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Die Handelsfirma

Firmenfortführung bei Änderung des Gesellschafterbestands, § 24 HGB

Firmenfortführung bei Änderung des Gesellschafterbestands, § 24 HGB

20. Juni 2023

8 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs-Illustration zum Fall zur Firmenfortführung bei Änderung des Gesellschafterbestands, § 24 HGB:

Jette Just und Merle Müller sind Gesellschafterinnen des unter der Firma „Just & Müller Juweliere OHG“ geführten Juweliergeschäfts. Jette Just tritt aus der Gesellschaft aus und willigt in die Fortführung mit ihrem Namen in der Firma noch für sechs Monate nach ihrem Ausscheiden ein. An ihre Stelle tritt Karo Kling.

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Einordnung des Falls

Firmenfortführung bei Änderung des Gesellschafterbestands, § 24 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Kann beim Austritt eines namensgebenden Gesellschafters die bisherige Firma fortgeführt werden (§ 24 Abs. 1 HGB)?

Ja!

Scheidet ein namensgebender Gesellschafter aus der Personenhandelsgesellschaft aus, kann diese unter der bisherigen Firma fortgeführt werden (§ 24 Abs. 1 Var. 3 HGB), wenn (1) der ausscheidende Gesellschafter oder dessen Erben in die Firmenfortführung ausdrücklich einwilligen (§ 24 Abs. 2 HGB) und (2) die übrigen Grundsätze des Firmenrechts gewahrt sind (§ 18ff. HGB).
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2. Bedarf die Fortführung der Firma „Just & Müller Juweliere OHG“ der Einwilligung von Jette Just (§ 24 Abs. 2 HGB)?

Genau, so ist das!

Die §§ 24 Abs. 1 Var. 3, Abs. 2 HGB gelten für den Fall, dass ein namensgebender Gesellschafter aus einer bestehenden OHG, KG oder EWIV (= Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung) ausscheidet. Nach herrschender Meinung ist diese Regelung auf Personenhandelsgesellschaften beschränkt. Eine Kapitalgesellschaft kann ihre Firma auch ohne Einwilligung fortführen, wenn sie den Namen eines ausscheidenden Gesellschafters enthält, da Geschäftsinhaber hier die juristische Person selbst ist und nicht ihre Gesellschafter. J scheidet als namensgebende Gesellschafterin aus der OHG aus. Die OHG ist eine Personenhandelsgesellschaft (§§ 6 Abs. 1, 105 Abs. 1 HGB).

3. Hat J in die Firmenfortführung ausdrücklich eingewilligt (§ 24 Abs. 2 HGB)?

Ja, in der Tat!

Der namensgebende, ausgeschiedene Gesellschafter oder dessen Erben müssen ausdrücklich in die Firmenfortführung einwilligen (§ 24 Abs. 2 HGB). Ausdrücklich bedeutet durch eindeutige, zweifelsfreie Erklärung, die auch konkludent erfolgen kann. In der Einwilligung liegt die Gestattung des Namensgebrauchs (§ 12 BGB). J hat ihre Einwilligung durch ausdrückliche, zweifelsfreie Erklärung befristet für die Dauer von sechs Monaten nach ihrem Ausscheiden erteilt.

4. Ist die Fortführung der Firma „Just & Müller Juweliere OHG“ firmenrechtlich zulässig (§ 18ff. HGB)?

Ja!

Firmenbezeichnungen sind zulässig, soweit sie zur Kennzeichnung des Kaufmanns geeignet, unterscheidungskräftig (§§ 18 Abs. 1, 30 Abs. 1 HGB) und nicht irreführend sind (§ 18 Abs. 2 HGB). Sie müssen zudem den Rechtsformzusatz enthalten (§ 19 Abs. 1 HGB). Der Grundsatz der Firmenbeständigkeit führt dazu, dass eine Firma geführt werden darf, obwohl sie nicht mehr im Einklang mit dem Grundsatz der Firmenwahrheit steht (§§ 21, 22, 24 HGB). Die Firma ist geeignet, das Juweliergeschäft der M und K zu kennzeichnen und es von anderen abzugrenzen. Der Rechtsformzusatz der OHG kann bestehen bleiben und ist nicht irreführend (§ 18 Abs. 2 S. 1 HGB), da die Gesellschaftsform der OHG durch die Nachfolge von K als Gesellschafterin erhalten bleibt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Dogu

Dogu

1.3.2024, 10:15:47

Ich bin bisher im Zivilrecht davon ausgegangen, dass "ausdrücklich" regelmäßig ein Gegensatz zu "

konkludent

" darstellt (v.a. im Verbraucherbereich). Ist das im Handelsrecht nicht so?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

1.3.2024, 10:31:05

Hallo Dogu, bei §§ 22,24 HGB wird "ausdrücklich" tatsächlich etwas weiter ausgelegt, sodass es vor allem auf eine zweifelsfreie und eindeutige Erklärung ankokmmt (BeckOK HGB/Bömeke, 41. Ed. 1.1.2024, HGB § 24 Rn. 28). Als Beispiel für eine

konkludent

e Zustimmung wird hier zB die Mitunterzeichnung der Handelsregisteranmeldung angeführt. Beste Grüße, Lukas- für das Jurafuchs-Team

MAT

Matschegenga

10.4.2024, 15:00:47

Ist hier die Einwilligung der J nicht unter eine Zeitbestimmung gestellt, sodass die Firmenfortführung nach Ablauf von 6 Monaten gem. §§ 163, 158 II BGB unwirksam würde?

ahimes

ahimes

20.5.2024, 12:23:53

Interessiert mich jetzt aber auch!

in persona

in persona

13.8.2024, 12:24:46

same^^

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

18.9.2024, 13:22:23

Hallo @[Matschegenga](138216), das hast Du völlig richtig erkannt! Die Einwilligung nach § 24 II HGB kann nach wohl allgM auch befristet abgegeben werden (siehe nur MüKoHGB/Heidinger, 5. Aufl 2021, § 24 Rn 20; Hopt/Merkt, HGB, 43. Aufl 2024, § 24 Rn 11), was hier mit dem zeitlich bestimmten Endtermin der Fall ist. Ab diesem Zeitpunkt fehlt es dann an der erforderlichen Einwilligung für die Firmenfortführung. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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