Öffentliches Recht

VwGO

Allgemeine Leistungsklage

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohenden VA (grds. unzulässig, ausnahmsweise zulässig)

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohenden VA (grds. unzulässig, ausnahmsweise zulässig)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs
Tags
Klassisches Klausurproblem

Weil R Streit mit der zuständigen Sachbearbeiterin S hat, rechnet er damit, dass S eine behördliche Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 GewO) für Rs Betrieb erlassen wird. R will das verhindern, weil auch eine nur kurzfristige Schließung R finanziell ruinieren würde.

Diesen Fall lösen 84,5 % der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

Einordnung des Falls

Statthaftigkeit Leistungsklage: Vorbeugende Unterlassungsklage gegen drohenden VA (grds. unzulässig, ausnahmsweise zulässig)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. R möchte den bevorstehenden Erlass der Gewerbeuntersagung und damit den Erlass eines Verwaltungsakts verhindern. Statthaft ist die vorbeugende Anfechtungsklage.

Nein, das trifft nicht zu!

Es gibt keine vorbeugende Anfechtungsklage. Die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO ist nur statthaft, wenn sich der Kläger gegen einen bereits erlassenen Verwaltungsakt wenden will. Die behördliche Gewerbeuntersagung (§ 35 Abs. 1 GewO) ist ein klassischer Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 (L)VwVfG), der dem Gewerbebetreibenden unter bestimmten Voraussetzungen untersagt, das Gewerbe weiter auszuüben. R möchte verhindern, dass dieser Verwaltungsakt erlassen wird. Weil die Untersagungsverfügung noch nicht erlassen wurde, kann R keine Anfechtungsklage erheben.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Der vorbeugende Rechtsschutz in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage ist gegen den Erlass eines Verwaltungsakts stets zulässig.

Nein!

Die VwGO enthält Rechtsschutzarten für die nachträgliche Kontrolle hoheitlichen Handelns (repressiver Rechtsschutz). Rechtsschutzsuchende sind grundsätzlich darauf verwiesen, erst dann gegen die hoheitliche Handlung vorzugehen, wenn diese in der Welt ist. In der überwiegenden Anzahl von Fällen bietet der repressive Rechtsschutz - v.a. in Kombination mit vorläufigem Rechtsschutz (§§ 80 Abs. 5, 80a, 123 Abs. 1, 47 Abs. 6 VwGO) - hinreichend effektiven Schutz. Vorbeugender Rechtsschutz ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn die Rechtsschutzsuchende nicht in zumutbarer Weise auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (besonderes oder qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis). Vorbeugender Rechtsschutz gegen noch nicht erlassene Verwaltungsakte ist ein Problem der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 und 3 GG): Die Judikative soll grundsätzlich nicht befugt sein, Maßnahmen der Exekutive zu verbieten, bevor die Exekutive diese in die Welt gesetzt hat.

3. Der vorbeugende Rechtsschutz gegen den Erlass eines Verwaltungsakts ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Genau, so ist das!

Nach der Systematik der VwGO ist der vorbeugende Rechtsschutz gegen den Erlass eines Verwaltungsakts grundsätzlich unzulässig. Er kommt nur ganz ausnahmsweise in Betracht, wenn der Erlass des Verwaltungsakts nicht abgewartet werden kann, also ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis besteht. Ein solches besonderes Rechtsschutzbedürfnis wird überwiegend angenommen, wenn der Eintritt vollendeter oder nur schwer rückgängig zu machender Tatsachen droht und verhindert werden soll. Bitte begrifflich sauber unterscheiden und separat prüfen: Statthaft ist die vorbeugende Unterlassungsklage als Form der allgemeinen Leistungsklage. Ihre Zulässigkeit hängt im Übrigen v.a. davon ab, ob ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis besteht.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

Jurafuchs kostenlos testen


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

© Jurafuchs 2024