Recht zur Wahl der eigenen Erscheinung in der Öffentlichkeit

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Strafgefangener S hat einen Gerichtstermin. Bei diesem möchte er gerne in eigener Kleidung statt in Anstaltskleidung vorgeführt werden. Dies wird ihm durch die Gefängnisbeamten untersagt.

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Einordnung des Falls

Recht zur Wahl der eigenen Erscheinung in der Öffentlichkeit

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S unterliegt als Strafgefangener einem besonderen Gewaltverhältnis. Er kann sich nicht auf die Grundrechte berufen.

Nein!

Die früher vertretene Auffassung, wonach bestimmte Personengruppen aufgrund einer bestimmten Beziehung zum Staat sich nicht auf die Grundrechte berufen können (sog. besonderes Gewaltverhältnis), ist seit der Strafgefangenen-Entscheidung des BVerfG überholt. S ist Grundrechtsträger und kann sich vollumfänglich auf die Grundrechte berufen. Neben Strafgefangenen unterliegen Schüler, Beamte, Soldaten und andere einem besonderen Gewaltverhältnis. Sie können sich aber allesamt vollumfänglich auf die Grundrechte berufen. Du kannst die Thematik in der Klausur bei einer der genannten Personengruppen ansprechen, aber bitte nur einen Satz darauf verwenden!
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2. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) schützt auch das Recht des Einzelnen, über die eigene Erscheinung in der Öffentlichkeit selbst zu entscheiden.

Genau, so ist das!

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet die Selbstbestimmung des Einzelnen über die Darstellung der eigenen Person. Dies umfasst die prinzipielle "Befugnis, sein Äußeres nach eigenem Gutdünken zu gestalten." (BVerfG, Beschl. v. 14.02.1978 - 2 BvR 958/76 Einschränkungen dieses Rechts sind gerade bei bestimmten Berufsgruppen - Richterinnen, Anwälten, Pfarrern, Polizistinnen - verbreitet und aus unterschiedlichen Gründen gerechtfertigt.

3. Die Untersagung, nicht in eigener Kleidung vor Gericht erscheinen zu dürfen, greift in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des S ein.

Ja, in der Tat!

S wollte sich die Kleidung, in welcher er vor Gericht erscheint, selbst aussuchen. Damit wollte er sein Äußeres in dem Kontext nach eigenem Gutdünken gestalten. Durch die Untersagung wurde S in dieser Entscheidungsbefugnis beeinträchtigt und somit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Daneben käme bei einer Vorführung in Anstaltskleidung gegen den Willen des Gefangenen auch ein Eingriff in den sozialen Achtungsanspruch des Gefangenen in Betracht.
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