+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Kioskinhaber K hat sich als Kleingewerbetreibender in das Handelsregister eintragen lassen. Er hat mittlerweile mehrere Kioske eröffnet, Mitarbeiter eingestellt und einen Monatsumsatz von €40.000. Er möchte nun die Löschung aus dem Handelsregister beantragen, um die Kaufmannseigenschaft wieder loszuwerden.
Einordnung des Falls
Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 2 HGB
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Kleingewerbetreibende können die Kaufmannseigenschaft wieder beseitigen, indem sie die Löschung aus dem Handelsregister veranlassen (§ 2 S. 3 HGB).
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Genau, so ist das!
Die Eintragung im Handelsregister für Kleingewerbetreibende ist nicht verpflichtend, es besteht diesbezüglich ein Wahlrecht. Ist die Eintragung erfolgt, kann auf Antrag auch eine Löschung stattfinden. Den Verlust der Kaufmannseigenschaft kann die Löschung nur bewirken, sofern das Kleingewerbe nicht mittlerweile ein Handelsgewerbe ist und damit die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 HGB eingetreten ist (§ 2 S. 3 HGB). Dann wäre der Gewerbetreibende Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes (§ 1 Abs. 1 HGB) und die Kaufmannseigenschaft hängt nicht mehr von der Eintragung im Handelsregister ab.
2. K hat die Kaufmannseigenschaft als Kleingewerbetreibender durch die Eintragung im Handelsregister erworben (§ 2 S. 1 HGB).
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Ja, in der Tat!
Ein Kleingewerbe wird mit Eintragung im Handelsregister einem Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) gleichgestellt (§ 2 S. 2 HGB). Ein Kleingewerbetreibender erhält die Kaufmannseigenschaft daher erst mit Eintragung im Handelsregister. Die Eintragung wirkt aus Gründen der Rechtssicherheit anders als beim Handelsgewerbetreibenden (§ 1 Abs. 1 HGB) nicht deklaratorisch sondern konstitutiv, also rechtsbegründend.
K war im Zeitpunkt der Eintragung Kleingewerbetreibender (§ 2 S. 1 HGB). Mit Eintragung im Handelsregister wurde sein Gewerbe einem Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) gleichgestellt und er wurde Kaufmann.
3. K betreibt mittlerweile ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB).
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Ja!
Ein Handelsgewerbe ist ein Gewerbe, das nach Art und Umfang eine kaufmännische Einrichtung erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Kaufmännische Einrichtungen sind solche, die nötig sind, um ein kaufmännisches Unternehmen ordnungsgemäß zu führen und auf die ein Kleingewerbetreibender (§ 2 HGB) aufgrund der Überschaubarkeit seiner Geschäftsverhältnisse verzichten kann. Maßgeblich ist das Gesamtbild des Betriebs. Liegt ein Gewerbe vor, wird dieses Erfordernis vermutet (§ 1 Abs. 2 HGB).
K hat mittlerweile mehrere Kioske, Mitarbeiter und die Umsatzzahlen sind deutlich gestiegen. Unternehmen dieses Umfangs erfordern einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Da es sich um ein Gewerbe handelt, wird dieses Erfordernis auch vermutet.
4. K kann die Kaufmannseigenschaft wieder loswerden, indem er die Löschung seiner Firma aus dem Handelsregister beantragt (§ 2 S. 3 HGB).
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Nein, das ist nicht der Fall!
Den Verlust der Kaufmannseigenschaft kann die Löschung nur bewirken, sofern das Kleingewerbe nicht mittlerweile ein Handelsgewerbe ist und damit die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 HGB eingetreten ist (§ 2 S. 3 HGB).
Das Kioskgewerbe ist mittlerweile ein Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB). K ist daher Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes (§ 1 Abs. 1 HGB) („Ist-Kaufmann“), unabhängig von der Eintragung im Handelsregister. Die Eintragung wirkt bei Betreiben eines Handelsgewerbes nur deklaratorisch und hat keinen Einfluss auf die Kaufmannseigenschaft.