Strafrecht
BT 7: Nachtatdelikte u.a.
Strafvereitelung (§ 258 StGB)
Nachtatdelikte: Strafvereitelung nach § 258 StGB – Vorliegen einer strafbaren Vortat
Nachtatdelikte: Strafvereitelung nach § 258 StGB – Vorliegen einer strafbaren Vortat
3. Juni 2025
12 Kommentare
4,6 ★ (3.483 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Wahrheitswidrig gibt T an, er habe als Unfallzeuge gesehen, wie B auf Os Auto aufgefahren sei. T tat dies, um die Verhängung einer Strafe gegen seinen Kumpel (O) zu verhindern. T ging davon aus, O würde nach dem StGB bestraft werden, wenn man ihm nachweisen könne, dass er beim Zurückstoßen auf das Auto des B aufgefahren sei.
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Einordnung des Falls
Nachtatdelikte: Strafvereitelung nach § 258 StGB – Vorliegen einer strafbaren Vortat
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. § 258 StGB setzt das Vorliegen einer tatsächlich begangenen Vortat voraus.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Bei dem hier vorliegenden Sachverhalt liegt eine strafbare Vortat vor.
Nein!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Hugo
4.5.2023, 12:45:56
Verstehe ich nicht ganz. Warum soll hier der
Grundsatz der limitierten Akzessorietätanwendbar sein? Hier geht es doch nicht um eine Teilnahme?
Hugo
4.5.2023, 12:49:17
Warum ist hier keine
schuldhafte Vortat vorausgesetzt? Ich habe gelernt, dass für § 258 I Alt. 1 eine tatbestandsmäßige,
rechtswidrige UND
SCHULDHAFTE Vortat, deren Aburteilung weder Strafausschließungs- noch
Strafaufhebungsgründeentgegenstehen, vorausgesetzt wird. Bei Alt. 2 genügt nur eine tatbestandsm.
rechtswidrige Vortat.
Hugo
4.5.2023, 12:51:53
"beim Zurückstoßen aufgefahren" LOL :DD

Nora Mommsen
5.5.2023, 10:58:40
Hallo Hugo, danke für deine ganzen Fragen und Anmerkungen. Der
Grundsatz der limitierten Akzessorietätbesagt zunächst einmal, dass eine Tat auf eine andere Tat Bezug nimmt letztere aber eben nicht in allen Voraussetzungen gegeben sein muss. Der Grundsatz kommt bei der Teilnahme zum Tragen, da es unerheblich sein soll, ob der Haupttäter
schuldhaft gehandelt hat um die Strafbarkeit des Teilnehmers zu ermitteln. Die
limitierte Akzessorietätist aber nicht beschränkt auf die Teilnahme. Auch bei der
Strafvereitelungwird tatbestandlich eine Tat eines anderen vorausgesetzt. Die Strafbarkeit des Täters des §
258 StGBsoll aber gerade nicht davon abhängen, ob der ursprüngliche Täter auch
schuldhaft gehandelt hat. Dies ist ein individuelles Kriterium, was wie bei
Mittäterschaftoder anderem nicht auf andere Personen Auswirkungen erzielt. Deine Fragen hängen somit zusammen. Der
Grundsatz der limitierten Akzessorietätgilt für § 258 Abs. 1 StGB, da § 258 Abs. 2 StGB ein vollstreckungsfähiges Urteil voraussetzt, was nur im Falle einer
schuldhaften Begehung möglich ist. Ich hoffe die
Strafvereitelungist dir nun etwas klarer. Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Sophix58
1.2.2024, 12:50:45
Ich kann mich hier den Vorfragen der anderen nur anschließen. Leider verstehe ich nicht ganz, weshalb es hier nicht auf die
Schulddes Vortäters sowie das Vorliegen etwaiger Strafausschließungs- oder
Strafaufhebungsgründeankommen soll? Wenn ich das richtig verstanden habe, setzt das Vereiteln einer Bestrafung des Vortäters gem. § 258 I Alt. 1 StGB eben gerade voraus, dass eine tatsächliche Bestrafung möglich ist (so entnehme ich das zumindest NK-StGB/Altenhain, 6. Aufl. 2023, StGB § 258 Rn. 12, 13). Es wäre glaube ich für ein besseres Verständnis ganz hilfreich, wenn es noch mehr bzw. ausführlichere Aufgaben zum objektiven Tatbestand der
Strafvereitelunggeben würde. Aber das ist nur eine kleine Anregung! :)

Cosmonaut
17.2.2024, 15:18:36
Hallo @[Sophix58](22547) Zur Klärung deiner Frage hilft die Lektüre des entsprechenden Kapitels im Rengier Rn. 4 („Die Vortat“) sehr: „Das Merkmal „wegen einer
rechtswidrigen Tat“ darf nicht isoliert betrachtet und missverstanden werden (!). Es muss im Gesamtzusammenhang gelesen werden, wonach es um die Vereitelung einer „dem Strafgesetz gemäßen“ Rechtsfolge geht. Dies bedeutet: Hinsichtlich der Vortat müssen ALLE Bedingungen erfüllt sein, die das Gesetz für die Verhängung einer Strafe (Var. 1) bzw. die Anordnung einer Maßnahme (Var. 2) voraussetzt. Die Vereitelung einer Bestrafung erfordert deshalb eine STRAFBARE VORTAT, d. h. eine tatbestandsmäßige,
rechtswidrige und
schuldhafte Tat, deren Aburteilung weder Strafausschließungs- oder
Strafaufhebungsgründenoch endgültige Verfolgungshindernisse entgegenstehen. (!)“

Cosmonaut
17.2.2024, 15:22:34
Du hast somit recht, die Redaktion beschreibt hier vielmehr die „Vortat“ iSd §§ 257, 259. Hier kommt es auf
schuldhaftes Handeln gerade nicht an. IRd § 258 jedoch, welcher im Gesamtzusammenhang gelesen werden muss (es gibt nichts zu vereiteln, wenn der Täter der Vortat strafbefreiend zurückgetreten ist) ergibt die Erklärung keinen Sinn.

Sophix58
17.2.2024, 15:37:34
@[Cosmonaut](188718) genau so habe ich das nämlich auch verstanden!
okalinkk
23.4.2025, 16:05:23
Leo Lee
14.5.2025, 13:41:56
Hallo okalinkk, vielen Dank für die sehr gute Frage! Für die Annahme einer fahrlässigen Sach
beschädigungbesteht hier nicht genügend Info. Allerdings lässt sich die Frage einen Schritt davor insoweit klären, als der Sachverhalt "schlechthin" keine Hinweise für ein Vorliegen einer Straftat (also überhaupt) gibt. Mithin wäre eher hiervon auszugehen (also von einem Owig wenn schon) und nicht von einer fahrlässigen Sach
beschädigung:)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo