Zivilrechtliche Nebengebiete
Internationales Privatrecht
Besonderer Teil - Rom II-VO
Welches Recht findet Anwendung bei Erfolgseintritt auf internationalem Gebiet?
Welches Recht findet Anwendung bei Erfolgseintritt auf internationalem Gebiet?
29. April 2025
8 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Der deutsche D und die Spanierin S sind beide in einem Flieger nach Mexiko. Das Flugzeug fliegt unter deutscher Flagge. Während des Flugs schüttet D einen Tomatensaft über S‘ Handtasche, die nun ruiniert ist. Das Flugzeug befand sich zu diesem Zeitpunkt in hoheitsfreiem, internationalem Luftraum. S verklagt D nach ihrem Urlaub in Deutschland.
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Einordnung des Falls
Welches Recht findet Anwendung bei Erfolgseintritt auf internationalem Gebiet?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist der Anwendungsbereich der Rom II-VO eröffnet?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Vorrangig ist für die Rechtswahl nach Art. 4 Rom II-VO immer an den Erfolgsort (Abs. 1) anzuknüpfen.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Da sich das Flugzeug über staatsfreiem Gebiet befand, kann das Delikt keinem Staat zugeordnet werden.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Porenta
4.9.2024, 03:08:34
Hi, wie wäre die Konstellation zu lösen, wenn ein Deutscher mit einem Spanier in einem Flugzeug sitzt, das von Qatar Airways von Frankreich nach Mexiko fliegt? Würde dann qatarisches Recht angewendet werden? Deutsches oder Französisches?
Ł
1.4.2025, 20:16:18
Unter welcher Flagge das Flugzeug fliegt, richtet sich, meine ich, letztlich danach, wo die Fluggesellschaft ihren Sitz hat (außer es sind gecharterte Flugzeuge). Soweit ich weiß hat Qatar Airways seinen Sitz in Doha und fliegt auch unter katarischer Flagge. Würde also katarisches
materielles Rechtannehmen, solange es sich über hoheitsfreiem, internationalen Flugraum befindet.
TheDustyOne
21.9.2024, 15:10:34
Nach meinem Kenntnisstand ist das sehr streitig, worauf in solchen Fällen abzustellen ist. Die Abstellung auf den Registrierungsort erscheint nur auf den ersten Blick naheliegend. Es überzeugt aber faktisch weder dogmatisch, ein Flugzeug oder Schiff als „mobiles Staatsgebiet“ anzusehen, noch ist immer eine eindeutige Erkennbarkeit für die Passagiere gegeben und vor allem ist es auch zufällig. Daran kann man pauschal nicht immer anknüpfen. Es scheint naheliegender auf die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO abzustellen und immer jeweils eine Einzelfall Ermittlung vorzunehmen, um den Interessen im konkreten Fall gerecht zu werden. Vielleicht sollte das zumindest als streitig gekennzeichnet werden.

Wendelin Neubert
24.10.2024, 18:46:32
Danke für Deinen Kommentar @[TheDustyOne](111758). Hast Du noch eine Fundstelle, mit der Du den von Dir wiedergegebenen Kenntnisstand belegen könntest? Die von uns angegebenen Fundstellen kommen jedenfalls zu diesem Ergebnis. Die Ausweichklausel des Art. 4 Abs. 3 Rom II-VO kommt nur in sehr eingeschränktem Umfang zur Anwendung, also Vorsicht damit. Beste Grüße - Wendelin für das Jurafuchs-Team

FW
24.4.2025, 19:56:25
Hi, ich finde die Anknüpfung an die Registrierung auch sehr problematisch. Wenn ein deutsches Flugzeug aus Australien Richtung Spanien startet, finde ich die automatische Anknüpfung ans deutsche Recht irgendwie willkürlich. Könnte man nicht auch vertreten, dass das Recht gilt, welches am letzten Abflugort galt? Wenn ich nämlich den Flughafen betrete und die Sicherheitskontrolle passiere, wirkt quasi das Recht des Staates, indem ich mich vorher befand noch „fort“ bis zu dem Zeitpunkt, wo ich in dem Hoheitsgebiet eines neuen Landes lande.