Problem: Zurechnung Handeln privater Störer

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Gemeinde G eröffnet neben dem Grundstück der N einen öffentlichen Grillplatz. Der Platz wird fast durchgehend genutzt. Wegen des dauerhaften Qualms kann N ihre Fenster kaum noch öffnen. G hat die Nutzungsordnung, nach der das Grillen nur am Wochenende zwischen 17 und 20 Uhr erlaubt ist, versehentlich nicht auf dem Platz ausgehängt.

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Einordnung des Falls

Problem: Zurechnung Handeln privater Störer

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. In Betracht kommt der Folgenbeseitigungsanspruch.

Nein!

Der öffentlich-rechtliche Folgenbeseitigungsanspruch ist auf die Beseitigung der unmittelbaren rechtswidrigen Folgen öffentlich-rechtlichen Handelns gerichtet und damit auf die Wiederherstellung des ursprünglichen oder eines vergleichbaren Zustands. Der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch ist dagegen einschlägig, wenn der Kläger begehrt, dass eine andauernde, rechtswidrige Beeinträchtigung seiner subjektiven Rechte durch hoheitliches Handeln beendet wird. Der Folgenbeseitigungsanspruch käme z.B. dann in Betracht, wenn durch den Qualm Schäden an dem Haus des N entstanden wären, deren Beseitigung er verlangt. N will aber gerade nicht gegen Folgen des Handelns, sondern gegen das andauernde Handeln an sich vorgehen. Einschlägig ist der öffentlich-rechtliche Abwehranspruch
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2. Ns Rechte aus Art. 14 Abs. 1 GG sind durch den Qualm und den Geruch betroffen.

Genau, so ist das!

Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch wird zunächst die Betroffenheit eines subjektiv-öffentlichen Rechts als Bezugspunkt des hoheitlichen Eingriffs geprüft. Das subjektive Recht folgt häufig aus den Grundrechten. Der Schutzbereich des Grundrechts sollte an dieser Stelle erläutert werden, damit im nächsten Schritt geprüft werden kann, ob das hoheitliche Handeln diesen Schutzbereich berührt. Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet grundsätzlich die uneingeschränkte Nutzbarkeit des Eigentums. Durch den Qualm und den Geruch kann N die Fenster ihres Hauses nur noch selten öffnen. Die Nutzbarkeit ihres Eigentums ist eingeschränkt.

3. Die Qualm- und Geruchsbelästigung ist ausschließlich auf das private Handeln der Nutzer des Platzes zurückzuführen. Dass dieses private Verhalten dem Hoheitsträger zugerechnet wird, ist ausgeschlossen.

Nein, das trifft nicht zu!

Im Rahmen der Prüfung des hoheitlichen Eingriffs stellt sich häufig die Frage, ob und inwieweit sich der Staat das Handeln Privater als eigenes Handeln zurechnen lassen muss. Die Zurechnung der Handlungen von Beliehenen oder Verwaltungshelfern erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen. Zurechnungsprobleme stellen sich insbesondere dann, wenn die Beeinträchtigung der subjektiven Rechte auf eine störende Nutzung öffentlicher Einrichtungen durch Private zurückzuführen ist. Eine Zurechenbarkeit ist jedoch nicht grundsätzlich ausgeschlossen, nur weil es einen privaten Störer gibt. Allein der Umstand, dass Ns Störung durch das Verhalten privater Nutzer des Grillplatzes zurückzuführen ist, führt nicht dazu, dass Ns öffentlich-rechtlicher Abwehranspruch gegen die Gemeinde ausscheidet.

4. Wird die öffentliche Einrichtung bestimmungsgemäß genutzt oder unterlässt der Hoheitsträger Maßnahmen zur Sicherung der bestimmungsgemäßen Nutzung, muss sich der Hoheitsträger das private Handeln wie eigenes zurechnen lassen.

Ja!

Bezüglich der Frage, ob und inwieweit sich der Staat die Störung durch Nutzer einer öffentlichen Einrichtung zurechnen lassen muss, gelten die folgenden Grundsätze: Wird die Einrichtung bestimmungsgemäß genutzt, muss sich der Hoheitsträger das private Handeln wie eigenes zurechnen lassen, denn er steuert die Nutzung durch die Benutzungsordnung. Handeln die privaten Störer entgegen der Nutzungsordnung, findet eine Zurechnung zum Hoheitsträger statt, wenn er zumutbare Sicherungsmaßnahmen unterlassen hat. Der Grillplatz wird hier zwar nicht bestimmungsgemäß genutzt. Allerdings hat G es unterlassen, Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Nutzungsordnung sicherzustellen, weil sie diese nicht sichtbar auf dem Platz ausgehängt hat. Das Verhalten der privaten Nutzer ist G damit zuzurechnen.
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