Strafrecht
BT 5: Verkehrsdelikte
Verbotene Kraftfahrzeugrennen, § 315d StGB
§ 315d Abs. 5 StGB: Kein Gefahrverwirklichungszusammenhang
§ 315d Abs. 5 StGB: Kein Gefahrverwirklichungszusammenhang
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Motorradfahrer T fährt (mit Gefährdungsvorsatz) auf einer Landstraße 300m unter Vollgas und einer Endgeschwindigkeit von 250 km/h auf A zu, um diesen zu erschrecken. T weicht ganz knapp vor dem Zusammenstoß aus. Kurz darauf überfährt T (ohne Gefährdungsvorsatz) den Passanten P, der unbemerkt von T die Straße überqueren wollte. P stirbt.
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Einordnung des Falls
§ 315d Abs. 5 StGB: Kein Gefahrverwirklichungszusammenhang
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. T hat den objektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 StGB in Bezug auf P verwirklicht.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. T hat den subjektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 StGB in Bezug auf P verwirklicht.
Nein, das trifft nicht zu!
3. T hat den objektiven und subjektiven Tatbestand des § 315d Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 StGB in Bezug auf A verwirklicht.
Ja!
4. Mit Blick auf den Tod des P sind auch die weiteren Voraussetzungen des § 315d Abs. 5 StGB erfüllt, insbesondere der Gefahrverwirklichungszusammenhang liegt vor.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Prokurist
6.12.2022, 18:21:07
Ich dachte, für eine konkrete Gefährdung gem. §
315dAbs. 2 müsste es zu einer Situation kommen, in der „der Eintritt eines Schadens nicht mehr gezielt abgewendet werden kann und sein Ausbleiben nur noch vom Zufall abhängt.“ Vorliegend konnte T dem A aber zuvor noch gezielt ausweichen, um ihn zu erschrecken. Erfüllt Ts Handeln hier also wirklich den obj. TB?
Nora Mommsen
8.12.2022, 18:23:16
Hallo Prokurist, danke für deine Frage. Die Tatsache, dass T hier erfolgreich ausweichen konnte beseitigt nicht die Gefährdung, die tatsächlich eingetreten ist. Es zeichnet die konkreten (wie abstrakten) Gefährdungsdelikte gerade aus, dass ein Verletzungserfolg nicht erforderlich ist. Nach lebensnaher Auslegung ist es mehr der Zufall als anderes, wenn man mit 250 km/h auf eine Person zurast und nicht großzügig ausweicht. Bei 250 km/h sind Reflexe so langsam im Verhältnis zur Geschwindigkeit, dass man kaum mehr von einer kontrollierten Situation sprechen kann. Bei 250 km/h fährt man 70 m die Sekunde, den Bremsweg kannst du dir also vorstellen. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
phiob
2.5.2023, 18:02:14
Wo steht denn im Sachverhalt, dass der Täter die Voraussetzung "um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen" erfüllt? Ich gehe davon aus, dass die Vss. sich auf das Kfz bezieht. Im Sachverhalt steht aber nirgends, dass es seine Intention ist die höchstmögliche Geschwindigkeit seines Motorrads zu erreichen, noch was diese überhaupt ist?
Lukas_Mengestu
3.5.2023, 11:42:43
Hallo phiob, lieben Dank für die Nachfrage! Wir haben das im Sachverhalt noch etwas präzisiert. Für die Intention, die höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen, ist es nicht zwingend erforderlich, die fahrzeugspezifische Höchstgeschwindigkeit oder Beschleunigung tatsächlich zu erreichen. Gemeint ist das Erreichen einer unter den konkret gegebenen Umständen möglichst hohen erreichbaren Geschwindigkeit, wofür insbesondere längeres Vollgasgeben sprechen soll (MüKoStGB/Pegel, 4. Aufl. 2022, StGB §
315dRn. 26). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team