Wertersatz für nicht gezogene Nutzungen

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der geisteskranke V verpachtet seinen Weinhang in der Pfalz an P. P weiß von der Krankheit. Er ignoriert dies aber. Die Lese der erntereifen Trauben ist ihm aber dann doch zu viel Arbeit, weshalb er sie verkommen lässt.

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Einordnung des Falls

Wertersatz für nicht gezogene Nutzungen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zwischen V und P bestand eine Vindikationslage.

Genau, so ist das!

Die Vindikationslage setzt voraus, dass (1) der Anspruchsteller Eigentümer und (2) der Anspruchsgegner Besitzer (3) ohne Recht zum Besitz (§ 986 BGB) ist. V war und ist Eigentümer des Weinhanges. P war infolge der Pacht Besitzer. Grundsätzlich vermittelt die Pacht ein relatives Besitzrecht nach § 986 Abs. 1 S. 1 BGB. Da V aber geisteskrank und dementsprechend nach § 104 Nr. 2 BGB geschäftsunfähig war, ist der Vertrag nichtig. Somit hatte P kein Recht zum Besitz.
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2. V kann von P die Herausgabe der Nutzungen nach §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB verlangen.

Nein, das trifft nicht zu!

Der Anspruch aus §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB setzt (1) eine Vindikationslage, (2) Ziehung von Nutzungen durch den Besitzer und (3) Bösgläubigkeit des Besitzers voraus. P hat die Ernte verkommen lassen und somit die Früchte der Reben nicht genutzt. Er hat somit gerade keine Nutzungen gezogen (§§ 100, 99 BGB). Ein Anspruch nach §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB scheidet damit aus.

3. V hat dennoch einen Anspruch auf Nutzungsersatz gegen P, wenn die Voraussetzungen der §§ 987 Abs. 2, 990 Abs. 1 BGB vorliegen.

Ja!

Der Anspruch aus §§ 987 Abs. 2, 990 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass (1) eine Vindikationslage vorliegt, (2) der Besitzer entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung schuldhaft keine Nutzungen gezogen hat und (3) bösgläubig ist.

4. Hat P das Grundstück nach den Regeln zur ordnungsgemäßen Bewirtschaftung bewirtschaftet?

Nein, das ist nicht der Fall!

Dies bestimmt sich nach einem objektiven Maßstab. Es muss daher nach objektiven Gesichtspunkten abgewogen werden, ob das Verhalten gegen die Regeln ordnungsgemäßer Bewirtschaftung verstößt. Liegt ein Verstoß vor, so muss diesbezüglich auch ein Verschulden vorliegen. Die Trauben eines Weinhanges bei reifer Ernte grundlos verkommen zu lassen, dürfte das Paradebeispiel des Verstoßes gegen Regeln ordnungsgemäßer Bewirtschaftung bei der Nutzungsziehung sein. P handelte dabei auch zumindest fahrlässig und somit schuldhaft (§ 276 Abs. 1 BGB)

5. Da P auch bösgläubig war, besteht der Anspruch des V aus §§ 987 Abs. 2, 990 Abs. 1 BGB.

Ja, in der Tat!

Bösgläubig ist, wem bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass ihm das Besitzrecht nicht zusteht (vgl. § 932 Abs. 2 BGB). P wusste, dass V geisteskrank ist. Er war sich dessen bewusst, dass der Vertrag nichtig war und er dementsprechend auch kein Besitzrecht hatte. Daher war er bösgläubig.
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