Voraussetzungen für die Verringerung der Arbeitszeit

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Peter ist vor einem Jahr Vater geworden. In seiner neuen Rolle geht er voll auf. Seinen früheren Job als Lehrer an einer Volkshochschule will er deshalb nach der Elternzeit nur noch in Teilzeit ausüben.

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Einordnung des Falls

Voraussetzungen für die Verringerung der Arbeitszeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen kann nach § 8 TzBfG ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit zustehen.

Ja!

Das Teilzeit- und Befristungsgesetz räumt Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen das Recht ein, ihre bisherige Arbeitszeit zu verringern. Dies setzt allerdings voraus, dass (1) der persönliche und betriebliche Geltungsbereich hierfür eröffnet ist, (2) der Arbeitnehmer den Anspruch ordnungsgemäß geltend macht und (3) keine betrieblichen Gründe entgegenstehen. Ein Teilzeitanspruch kann sich regelmäßig zudem aus tarifvertraglichen Regelungen ergeben.
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2. Unabhängig von der Größe des Unternehmens kann ein Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit bestehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wird die gleiche Arbeit von Teilzeitkräften, statt von Vollzeitkräften erledigt, geht damit ein erhöhter Personalverwaltungsaufwand einher. Aus diesem Grund besteht der Anspruch nur in Betrieben, bei denen der Arbeitgeber regelmäßig mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt (betrieblicher Geltungsbereich, § 8 Abs. 7 TzBfG).Peter muss also zunächst prüfen, ob die Volkshochschule ausreichend Mitarbeiter hat, um den betrieblichen Geltungsbereich zu eröffnen.

3. Peter muss mindestens sechs Monate beschäftigt gewesen sein.

Ja, in der Tat!

Bevor der Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit gestellt wird, muss das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber mindestens sechs Monate bestanden haben (Wartezeit nach § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG).

4. Kann Peter einen Monat vor Rückkehr an die Volkshochschule die Verringerung der Arbeitszeit geltend machen?

Nein!

Die Verringerung muss ordnungsgemäß geltend gemacht werden (§ 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG). Das bedeutet, sie muss (1) mit einer Vorlaufzeit von drei Monaten beantragt werden und bedarf (2) der Textform. (3) Zudem muss der Änderungsantrag so formuliert sein, dass der Arbeitgeber es mit einem einfachen „Ja“ annehmen kann.Bei der Verringerung muss Peter also darauf achten, diese rechtzeitig zu beantragen und die entsprechende Form wahren (E-Mail genügt, § 126b BGB). Zudem muss klar sein, wie die Teilzeittätigkeit zukünftig verteilt werden soll. So könnte der Antrag zB dahingehend lauten, dass die Arbeitszeit auf 15 Wochenstunden reduziert wird, die auf die Zeit von montags bis mittwochs 08.00-13.00 Uhr verteilt wird.

5. Damit Peter seinen Anspruch durchsetzen kann, muss er darlegen, dass keine betrieblichen Gründe dem entgegenstehen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Ob die Verringerung der Arbeitszeit im Betrieb tatsächlich umsetzbar ist, unterliegt dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers. Sollte er Einwände haben, so ist er beweisbelastet, dass betriebliche Gründe einer Verringerung der Arbeitszeit entgegenstehen.Die Rechtsprechung hat hierfür einen Dreistufentest aufgestellt. Es bedarf (1) eines Organisationskonzeptes für die geltende Arbeitszeitregelung. Aus diesem müssen (2) die betrieblichen Gründe folgen, die der Verringerung entgegenstehen. Schließlich müssen (3) diese Gründe so erheblich sein, dass die Erfüllung des Arbeitszeitwunsches eine unverhältnismäßige Belastung des Betriebes darstellen würde (zB kann aufgrund Fachkräftemangels kein Ersatz gefunden werden).

6. Peter hört trotz ordnungsgemäßem Antrag auch eine Woche vor seiner geplanten Rückkehr nichts von seinem Arbeitgeber. Muss er also in Vollzeit zurückkehren?

Nein, das trifft nicht zu!

Der Antrag auf Arbeitszeitverringerung bedarf grundsätzlich der Zustimmung des Arbeitgebers (§ 8 Abs. 3 TzBfG). Schweigt der Arbeitgeber allerdings auf den Antrag und lehnt ihn nicht bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung ab, so wird seine Zustimmung fingiert (§ 8 Abs. 5 S. 2 TzBfG).Da Peter eine Woche vor Beginn der beantragten Verringerung immer noch keine Rückmeldung erhalten hat, gilt die Verringerung entsprechend seines Antrages als genehmigt.Hätte der Arbeitgeber dagegen rechtzeitig abgelehnt, so bliebe Peter nur der Gang zum Arbeitsgericht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

KR

Krümelinchen

23.2.2024, 21:52:45

Hallo. In dem kleinen Fall geht es um Peter. In der ersten Frage wird aber explizit nach Arbeitnehmerinnen gefragt. Die Antwort bezieht sich dann aber auf Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Das war etwas verwirrend.

LELEE

Leo Lee

26.2.2024, 11:50:47

Hallo Krümelinchen, vielen Dank für dein Feedback! In der Tat waren hier die Formulierungen nicht konsequent, weshalb wir die Fragen und Antworten nunmehr angepasst haben in Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. Wir möchten uns die Gelegenheit nehmen und bei dir bedanken dafür, dass du uns dabei hilfst, die App zu perfektionieren und freuen und auf weiter Feedbacks von dir :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

VER

Vermouth

17.6.2024, 20:25:49

Guten Abend. In § 8 Abs. 1 TzBfG steht, dass das Arbeitsverhältnis LÄNGER als sechs Monate bestanden haben muss und nicht mindestens, wie es hier geschrieben wurde. VG


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