Zivilrechtliche Nebengebiete
Handelsrecht
Der Kaufmannsbegriff
Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 1 Abs. 2 HGB
Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 1 Abs. 2 HGB
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
H ist Hausmeister an einer Schule. Nebenbei betreibt er in den Pausen einen Kiosk, an dem er Snacks und Getränke an Schüler und Lehrer verkauft. Mitarbeiter hat er keine. Er macht durchschnittlich einen Umsatz von €3.000 und einen Gewinn von €900 pro Monat. Die Abrechnung macht er am Wochenende zu Hause selbst.
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Einordnung des Falls
Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 1 Abs. 2 HGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Indem H den Kiosk betreibt, ist er offen tätig (§ 1 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. H betreibt den Kiosk planmäßig (§ 1 Abs. 1 HGB).
Ja!
3. H betreibt den Kiosk als Selbstständiger (§ 1 Abs. 1 HGB).
Genau, so ist das!
4. Indem H den Kiosk betreibt, übt er eine erlaubte Tätigkeit aus (§ 1 Abs. 1 HGB).
Ja, in der Tat!
5. H betreibt den Kiosk mit Gewinnerzielungsabsicht (§ 1 Abs. 1 HGB).
Ja!
6. Indem H den Kiosk betreibt, übt er keine freiberufliche, künstlerische oder wissenschaftliche Tätigkeit aus (§ 1 Abs. 1 HGB).
Genau, so ist das!
7. Bei dem Kiosk handelt es sich um ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Isabell
25.2.2021, 16:17:04
Beruhigt mich jetzt sehr, dass es offenbar den Bedarf gibt, dass "kein" fett hervorzuheben 😅 Bin ich offenbar nicht alleine damit, dass "k" regelmäßig zu überlesen.
Christian Leupold-Wendling
25.2.2021, 23:00:52
😉 Ja, wir hatten das Bedürfnis auch!
iustus
22.5.2021, 19:41:23
Eselsbrücke für das Handelsgewerbe: SEPA O: Selbstständig, Erlaubt, Planmäßig, Absicht des Gewinns und Offen :)
Christian Leupold-Wendling
24.5.2021, 20:12:52
Hi, vielen Dank für den Beitrag! Aber was bedeutet „SEPAO“? SEPA kenne ich ich natürlich 😄, aber da fehlte dann das O
Jakob G.
30.6.2021, 19:40:40
Je kruder die Eselsbrücke, desto beständiger läuft der Esel drüber. :) Meine ist "APSelLaubEntgeltFrei" Stelle mir dabei einen Apfel vor, der mitsamt belaubtem Ast verkauft wird - wobei das Laub gratis, also entgeltfrei, ist. Nach (A)ußen sichtbar (p)lanmäßig (sel)bständig er(laub)t Gegen (Entgelt) Nicht (frei)beruflich
ri
11.8.2021, 14:04:57
Mein Merkbild: Eros Plage Ich stelle mir vor wie lauter Bordelle in einer Straße aufmachen (das älteste GEWERBE der Welt) und trotzdem kein Freier kommt. Er = erlaubt O = offen S = selbstständig Pla = planmäßig Ge = Gewinnerzielungsbsicht Kein Freier = kein freier Beruf
kaan00
27.1.2024, 18:05:40
Eine Eselsbrücke besser als die andere! Danke fürs Teilen =)
Amastris
2.3.2024, 18:48:47
Müsste es nicht Handelsgewerbe nach § 1 II statt 1 I in der Fragestellung heißen?
Leo Lee
4.3.2024, 10:49:19
Hallo Amastris, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat könnte man meinen, 1 II HGB sei der Maßstab für das Vorliegen eines Handelsgewerbes entscheidend. Dies ist auch insofern zutreffend, als 1 II HGB einen wesentlichen Bestandteil der Definition. Bildet. Beachte allerdings, dass 1 II HGB eben eine Vermutung aufstellt, dass ein Handelsgewerbe erstmal vermutet wird, solange keine gegenteiligen Anhaltspunkte gegeben sind. Ob allerdings ein Handelsgewerbe schlechthin vorliegt, ist eine Frage der „Definition“, die sich nach 1 I HGB richtet. Somit ist Kaufmann gem. 1 I HGB derjenige, der ein Handelsgewerbe betreibt. Wann u.a. ein Handelsgewerbe vorliegt, richtet sich wiederum (teilweise) nach 1 II HGB! Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre von Ebenroth/Boujong HGB 5. Auflage, Kindler § 1 Rn. 42 ff. sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Miriam
25.10.2024, 08:34:38
Gibt es für Kleingewerbe nicht eine Umsatzgrenze von 22.000€ im Jahr? Da wäre der Hausmeister mit seinen 3.000€ im Monat ja drüber Oder geht es dort um die steuerrechtlichen Konsequenzen, die ich nicht auf das Handelsrecht übertragen sollte?
Nedjem
25.10.2024, 10:31:12
Moin Miriam, Kleingewerbe und -unternehmen werden zwar mitunter synonym verwendet, unterscheiden sich aber. „Kleingewerbe“ ist etabliert als Begriff für ein Gewerbe, das nicht kaufmännisch geführt werden muss und auch nicht freiwillig („Kannkaufmann“) als solches geführt wird. Der Begriff ist zu unterscheiden von dem des Kleinunternehmers - einer Vereinfacherungsregel im Umsatzsteuerrecht - nach §19 UStG, bei dem der Umsatz von 22.000€ (ab vrstl. 01.01.2025: 25.000€) im vorangegeangenen Kalenderjahr nicht überschritten wird und im laufenden Kalenderjahr 50.000€ vrstl. nicht übersteigen wird (ab 2025: Kappungsgrenze bei 100.000€ im laufenden Jahr).
Miriam
25.10.2024, 11:45:13
Danke für die schnelle Antwort! Dann werde ich die Begriffe in meinem Kopf ab jetzt trennen :)
Leo Lee
27.10.2024, 08:36:38
Hallo Miriam, vielen Dank für die sehr gute und wichtige Frage! Wie Nedjem bereits zutreffend ausgeführt hat, muss man hier zw. den relativ ähnlich klingenden Begrifflichkeiten unterscheiden. Kleingewerbe ist ein Begriff, der i.R.d. 1 HGB der Abgrenzung zum Handelsgewerbe dient. Hier kann man als Faustformel sich merken, dass eine Grenze von ca. 80.000 Euro nicht überschritten werden darf. die 22.000 meint wiederum die Kleinunternehmerregelunge und gilt für Selbstständige und Freiberufler (auch Anwälte etwa!). Hier ist es für die Umsatzsteuerpflicht wichtig, hat aber mit dem Gewerbebegriff i.S.d. 1 HGB erstmal nichts zu tun, sondern ist vielmehr eine steuerrechtlich relevante Regelung. Hierzu kann ich i.Ü. die Lektüre vom MüKo-HGB 5. Auflage, Karsten Schmidt § 1 Rn. 68 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo