Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 2 HGB


+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

H betreibt einen Schulkiosk, an dem er Snacks an Schüler verkauft. Mitarbeiter hat er keine. H macht pro Monat durchschnittlich €3.000 Umsatz und €900 Gewinn. Die Abrechnung macht er am Wochenende zu Hause selbst. Er hat sich mit seinem Kiosk im Handelsregister eintragen lassen.

Einordnung des Falls

Kaufmann kraft Betrieb eines Handelsgewerbes, Handelsgewerbe iSv § 2 HGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Kleingewerbetreibender ist Kaufmann, wenn er mit seiner Firma im Handelsregister eingetragen ist (§ 2 S. 1 HGB).

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Ja!

Ein Kleingewerbe ist ein Gewerbe, das einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nach Art und Umfang nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB). Der Kleingewerbetreibende ist damit kein Kaufmann nach § 1 Abs. 1 HGB. Er hat jedoch die Option, zum Kaufmann zu werden, wenn er sich mit seiner Firma in das Handelsregister eintragen lässt (§ 2 S. 1 HGB). Hierzu ist er nicht verpflichtet (§ 2 S. 2 HGB) („Kann-Kaufmann“). Sein Kleingewerbe wird mit der Eintragung einem Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) gleichgestellt.

2. H betreibt mit dem Kiosk ein Gewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB).

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Genau, so ist das!

Ein Gewerbe (§ 1 Abs. 1 HGB) ist nach herrschender Meinung jede (1) offene, (2) planmäßige, (3) selbständige, (4) erlaubte, (5) von der Absicht dauernder Gewinnerzielung getragene Tätigkeit mit (6) Ausnahme freiberuflicher, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit. H bietet mit dem Kiosk offen den Verkauf von Snacks und Getränken an. Er betreibt ihn regelmäßig in den Pausen und damit auch planmäßig. Bezüglich der Gestaltung der Tätigkeit ist er rechtlich unabhängig und frei. Das Betreiben eines Kiosks ist eine erlaubte, private Unternehmung; Gewinnerzielungsabsicht wird vermutet. Es handelt sich nicht um einen freien Beruf (vgl. die Liste in § 1 Abs. 2 PartGG) mit individueller Dienstleistung als Tätigkeitsschwerpunkt.

3. Der Kiosk erfordert keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb (§ 1 Abs. 2 HGB).

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Ja, in der Tat!

Kaufmännische Einrichtungen sind solche, die nötig sind, um ein kaufmännisches Unternehmen ordnungsgemäß zu führen und auf die ein Kleingewerbetreibender (§ 2 HGB) aufgrund der Überschaubarkeit seiner Geschäftsverhältnisse verzichten kann. Maßgeblich ist das Gesamtbild des Betriebs. Liegt ein Gewerbe vor, wird dieses Erfordernis vermutet (§ 1 Abs. 2 HGB). Der Kiosk ist ein Gewerbe. Das Erfordernis einer kaufmännischen Einrichtung wird vermutet. H hat jedoch keine Mitarbeiter und keine kaufmännische Buchhaltung. Die Abrechnung macht er selbst. Auch die Umsatzzahlen sind überschaubar. Es handelt sich um ein klassisches Kleingewerbe (§ 2 HGB), bei dem eine kaufmännische Einrichtung nicht erforderlich ist.

4. Mit der Eintragung im Handelsregister ist H Kaufmann geworden (§ 2 S. 1 HGB).

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Ja!

Ein Kleingewerbe wird mit Eintragung im Handelsregister einem Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) gleichgestellt (§ 2 S. 2 HGB). Ein Kleingewerbetreibender erhält die Kaufmannseigenschaft daher erst mit Eintragung im Handelsregister. Die Eintragung wirkt aus Gründen der Rechtssicherheit anders als beim Handelsgewerbetreibenden (§ 1 Abs. 1 HGB) nicht deklaratorisch sondern konstitutiv, also rechtsbegründend. H betreibt ein Gewerbe, das keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 2 S. 1 HGB). Er ist daher Kleingewerbetreibender. Mit Eintragung im Handelsregister wird sein Gewerbe einem Handelsgewerbe (§ 1 Abs. 2 HGB) gleichgestellt und er wird Kaufmann.

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