Insertionsofferte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
T bietet O, dem Verfasser einer Todesanzeige, an, die Anzeige im Internet erneut zu veröffentlichen (sog. Insertionsofferte). Äußerlich ähnelt T's Schreiben einer Rechnung für bereits erbrachte Leistungen. Wie von T erhofft, hält O das Schreiben ohne genauere Prüfung für eine Rechnung und überweist T Geld.
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Einordnung des Falls
Insertionsofferte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 1 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat O über "Tatsachen getäuscht" (§ 263 Abs. 1 StGB).
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Alex Churchhoff
22.5.2020, 18:01:36
Es ist wirklich beeindruckend welche Relevanz eine solche Sachlage für die Praxis hat. Als Mitarbeiter der Rechtsabteilung eines mittelständischen Unternehmens bekommen wir des Öfteren solche Schreiben nach Markenanmeldungen oder einfach so in die Filialen (z.B. Online-Telefonbuch). Hätte ich vorher nicht gedacht.
Christian Leupold-Wendling
28.6.2020, 12:10:27
Danke für die Perspektive aus der Praxis!
Eigentum verpflichtet 🏔️
24.5.2020, 09:12:26
Manchmal bekommt man auch einfach eine Rechnung vom ADAC (für einen zukünftigen Zeitraum), ohne dort jemals eine Mitgliedschaft beantragt zu haben.
Andi Hirsch
31.7.2024, 16:23:17
Hallo Jurafuchs-Team, in der Frage wird das Vorliegen einer Täuschung über Tatsachen bejaht. Folgt man der Argumentation des BGH, ist die Offerte aber gerade als solche zu erkennen, wenn man genauer hinschaut. Es liegt also lediglich an der Sorglosigkeit des Getäuschten, dass eine Täuschung überhaupt vorliegt. Demnach wurde hier doch eigentlich nicht über eine Tatsache getäuscht, der Geschädigte hat das ganze einfach auf Grund mangelndem Misstrauen falsch interpretiert. Demnach wäre die richtige Antwort hier ja in diesem Fall: "Die Aussage stimmt nicht." Oder ich habs komplett falsch verstanden, dann lasse ich mich gerne eines besseren Bel
ehren 😁 Viele Grüße Andi
MaxRaspody
3.8.2024, 13:30:43
Das ist das Problem von Kommunikation ganz generell. Was ein Schreiben wirklich aussagt lässt sich nicht bestimmen. Vielmehr kann man nur herausfinden, wie eine Person das Schreiben versteht oder verstehen könnte. Hier hat man sich scheinbar dazu entschieden den
Empfängerhorizontderart einzustellen, dass kein besonders sorgsamer Empfänger vorliegt. Es liegt lediglich ein gewöhnlicher, im Geschäftsverkehr viel beschäftigter Empfänger vor, der Schreiben nicht genau durchliest. Hier sind die Empfänger allerdings nur Personen, die gerade einen Todesfall in der Familie haben. Ich glaube, dass ist ein wesentliches Argument. Wenn man eine solche "Angebots-Rechnung" an Juristen oder Unternehmen verschickt, ist mE keine Täuschung mehr annzunehmen, da man von diesen eine sorgfältige Prüfung erwarten darf.
Kind als Schaden
1.10.2024, 18:50:01
@Andi Hirsch Es ist komplizierter. Der BGH schreibt SELBST mit dem eigenen Wortlaut Erschreckendes... Es läge hier eine "inhaltlich richtige Erklärung" vor, welche erst durch das planmäßige Verwenden des Täters zur Erregung eines Irrtums führt. Das ist eigentlich Gesinnungsstrafrecht, wenn man den Wortlaut des Urteils sich durchliest. Erst der böse Wille begründet hier die Strafbarkeit. Nicht wenige halten diese Entscheidung im Ergebnis für einen Tabubruch mit Blick auf § 103 II GG. Eigentlich hätte der BGH sich auch gar nicht auf so dünnes Eis begeben müssen mit dieser hochproblematischen Formulierung, hier könnte man problemlos die Täuschung über den Gesamteindruck des Schreibens konstruieren (was der BGH zu seinem Glück zusätzlich noch getan hat). In der Klausur sollte man natürlich strategisch verfahren und ggf. dem BGH folgen oder zumindest alle möglichen Lösungen würdigen.