Strafrecht
Strafprozessrecht
Vorverfahren / Ermittlungsverfahren
Vertiefung: Pflicht zur Einleitung von Ermittlungen bei außerdienstlicher Kenntniserlangung?
Vertiefung: Pflicht zur Einleitung von Ermittlungen bei außerdienstlicher Kenntniserlangung?
22. Februar 2025
2 Kommentare
4,9 ★ (14.856 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Staatsanwältin S bekommt bei einem Feierabendbier in ihrer Stammkneipe mit, dass der am Nachbartisch sitzende T durch betrügerische Manipulationen eine Kreditzusage der B-Bank in Höhe von €20 Mio. erwirkt hat, die allerdings noch nicht ausgezahlt wurden.
Diesen Fall lösen 91,6 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Vertiefung: Pflicht zur Einleitung von Ermittlungen bei außerdienstlicher Kenntniserlangung?
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ein Anfangsverdacht gegen T besteht.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Staatsanwälte sind bei jeglicher Kenntniserlangung von Straftaten verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einleiten.
Nein!
3. Für S besteht hier eine Verfolgungspflicht.
Genau, so ist das!
Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!
Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FW
24.9.2024, 15:19:41
Hi, Also das die Straftaten aus dem Katalog des § 138 StGB erfasst sind, ergibt Sinn. Welche anderen schweren Straftaten wären denn noch denkbar?

erikxxx
21.11.2024, 10:39:51
Hallo, die Frage der Verfolgungspflicht bei außerdienstlich erlangter Kenntnis von Straftaten durch Staatsanwälte steht im Spannungsfeld zwischen dem grundrechtlichen Schutz der Privatsphäre des Staatsanwalts und seiner Verpflichtung zur Strafverfolgung. In der Literatur und Rechtsprechung haben sich hierzu verschiedene Standpunkte gebildet. Nach der neueren Rechtsprechung wird § 152 Abs. 2 StPO nur ausgelöst, wenn die strafbaren Handlungen noch in die Phase der Dienstausübung hineinreichen und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung das private Interesse des Amtsträgers an der Wahrung seiner Privatsphäre überwiegt. In der Literatur wird teils zwischen Verbrechen und Vergehen unterschieden oder die Verfolgungspflicht an das Vorliegen einer Katalogtat gemäß § 138 StGB geknüpft. Insgesamt ist es zutreffend, eine Verfolgungspflicht insbesondere dann anzunehmen, wenn die Belange der Öffentlichkeit erheblich betroffen sind – beispielsweise bei Verbrechen oder schweren Straftaten der mittleren Kriminalität, bei denen auch ein verständiger Dritter zur Anzeige verpflichtet wäre. Für Antrags- oder Bagatelldelikte besteht jedoch keine automatische Verfolgungspflicht, da hier die Wahrung der Privatsphäre des Amtsträgers überwiegen kann. Dies habe ich dem MüKoStPO/Peters, 2. Aufl. 2024, StPO § 152 Rn. 45 entnommen. Ich hoffe, es hilft dir weiter!