Herausgabe gezogener Nutzungen
11. Juli 2025
8 Kommentare
4,5 ★ (15.643 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V ist aufgrund einer psychischen Erkrankung dauerhaft geschäftsunfähig. V verpachtet seinen Weinhang in der Pfalz an P. P weiß von Vs Geschäftsunfähigkeit. Er ignoriert dies aber, da er zumindest einige Trauben ernten möchte, solange niemand die Krankheit des V bemerkt. Einige Wochen später erntet er die erste Lese.
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Einordnung des Falls
Herausgabe gezogener Nutzungen
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. V kann von P die Herausgabe der gezogenen Nutzungen verlangen, wenn die Voraussetzungen der §§ 987 Abs. 1, 990 Abs. 1 BGB vorliegen.
Ja!
2. Es bestand eine Vindikationslage, als P die Trauben erntete.
Genau, so ist das!
3. Hat P Nutzungen gezogen?
Ja, in der Tat!
4. War P bösgläubig?
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Edward Hopper
23.2.2023, 10:57:10
Spielt hier 817krine Rolle? Schließlich wusste der Verpächter ja auch dass die
Vindikationslagebesteht und hat es rausgegeben?
Timurso
23.2.2023, 21:07:43
Vorliegend wird kein Bereicherungsanspruch geprüft, sondern ein Anspruch nach §§ 987,
990 BGB. Daher ist § 817 nicht anwendbar. Selbst wenn er anwendbar wäre, denke ich nicht, dass man einen Sittenverstoß durch den Verpächter annehmen kann. Er ist ja geschäftsunfähig und soll daher gerade vor den Auswirkungen seiner Handlungen geschützt werden.
PTK04
1.1.2025, 12:08:26
Die zweite Frage bzgl. des Bestehens eines
Vindikationslagewird diese verneint, aufgrund der Geschäftsunfähigkeit des V, jedoch ist die Antwortoption falsch programmiert, sodass man die Frage bejahen muss, um zu dem richtigen Ergebnis zu kommen Liebes Jurafuchs-Team, bitte ändern.

Sebastian Schmitt
10.1.2025, 09:07:43
Hallo @[PTK04](229503), vielen Dank für Deinen Hinweis. Frage 2 lautet: "Es bestand eine
Vindikationslage, als P die Trauben erntete." Die dazu hinterlegte Antwort lautet: "stimmt". In der Tat bestand eine solche
Vindikationslage(Eigentümer + Besitzer + kein
Recht zum Besitz), als P die Trauben erntete, denn zu diesem Zeitpunkt war V Eigentümer, P war Besitzer und P fehlte wegen der Geschäftsunfähigkeit des V von Anfang an ein
Recht zum BesitziSd § 986 I 1 BGB, insbesondere aus dem nichtigen Pachtvertrag. Wir verneinen hier nicht die
Vindikationslage, wie Du sagst, sondern nur das
Recht zum Besitz, das ja gerade zwingender Teil der
Vindikationslageist. Die hinterlegte Antwort ist deswegen so in Ordnung. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team
WebH
17.6.2025, 18:36:46
Ich finde es nicht so schön, dass hier psychisch krank mit geschäftsunfähig gleichgesetzt wird. Das ist erstens einfach nicht richtig, denn nicht jeder Mensch, der eine psychische Erkrankung hat, ist geschäftsunfähig. Insofern geht die Geschäftsunfähigkeit aus dem SV nicht hervor. Zudem ist es unnötig stigmatisierend.

Linne Hempel
18.6.2025, 14:49:42
Hey @[WebH](257310), danke für die Rückmeldung. Du hast Recht, dass eine psychische Erkrankung natürlich nur in ganz bestimmten Fällen zur Geschäftsunfähigkeit führen. Wir haben die Fälle kürzlich dahingehend überarbeit, dass der „
unerkannt Geisteskranke“ aus den Sachverhalten verschwindet, da diese Formulierung genauso unpräzise ist, wie der „psychisch Erkrankte“ und zugleich noch eine Abwertung von Menschen mit psychischer Krankheit enthält. In der Tat ist es schwierig, präzise und nicht stigmatisierende Fälle zu formulieren, ohne im Sachverhalt bereits ausdrücklich vorzugeben, dass die Person geschäftsunfähig ist. Aber natürlich müssen wir hier noch mehr Angaben dazu machen, wieso aus der Krankheit eine Geschäftsunfähigkeit folgt. Wir werden uns den Fall noch einmal anschauen und entsprechend überarbeiten. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team

Paulah
18.6.2025, 18:39:45
Ich finde die Formulierung, so wie sie jetzt ist, ok. Da steht ja nicht, "alle psychisch Kranken sind geschäftsunfähig", sondern bei V ist das so.

Linne Hempel
19.6.2025, 19:02:14
Hey @[Paulah](135148), danke für Deinen Beitrag zu dem Thema. Tatsächlich habe ich den Fall gestern bereits überarbeitet. Zuvor wurde direkt von der psychischen Krankheit auf die Geschäftsunfähigkeit geschlossen, was natürlich falsch war. Viele Grüße Linne, für das Jurafuchs-Team