Öffentliches Recht

Staatsorganisations-Recht

Gesetzgebungsverfahren

Beschlussfähigkeit ohne widerlegliche Vermutung (§ 45 Abs. 1 GO-BT)

Beschlussfähigkeit ohne widerlegliche Vermutung (§ 45 Abs. 1 GO-BT)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der Bundestag will ein Gesetz beschließen (Art. 77 Abs. 1 S. 1 GG). Es gibt keine Überhangs- und Ausgleichsmandate. 400 Abgeordnete nehmen an der Abstimmung im Plenum teil.

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Einordnung des Falls

Beschlussfähigkeit ohne widerlegliche Vermutung (§ 45 Abs. 1 GO-BT)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Beschlussfähigkeit bezeichnet die Anzahl der abgegeben Ja-Stimmen.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Beschlussfähigkeit bezeichnet die Anzahl der anwesenden Stimmen. Die Anzahl der abgegeben Ja-Stimmen ist die Beschlussmehrheit.
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2. Die Beschlussfähigkeit ist in Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG geregelt.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Grundgesetz steht nichts über die Beschlussfähigkeit. Die Beschlussfähigkeit wird lediglich in § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GO-BT geregelt. Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG regelt den Grundfall der Beschlussmehrheit. Danach ist eine einfache Abstimmungsmehrheit erforderlich.

3. Der Bundestag ist nach § 45 Abs. 1 GO-BT beschlussfähig.

Ja!

Der Bundestag ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend ist (§ 45 Abs. 1 GO-BT). Die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl von 630(§ 1 Abs. 1 S. 1 BWahlG) sind 315 Abgeordnete. Mit 400 Abgeordnete sind mehr als die geforderten 316 Abgeordneten anwesend. Wenn es keine Angaben im Sachverhalt über die Anzahl der Abgeordneten gibt, kannst Du bei der Bearbeitung die gesetzliche Mitgliederzahl (§ 1 Abs. 1 S. 1 BWahlG) von 630 Abgeordneten verwenden.Zum 14.6.2023 wurde die (Regel-) Mitgliederzahl von 598 auf 630 Abgeordnete angehoben. Im Gegenzug wurden Überhangmandate abgeschafft, die dazu geführt hatten, dass der Bundestag faktisch deutlich mehr Mitglieder hatte (zuletzt 736).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

RAP

Raphaeljura

21.4.2023, 05:55:38

Kann man die Beschlussfähigkeit nicht aus dem GG herleiten? Weil was macht denn dann wenn es um die Verfassungswidrigkeit geht?

Paul König

Paul König

21.4.2023, 16:55:43

Hey @[Raphaeljura](207944), in den kommenden Aufgaben müsste Deine Frage geklärt werden. Die Frage der Beschlussfähigkeit des Bundestags ist nicht ausdrücklich im Grundgesetz geregelt. Vereinzelt setzen Normen des Grundgesetzes die Beschlussfähigkeit zwar implizit voraus (vgl. Art. 77 Abs. 1 S. 1 GG; Art. 42 Abs. 2 S. 1 GG). Mangels einer anknüpfungsfähigen Norm, stellt § 45 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GO-BT nach herrschender Meinung eben keine verfassungsrechtliche Konkretisierung dar. Die Beschlussunfähigkeit kannst Du in diesen Fällen allenfalls am Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 GG) prüfen, wenn es Dir untragbar erscheint (dazu haben wir auch einen Fall!). Klärt das Deine Frage? Beste Grüße - Paul (für das Jurafuchs-Team) @[Lukas Mengestu](136780)


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