Öffentliches Recht
Verwaltungsrecht AT
Besondere öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen
Besondere öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen: Rechtswidrigkeit von hoheitlichen Äußerungen
Besondere öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen: Rechtswidrigkeit von hoheitlichen Äußerungen
22. Mai 2025
20 Kommentare
4,8 ★ (16.511 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Bundesministerin A warnt öffentlich vor der Glaubensgemeinschaft der Zauberhüte Z. Sie bezeichnet diese als „Psychosekte“ - wofür keine Anhaltspunkte vorliegen - , die sich öffentlich homophob positioniere - was inhaltlich zutrifft. Oberzauberhut O ist empört und will, dass A solche „Warnungen“ in Zukunft unterlässt.
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Einordnung des Falls
Besondere öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlagen: Rechtswidrigkeit von hoheitlichen Äußerungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. In Betracht kommt der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch. As Aussage war ein hoheitlicher Eingriff in Os Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Öffentliche Warnungen eines Hoheitsträgers sind immer rechtswidrig.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Zur Beurteilung der Rechtswidrigkeit hoheitlicher Äußerungen wird zwischen Tatsachenbehauptungen und Werturteilen unterschieden.
Ja!
4. In Bezug auf die Aussage, Z sei eine „Psychosekte“, muss die staatliche Aufgabe zur Warnung der Bevölkerung vor Gefahren gegen die Rechte der Mitglieder der Z-Gemeinschaft abgewogen werden.
Genau, so ist das!
5. Die Bezeichnung der Z als „Psychosekte“ durch A war rechtswidrig. Eine Wiederholungsgefahr ist indiziert.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Donald
14.2.2023, 20:32:13

Nora Mommsen
16.2.2023, 11:53:39
Hallo Donald, hier gilt es ganz genau zu schauen was das Begehren des Kläger ist. Laut Sachverhalt ist das Unterlassen vergleichbarer Äußerungen in der Zukunft gewollt, nicht auch die Richtigstellung. Für diese beiden sind auch unterschiedliche Anspruchsgrundlagen einschlägig. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
kristinaelghazi
20.3.2023, 13:04:10
Im Klausurhinweis (bei der ersten Aufgabe) steht, dass, wenn eine Richtigstellung begehrt werden würde, dann wäre der Abwehranspruch zu prüfen. Die Frage oben bezieht sich sehr wahrscheinlich darauf. Würde für eine Richtigstellung nicht ein FBA zu prüfen sein, statt einem Abwehranspruch?
Clara.annie
9.1.2025, 10:59:20
Würde ich auch gerne noch wissen :) @[Nora Mommsen](178057)
okalinkk
11.3.2025, 14:34:30
@[kristinaelghazi](202026) das würde mich auch interessieren. Der schlichte Abwehranspruch ist ja nur auf das Unterlassen gerichtet, demnach kann hier nicht eine bestimmte Maßnahme (Richtigstellung) verlangt werden. Ich würde daher sagen, dass hier nur der FBA statthaft ist. Die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands ist durch eine Richtigstellung zu erreichen. Demnach sollte das hier meiner Meinung nach im Hinweistext „richtig gestellt“ werden 😅 @[Nora Mommsen](178057)
Dini2010
25.3.2025, 09:43:54
Ich habe gelernt, dass ein FBA nur die Richtigstellen einer unwahren
Tatsachenbehauptung ermöglicht, nicht hingegen die eines
Werturteils, da diese nicht wahr oder falsch sein können. Die Aussage "Psychosekte" ist aber ein
Werturteilohne erkennbaren
Tatsachenkern (s. Aufgabe). Demnach liegt eine tatsächliche
Unmöglichkeitbzgl. des FBA vor (Richtigstellen in Form einer Gegendarstellung kann kann man ja schon begrifflogisch nur etwas, was entweder richtig oder falsch ist, was bei
Werturteilen gerade nicht der Fall ist) und damit ein Ausschlussgrund. Ein FBA wäre demnach nicht einschlägig.

yusdix
14.4.2025, 13:36:03
@[Dini2010](109777) Würde dir da tatsächlich zustimmen. Ich frage mich gerade, im welchem Prüfungspunkt ich die Problematik dann ansprechen würde. Beim Prüfungspunkt "Kein Ausschluss" und das dann mit der
Unmöglichkeitbegründen? Oder wie würdest du das machen?
Dini2010
17.4.2025, 12:08:18
@[yusdix](284046), ja ich denke ich würde es dort ansprechen. Zumindest wird es in einem Buch auch so dargestellt, dass im Rahmen des Prüfungspunktes "Kein Ausschluss" eben u.a. geprüft wird, dass die Wiederherstellung auch tatsächlich möglich ist. Und dort dann die tatsächliche
Unmöglichkeitfeststellen. Bzw. hier bei Jurafuchs nennt sich der Prüfungspunkt "Anspruchsgrenzen". mE passt es vorher auch nirgends wirklich rein, ohne, dass es "in der Luft hängen" würde. Allenfalls in Betracht käme der Prüfungspunkt "Eingriff", aber abgesehen davon, dass ich es unpassend finde, im Rahmen der Tatbestandsprüfung auf den Anspruchsausschluss bzw. seine Grenzen einzugehen, würde man sich ja auch die restliche Prüfung abschneiden. Also ja, ich würde es bei "Kein Ausschluss bzw. Anspruchsgrenzen" prüfen :)
Florian
24.4.2025, 23:01:05
Könntet ihr dazu bitte etwas sagen?:) @[Sebastian Schmitt](263562) @[Tim Gottschalk](287974) @[Lukas_Mengestu](136780) @[Linne_Karlotta_](243622)

Tim Gottschalk
25.4.2025, 23:18:32
Hallo @[Donald](111670), @[kristinaelghazi](202026), @[Clara.annie](282611), @[okalinkk](253888), tatsächlich ist uns hier ein Fehler unterlaufen. Richtigerweise wäre, wie ihr sagt, ein
Folgenbeseitigungsanspruchzu prüfen. Das haben wir nun korrigiert, vielen Dank für den Hinweis. @[Dini2010](109777) und @[yusdix](284046): In der Tat ist schon begrifflich keine Richtigstellung einer Meinungsäußerung möglich. Ob ein
Folgenbeseitigungsanspruchdeswegen für Meinungsäußerungen insgesamt ausgeschlossen ist, oder ob nicht dennoch ein Anspruch auf Widerruf der ehrverletzenden Meinungsäußerung bestehen kann, ist umstritten. Insofern verweise ich vertiefend auf Faber, NVwZ 2003, 159. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team

Alicia Helena
18.4.2023, 06:38:49
Die Wiederholungsgefahr bzw Erstbegehungsgefahr wäre dann bei der Zulässigkeit der Klage in Rahmen des
Rechtsschutzbedürfnisses zu thematisieren oder wo spricht man das an?

JCF
8.1.2024, 10:27:02
Die Wiederholungsgefahr ist ein eigener Prüfungspunkt i.R.d.
Begründetheit. Der Anspruch besteht nur, wenn eine Wiederholungsgefahr bejaht wird.
jurafuchsles
14.10.2024, 12:01:08
Dennoch hat
Alicia wohl auch recht, da ansonsten wohl kein
Rechtsschutzbedürfnisbestehen würde und dann die Klage schon unzulässig wäre.

Tim Gottschalk
25.4.2025, 22:55:13
Hallo @[
Alicia Helena](194010), ich würde @[JCF](53331) grundsätzlich zustimmen. @[jurafuchsles](108594) Da die Wiederholungsgefahr durch eine Abwägung oder jedenfalls ausführliche sachliche Prüfung festzustellen ist, ist das grundsätzlich eine Frage der
Begründetheit. Zur Unzulässigkeit dürfte es nur führen, wenn ganz offensichtlich keine Wiederholungsgefahr vorliegt. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
Raphaeljura
5.7.2023, 06:19:02
Kommt es hier nicht darauf an, welches Minister diese Aussagen tätigt?
lw1
13.7.2023, 17:15:51
Das ist eine Frage der
Ermächtigungsgrundlage, eine Ministeräußerung kann sich nur auf Art 65 S. 2 GG stützen. Äußert der jeweilige Minister sich zu einem Thema außerhalb des eigenen Ressorts (bspw. BM der Verteidigung zu Reform des Gesundheitswesens) kann er sich nicht auf die Ressortkompetenz aus Art. 65 S. 2 als EGL berufen. Die Äußerung wäre damit rechtswidrig. Äußert sich der Minister innerhalb eines thematischen Bezugs zu seinem Ressort, kann er sich auf Art. 65 S. 2 GG als EGL zu prüfen. Dann ist anschließend zu prüfen, ob die Aussage eine
Tatsachenbehauptung oder ein
Werturteilist und bei letzterem dann die VMK zu beurteilen.
nmew
24.2.2025, 14:45:38
Wäre hier auch der öffentl. rechtl. Abwehranspruch statthaft? Bezüglich der Abwehr der Diffamierung der Sekte? Oder ist die Sekte nicht mehr "
beschwert", da die Diffamierungen bereits ausgesprochen wurden ?

K.Attalla
26.2.2025, 19:32:34
Hey, m.E. ist der ÖR-AbwehrA nicht statthaft, weil er auf die Beendigung einer BESTEHENDEN Beeinträchtigung abzielt. Die Aussage der Ministerin wurde aber schon ausgesprochen, ist also bereits beendet. Beeinträchtigend ist daher nicht mehr die Aussage bzw. der Ausspruch an sich, sondern ihre Wirkung in der breiten Öffentlichkeit. Diese Beeinträchtigung kann mit dem FBA angegangen werden. Habe mir das jedenfalls so erklärt. Gerne korrigieren, wenn was falsch sein sollte. :)