TB Merkmale
22. Mai 2025
15 Kommentare
4,8 ★ (20.090 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Gemeinde G beginnt vor dem Grundstück des N mit einer Großbaustelle zur Erhaltung der Straße. Der Lärm hindert N daran, nachmittags auf seiner Terrasse zu liegen. Weiterhin kann er die Fenster tagsüber nicht öffnen. Die Immissionen der Baustelle übersteigen die Richtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm nicht.
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Einordnung des Falls
TB Merkmale
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der in Betracht kommende öffentlich-rechtliche Abwehranspruch setzt zunächst voraus, dass ein subjektives Recht des N betroffen ist.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Der Anspruch scheitert bereits an einem fehlenden hoheitlichen Handeln. Der Erhalt der Straße ist ausschließlich privatrechtlicher Natur.
Nein, das trifft nicht zu!
3. Der Ausbau ist ein andauernder Eingriff in Ns Recht aus Art. 14 Abs. 1 GG.
Ja!
4. Der Eingriff muss schließlich auch rechtswidrig sein. Zu prüfen sind Rechtfertigungsgründe, insbesondere auch bestehende Duldungspflichten.
Genau, so ist das!
5. Öffentlich-rechtliche Immissionen sind allein durch ihren Bezug zum Gemeinwohl gerechtfertigt.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Flohm
25.8.2023, 09:46:49
Woraus ergibt sich die Duldungspflicht ?
ehemalige:r Nutzer:in
13.12.2023, 14:15:07
Hi @[Flohm](210957) so wie ich das verstanden habe, ergibt sich die Duldungspflicht daraus, dass der Baustellenlärm die Grenzwerte des Prüfungsmaßstabs aus § 48 BImSchG einhält. Durch die Einhaltung der Vorgaben, entsteht also kein rechtswidriger Lärm, wogegen ein Unterlassungsanspruch Erfolg hätte. Mangels Erfolg eines solchen Anspruches hat die klagende Partei somit eine Duldungspflicht. Ich bin jedoch auch für eine andere Ansicht gerne offen, falls ich damit falsch liegen sollte. Liebe Grüße Benny :)
/qwas
17.1.2024, 15:08:24
Ich hatte es "anders herum" verstanden, bin mir aber auch nicht sicher. Also, dass sich die Duldungspflicht aus der Einhaltung der Grenzwerte des § 48 BImSchG ergibt und die Maßnahme wegen der Duldungspflicht nicht rechtswidrig ist.

Nils
19.2.2024, 22:49:50
§§ 862 Abs. 2 und 1004 Abs. 2 BGB sprechen davon, dass ein Anspruch ausgeschlossen ist, wenn eine Pflicht zur Duldung besteht, sodass sich das jedenfalls hierauf stützen ließe.

Tim Gottschalk
24.4.2025, 16:51:53
Hallo @[Flohm ](210957), ich würde sagen, dass die Duldungspflicht sich aus einem Umkehrschluss aus den jeweils zitierten Normen des BImSchG ergibt. Das BImSchG regelt, welche Immissionen verboten sind. Wenn die Vorgaben des BImSchG eingehalten werden, sind die Immissionen im Umkehrschluss erlaubt. Dann kann der Betroffene aber auch nicht gegen diese vorgehen, das wäre widersprüchlich. Insofern ergibt sich daraus eine Duldungspflicht. Ich würde es auch so wie @[/qwas](135153) sehen, dass die Duldungspflicht bereits die
Rechtswidrigkeitausschließt, vergleiche Frage 4. @[Nils](40945) der Rechtsgedanke dieser Normen ist übertragbar zur Herleitung der Berücksichtigung von Duldungspflichten beim öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch, ja. Direkt finden sie als zivilrechtliche Normen darauf aber keine Anwendung. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team
Clara.annie
9.1.2025, 10:41:46
Inwiefern kann sich aus der TA Lärm eine Duldungspflicht des Bürgers ergeben, wenn Verwaltungsvorschriften gar keine Aussenwirkung haben?
carlotka
24.2.2025, 15:35:45
Meines Wissens nach haben nur norminterpretierende Verwaltungsvorschriften keine
Außenwirkung. Ermessenslenke und normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften (und eine solche ist die TA Lärm) haben jedoch
Außenwirkunggottloser Vernunftsjurist
15.4.2025, 20:12:00
@[carlotka](251475) Danke dir! Vielleicht kann ja noch eine Merkhilfe hierfür schaffen wie: Konkret baut außen, Interpret bleibt drinnen. Oder *I*nterpretieren = *I*ntern
okalinkk
11.3.2025, 13:45:01
nur die TA Lärm sagt ja, dass Grenzwerte nicht überschritten werden. Sie bezieht sich doch eigentlich nicht auch auf den Schmutz oder? demzufolge dürfte doch bzgl des Schmutzes keine Duldungspflicht bestehen?
Florian
22.4.2025, 23:10:57
Interessante Überlegung, die im Ergebnis m.E. i.E. nicht durchgreifen "darf", weil sonst eine Bautätigkeit der Gemeinde faktischen ausgeschlossen wäre. Einen rechtlichen Begründungsansatz habe ich spontan aber nicht. Vielleicht könntet ihr helfen?:) @[Sebastian Schmitt](263562) @[Tim Gottschalk](287974) @[Lukas_Mengestu](136780) @[Linne_Karlotta_](243622)

Tim Gottschalk
24.4.2025, 16:43:54
Hallo @[okalinkk](253888) und @[Florian](48917), ganz richtig sagt @[okalinkk](253888), dass die TA Lärm alleine die Immissionen durch Geräusche regelt und insofern Luftverunreinigungen in Form von Staub nicht umfasst. Das heißt aber nicht pauschal, dass alle anderen Immissionen absolut verboten sind. Wie @[Florian](48917) sagt, würde das das Bauen und auch viele andere notwendige Tätigkeiten unmöglich machen. Vielmehr kann auch für diese, wie die Lösung sagt, eine Duldungspflicht, beispielsweise aus §§ 3,
22 BImSchGbestehen. Das wäre hier etwa der Fall, wenn die Immissionen unvermeidbar sind und nach dem Stand der Technik auf ein Mindestmaß reduziert werden, § 22 Abs. 1 Nr. 1, 2 BImSchG. Da das den Sachverhalt übermäßig kompliziert macht und zur Bewertung genauere Angaben hinsichtlich des Umfangs und der
Vermeidbarkeitder Luftverunreinigungen erfordern würde, haben wir die Luftverunreinigungen jetzt aus der Aufgabe gestrichen. Diese spielen für die Vermittlung der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs keine Rolle. Liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team