Zivilrecht

Bereicherungsrecht

Die Nichtleistungskondiktion

"gemischte Schenkung": nach hM §§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB anwendbar

"gemischte Schenkung": nach hM §§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB anwendbar

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

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Klassisches Klausurproblem

G hat das neueste Laptopmodell im Wert von €1.600. Unter einem Vorwand überredet der böse B den G, B den Laptop zu leihen. Tatsächlich verkauft B den Laptop zu einem symbolisches Preis von €16 an A, die nichts von der fehlenden Berechtigung des B weiß.

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Einordnung des Falls

"gemischte Schenkung": nach hM §§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB anwendbar

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. G hat einen Anspruch gegen A auf Herausgabe des Laptops aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion).

Nein, das ist nicht der Fall!

Dem Bereicherungsgläubiger steht ein Herausgabeanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) zu, wenn der Anspruchsgegner etwas in sonstiger Weise auf Kosten des Gläubigers ohne Rechtsgrund erlangt hat. A hat den Laptop durch Leistung des B erlangt. Was jemand durch Leistung erlangt hat, braucht er nicht im Wege der Nichtleistungskondiktion herauszugeben. Ein Anspruch auf Herausgabe des Laptops aus § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB (Eingriffskondiktion) scheitert somit.
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2. Es liegt eine Verfügung vor, welche gegenüber G wirksam geworden ist (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Verfügung ist jede Aufhebung, Übertragung, Belastung oder Inhaltsänderung eines bestehenden Rechts. Hierbei kann sich eine Wirksamkeit der Verfügung ausschließlich aus einem gutgläubigen Erwerb des Verfügungsempfängers (§§ 929 S. 1, 932 BGB) oder aus einer Genehmigung (§ 185 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BGB) der Verfügung durch den Berechtigten ergeben. A hat hier gutgläubig Eigentum erworben. Es legt hier eine wirksame Übertragung des Eigentums (Verfügung) vor.

3. Es liegt hier eine Schenkung des B an A vor (§ 516 BGB).

Nein!

Eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, ist Schenkung, wenn beide Teile darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt. (§ 516 Abs. 1 BGB) Die Zuwendung des Laptops ist hier nicht komplett unentgeltlich. A hat für den Laptop €16 bezahlt. Mit Blick auf den Wert der Sache besteht aber ein auffälliges Missverhältnis. Es liegt eine gemischte Schenkung vor.

4. Die Verfügung ist entgeltlich erfolgt (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach h.M. kommt es bei einer gemischten Schenkung darauf an, ob der unentgeltliche Charakter der Verfügung überwiegt (sog. Schwerpunkttheorie). Der Wert der Sache beträgt €1600. A hat €16 bezahlt. Der entgeltliche Teil beträgt also 1%. Der unentgeltliche Charakter überwiegt. Die Verfügung war unentgeltlich. Diese „Alles-oder-nichts"-Lösung ist umstritten. Die Literatur vertritt eine differenzierte Lösung: Hinsichtlich des entgeltlichen Teils kann der frühere Berechtigte den Nichtberechtigten in Anspruch nehmen (§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB). Bezüglich des unentgeltlichen Teils haftet der Erwerber auf Wertersatz (§§ 816 Abs. 1 S. 2, 818 Abs. 2 BGB).

5. A hat den Laptop an G herauszugeben (§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB).

Ja, in der Tat!

Es liegt eine unentgeltliche (h.M.) und wirksame Verfügung eines Nichtberechtigten vor. Der Verfügungsempfänger hat den Verfügungsgegenstand an den Berechtigten herauszugeben. Nach a.A. hat A Wertersatz an G iHv €1584 zu leisten. B hat den Veräußerungserlös (€16) an G herauszugeben.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

DIAA

Diaa

14.10.2023, 14:18:39

Wie wäre der Fall zu behandeln, wenn B den Laptop für 900 oder 700 EUR verkauft hätte?

Jan

Jan

18.12.2023, 08:33:55

Ich würde das so beurteilen, dass das Missverhältnis nicht mehr krass genug ist, dass G den Laptop von A herausverlangen kann, schließlich hat A ja (gutgläubig) fast oder mehr als die Hälfte gezahlt. G müsste sich dann an den Verkäufer wenden bzgl. des Werts. Gerade bei den 700 € könnte ich mir aber gut vorstellen, dass man das auch anders bewerten kann, wobei ich dann die hM schwierig finde.

AY

aylin.

17.12.2023, 23:13:44

Wäre die Herausgabe des Laptops unmöglich, wäre Wertersatz iHv 1600€ zu leisten, oder?

Jan

Jan

18.12.2023, 08:24:50

Genau, zumindest nach der herrschenden Meinung werden auch nicht die 16€ angerechnet, nach meinem Verständnis

Paulah

Paulah

24.8.2024, 11:18:12

Kann man bei einem so niedrigen Preis tatsächlich noch von Gutgläubigkeit sprechen? Muss man da nicht stutzig werden?


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