheidung des VG Freiburg ist dazu ein schlichtes Gegenbeispiel (für den spezifischen Fall der Wasserlieferung) und steht dazu nicht im Widerspruch. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team